Verführung Der Unschuld
Basilika, geschmückt
mit Marmorstatuen … und zu unserer Linken der Apollo-Tempel, der als Besonderheit die
Statue eines Hermaphroditen zeigt … Sie wissen, was ein Hermaphrodit ist, Herrschaften?
Gut, dann weiter …«
Die anfängliche Nervosität, die sie schon zu Schulzeiten befallen hatte, wenn sie ein Referat
vor der ganzen Klasse halten musste, legte sich rasch. Federico und Lorenzo hingen an ihren
Lippen, als gäbe sie einen überaus spannenden Krimi zum Besten. Das schauspielerische
Talent, das sie auf einmal offenbarte, wie sie ihre Erzählung mit vielen Gesten und passender
Mimik untermalte, der Gesichtsausdruck ein wenig arrogant und kühl, die Lippen etwas nach
vorne gespitzt, alles in allem ziemlich exaltiert – das war mehr als unterhaltsam.
Giulia arbeitete mit ganzem Körpereinsatz. Ihre Hüften schwangen lebhaft mit, wenn sie
nach links oder rechts deutete, und ihr Busen hob sich lebhaft, wenn sie tief Luft holte, bevor
sie zu neuen Informationen ansetzte. Die Gemelli wurden Teil der aufregenden
Vergangenheit. Sie lebten und litten mit, wie die Bewohner Pompejis versuchten, sich vor
dem heißen Aschenregen zu retten, und der Glanz der Stadt unter den zusammenbrechenden
Dächern begraben wurde.
Über das Forum, auf dem Feste gefeiert und Prozessionen abgehalten wurden, vorbei am
Haus der Priesterin Eumachia, führte Giulia sie über mehrere Seitenstraßen bis zum Haus der
Vetti. Den Hauseingang zierten erotische Freskogemälde, und auf einem Türpfosten war eine
Figur dargestellt, deren riesiger Phallus den bösen Blick von Neidern verjagen soll – laut
Aussage des Geschichtsbuchs. Ununterbrochen plauderte Giulia und gab ihr Wissen zum
Besten, bis sie plötzlich stehen blieb und verstummte, weil ihr der Stoff ausging.
Federico klatschte dezent in die Hände. »Bravo, Signorina Fremdenführerin. Bis jetzt hast
du deine Sache gut gemacht!«
Er reichte ihr die Wasserflasche, die er mitgenommen hatte, damit sie angesichts der Hitze
nicht unter Durst leiden mussten, und sie nahm sie dankbar entgegen. Vom vielen Reden war
ihr Mund ganz trocken.
Entzückt hatte auch Lorenzo ihren Ausführungen gelauscht. Wie sie sich Mühe gab, ihrer
Aufgabe gerecht zu werden! Er wartete, bis sie getrunken hatte, dann streichelte er über ihre
erhitzten Wangen, zog ihr den hinderlichen Strohhut von den Locken, nahm sie in den Arm
und küsste sie leidenschaftlich. Ihr Busen bebte und presste sich an sein dünnes Seidenhemd,
und er fühlte ihr Herz klopfen. Ihre Brustwarzen zeichneten sich keck durch das Oberteil ab.
Seine Hand strich wie zufällig darüber – sie zuckte zusammen und unterdrückte ein Stöhnen –
dann zärtlich an ihrer Seite herunter, legte sich auf ihren Po, knetete ihn sanft und fordernd,
zog sie noch fester an sich. Er löste seine Lippen nur langsam und widerstrebend von ihrem
weichen Mund. Giulia verbarg erregt ihr Gesicht an seiner Brust. »Bitte, nicht hier, hör auf
damit, du machst mich verrückt!«
»Du mich auch!« Seine Hand lag noch immer auf ihrem Gesäß. Er ließ sie los, sah sie an
und setzte ihr den Hut wieder auf. »Wie geht’s weiter?«
»Keine Ahnung. In dem Geschichtsbuch wurden nur noch die Thermen erwähnt. Aber auf
der großen Tafel am Eingang, also auf dem Lageplan, da sah es aus, als wären die Thermen
am anderen Ende der Stadt. Ich weiß nicht, was ich euch auf dem Weg bis dorthin erzählen
soll.«
Federico meinte schmunzelnd. »Ich denke, du solltest mal in deiner Handtasche nachsehen!«
»In meiner … oh ja!« Giulia fühlte sich ertappt. Verlegen holte sie den Reiseführer heraus
und begann zu blättern. »Ah ja – hier geht’s weiter.«
Während sie die Zeilen überflog, stichwortartig ein paar Informationen vorlas, schlenderten
sie weiter über die grob gepflasterten Straßen, bis sie an das Haus des Lupanare gelangten.
Das Geschichtsbuch berichtete nur über die gesellschaftlich oder wirtschaftlich relevanten
Gebäude oder über diejenigen, in denen man mehrere bei der Katastrophe verschüttete, unter
dem Ascheregen erstickte Leichen bei den Ausgrabungen gefunden hatte.
Das Haus des Lupanare stand an der Kreuzung zweier Nebenstraßen und verfügte über
insgesamt drei Eingänge. Giulia blätterte im Fremdenführer, bis sie einen Eintrag zu dem
Gebäude fand. Sie folgte Lorenzo, der wie selbstverständlich vorausging, durch einen der
Eingänge, die in das Hauptatrium führten.
»Bei dem Haus des Lupanare handelt es sich um ein Freudenhaus…« Giulia
Weitere Kostenlose Bücher