Verfuehrung im Palast der Liebe
keineswegs vor, mehr daraus werden zu lassen. Da müssten Sie mich schon anflehen, und selbst dann …“ Er betrachtete sie von Kopf bis Fuß. „Ich möchte es so sagen – ich halte nichts von gebrauchter Ware.“
Hätte sie die Möglichkeit, würde sie sich jetzt auf dem Absatz umdrehen und gehen. Doch ihr war klar, dass seine Drohung bezüglich Sayeed keine leeren Worte waren.
Die Tür wurde geöffnet, und ein strahlend lächelnder Sayeed erschien. „Das Meeting ist in letzter Minute abgesagt worden, also bin ich zurückgekommen. Und? Wie weit seid ihr gekommen?“
Jay war es, der antwortete. „Da Miss Myers mit deiner Empfehlung kommt, Sayeed, bin ich bereit, ihr den Auftrag zu überlassen. Ob sie ihn annimmt oder nicht … Diese Entscheidung liegt natürlich ganz bei ihr.“
Keira bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Er wusste ganz genau, dass sie keine Wahl hatte.
„Natürlich nimmt sie den Auftrag an.“ Sayeed hätte begeisterter nicht sein können.
„Das wäre dann also abgemacht. Keira ist ab jetzt Mitglied des Teams“, sagte Jay brüsk. „Ich werde meinen Persönlichen Assistenten mit den Verträgen beauftragen. Wir drei können heute Abend zusammen zum Dinner gehen, um weitere Details zu besprechen. Sie sind im Palace Lodge Hotel untergekommen, Keira? Ich schicke Ihnen einen Wagen, der Sie abholen wird. Um acht Uhr.“
Ein Albtraum. Ein Fiasko.
Als Keira später durch die Stadt ging, bemühte sie sich angestrengt, der Verzweiflung Herr zu werden und sich dadurch nicht die Freude an der einzigartigen multikulturellen Atmosphäre verderben zu lassen.
Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wann ihr wirklich bewusst geworden war, womit ihre Mutter ihr Geld verdiente. Aber sie wusste noch, dass sie neun war, als ihre Mutter ihr sagte, dass ihr Vater ein verheirateter Mann gewesen sei.
„Hab ihn geliebt, doch, ehrlich. Er hat auch behauptet, dass er mich liebt. Aber das sagen sie alle, wenn sie dir an die Wäsche wollen. Nicht, dass er der Erste gewesen wäre, Blödsinn. Die Typen sind mir schon hinterhergerannt, da war ich noch keine vierzehn, oh ja. Das ist ja mein Problem, Kleine. Ich hab immer zu viel Spaß gehabt, das liegt eben in meiner Natur. So wie es auch in deiner liegt, wirst schon sehen. Wir können nichts dagegen tun, wir stammen von einer langen Linie von Frauen ab, die eben so sind. Da kommt irgendein Typ, und bevor du weißt, was überhaupt läuft, rollst du dich auch schon mit ihm im Heu.“
Noch heute schauderte es Keira, wenn sie sich an die Worte erinnerte. Sie hatten den Keim für eine Angst in ihr gesät, die in dem herzlosen Regiment ihrer Tante einen reichen Nährboden gefunden hatte. Lange bevor Keira mit dem Studium begann, hatte sie sich geschworen, dass sie sich niemals verlieben würde. Nur um nicht entdecken zu müssen, dass sie die gleiche Unfähigkeit wie ihre Mutter besaß, sexuelle Bedürfnisse im Zaum zu halten oder den richtigen Mann zu wählen.
Die Angst, das gleiche Schicksal wie ihre Mutter zu erleben, war ihr ewiger Begleiter geblieben – bis heute.
Nach dem Universitätsabschluss hatte Keira eine Anstellung bei einem renommierten Londoner Designer gefunden. Durch Shalini und Vikram war sie mit den verschiedenen Kulturen in der Stadt zusammengekommen. Vom ersten Blick an hatte sie sich in das intensive kreative Angebot verliebt und daraus ihren eigenen, ganz persönlichen Stil entwickelt. Schon bald hieß es, dass sie ein besonderes Verständnis für indische Stileinflüsse hatte. So fragten viele reiche Inder in London bei ihrer Firma an, dass sie deren Apartments ausstatten sollte. Ihr Chef war es schließlich, der ihr sogar riet, sich selbstständig zu machen und mit ihrem Gespür für Design und Stil eine eigene Marktnische für sich zu erobern.
Sayeed hatte sie über Vikram kennengelernt. Da er gerade eine Reihe von heruntergekommenen Wohnungen aufgekauft hatte und renovierte, um sie als Mietkauf-Apartments auf den Markt zu bringen, hatte er sie für sein Projekt angeheuert. Der Erfolg blieb nicht aus, und so hatte ein Onkel Sayeed nach Indien in die eigene Immobilienfirma geholt. Auf diesem Wege war der Kontakt zu Jay entstanden.
Jay. Allein der Gedanke an ihn – oder besser: an Seine Hoheit Prinz Jayesh von Ralapur – reichte aus, dass Keira sich verspannte.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Es hätte ihm nicht gelingen dürfen, sie derart zu erregen. Nie zuvor war Keira in die Situation gekommen, die eigenen Regeln
Weitere Kostenlose Bücher