Verfuehrung im Palast der Liebe
zu brechen.
Sicher, an der Uni hatte sie junge Männer geküsst, aber sobald es weiter gegangen war, hatte sie nicht die geringsten Probleme gehabt, Nein zu sagen. Und noch nie hatte sie ein solches Sehnen nach einem Mann verspürt.
Bis gestern Abend.
Nach ihm.
Aufgewühlt ging Keira in ihrem Hotelzimmer auf und ab. Sie konnte unmöglich für ihn arbeiten. Und warum nicht? Befürchtete sie etwa, dass sie tatsächlich mit ihm schlafen wollte? Dass sie ihn letztlich doch, wie er sie verspottet hatte, anflehen würde, sie in Besitz zu nehmen?
Nein! Wo war ihr Stolz geblieben? Sie war doch sicher stark genug, dass das niemals passieren würde. Ihr Selbstwertgefühl verbot es ihr. Sollte er doch sagen, was er wollte, sie würde es nicht an sich heranlassen. Sie würde ihm zeigen, dass sie keinerlei Interesse an ihm hatte.
War sie dazu in der Lage? Sie war eine siebenundzwanzigjährige Jungfrau, die sich halb zu Tode fürchtete, weil sie in Gefahr war, den vor zehn Jahren geleisteten Schwur zu brechen. Und er war ein Mann, der Frauen schneller mitriss als eine Monsun-Flut junge Setzlinge auf einem Reisfeld.
Aber so durfte sie nicht denken. Sie musste sich immer warnend vor Augen halten, dass es allein auf die Einstellung ankam. Sie würde sich nicht selbst zerstören.
Tatsache war, dass sie es sich nicht leisten konnte, den Auftrag zu verlieren, ebenso wenig, wie sie es sich leisten konnte, auf Jays Anziehungskraft zu reagieren. Im Berufsleben wurde einem nicht oft eine solche Chance geboten. Ein Erfolg hier würde sie in Zukunft ganz oben mitspielen lassen. Alles, was sie dafür tun musste, war, sich zusammenzunehmen und ihm keine Angriffsflächen zu bieten.
Um zwei Minuten vor acht erschien Keira im Foyer des Hotels und teilte der Frau am Empfang mit, dass sie einen Wagen erwartete, der für sie geschickt wurde.
Um fünf nach acht eilte Sayeed durch den Eingang und kam mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu.
„Jay lässt sich entschuldigen, aber er schafft es heute nicht.“ In der Sitzecke ließ er sich auf einen Sessel gegenüber Keira nieder und legte den braunen Umschlag, den er mit sich trug, auf den Tisch. Ohne Keira zu fragen, winkte er den Kellner heran und bestellte Champagner.
Seine dunklen Augen funkelten vor Aufregung. „Jay hat mir den Vertrag mitgegeben, damit du unterzeichnen kannst. Ich werde morgen nach Mumbai fliegen und dann nach London, aber ich werde auf jeden Fall vorher noch den Vertrag bei Jay abliefern. Er hat gesagt, dass er sich morgen mit dir in Verbindung setzt, um dich über den Stand der Dinge zu informieren und um dir alles Nötige zur Verfügung zu stellen. Ein anständiger Vorschuss wird dir das nötige Kapital für die ersten Arbeiten geben. Eines muss man Jay lassen … Er gibt sich nur mit dem Besten zufrieden, aber er ist auch bereit, dafür zu zahlen.“
Der Kellner kam mit dem Champagner, und Sayeed erhob sein Glas zu einem Toast. „Auf erfolgreiches Gelingen.“
Keine halbe Stunde später war der Vertrag unterzeichnet. Sayeed sicherte Keira zu, ihr per Fax eine Kopie zu schicken, sobald Jay seine Unterschrift ebenfalls darunter gesetzt hatte.
In Keiras Kopf drehte sich alles leicht. Es lag zum Teil am Champagner, vor allem aber war es das Bewusstsein, dass es nun kein Zurück mehr gab.
4. KAPITEL
Keira hatte gerade ihre E-Mails gelesen, als es an der Tür ihres Hotelzimmers klopfte. Sie stand vom Schreibtisch auf und ging, um zu öffnen: Vor ihr stand Jay, der sie mit einem knappen Kopfnicken begrüßte, doch Keira war zu überrascht, um irgendetwas zu erwidern.
Sayeed hatte gestern zwar erwähnt, dass Jay sich am nächsten Tag mit ihr in Verbindung setzen würde, dass er aber persönlich auftauchen würde, statt zum Telefon zu greifen, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie fühlte sich überrumpelt.
„Es ist besser, wenn wir früh zum Baugelände fahren, bevor es zu heiß wird. Danach kommen wir zurück, und ich kann Ihnen sagen, wie die Zeitplanung aussieht und was ich von Ihnen erwarte.“ Jay trat einen Schritt vor, sodass Keira automatisch zur Seite trat und ihn einließ.
Es war ein großes Zimmer und strahlte die typische Anonymität von Hotelzimmern aus, doch Jays Präsenz füllte den Raum sofort.
Für ihr Empfinden war es viel zu intim. „Wenn Sie mich angerufen hätten, wäre ich zur Rezeption hinuntergekommen.“
„Wenn Sie Ihr Handy eingeschaltet hätten, wüssten Sie, dass ich Sie angerufen habe. Mehrere Male sogar.“ Mit hochroten Wangen
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