Verfuehrung in aller Unschuld
Zeit mit ihm bald vorbei sein würde. Es war nicht einmal eine Beziehung, nur eine Affäre, in der es um Sex und Vergnügen ging. Domenico hatte immer nur von ihrer Rehabilitation gesprochen, nie von der Zeit danach.
Sie kam sich vor wie eines seiner Projekte, nicht wie eine Frau mit Gefühlen.
Gefühle. Davon hatte sie allerdings mehr als genug.
„Danke“, sagte Lucy leise. „Ohne dich wäre das alles nicht möglich gewesen.“ Er winkte ab, als wäre es nicht der Rede wert, was er für sie getan hatte.
Lucy schluckte. Sie wollte nicht fragen, tat es aber dennoch: „Und jetzt?“ Letzte Nacht, warm und geborgen in seinen Armen, hatte sie davon geträumt, wie es wäre, wenn Domenico sie … lieben würde.
Erschrocken hielt sie die Luft an. Bisher hatte sie es vermieden, an Liebe auch nur zu denken, doch alles Leugnen half nichts. Sie wollte kein Projekt für ihn sein, sondern ein Teil seines Lebens. Für immer.
Sie brauchte sein Lachen, seine Zärtlichkeit, seine Liebe. Das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, wie nur er es ihr gab. Sie wollte die Frau sein, die auf der Insel aus ihr geworden war. Die wusste, was Leidenschaft, Vertrauen und … ja, Liebe war.
„Jetzt überlassen wir alles Weitere den Anwälten. Du zeigst dich noch eine Weile in der Öffentlichkeit, und meine Leibwächter behalten dich im Auge.“
„Ja, klar.“ Sie fühlte sich wie ein Ausstellungsstück.
„Wenn deine Unschuld bekannt wird, könnte das Interesse an dir noch einmal kurz aufflammen. Aber dann kannst du hoffentlich das neue Leben beginnen, das du dir so sehr wünschst.“
Domenico schenkte ihr ein gönnerhaftes Lächeln und lehnte sich zufrieden auf seinem Stuhl zurück. Er hatte das Unmögliche möglich gemacht – wieder einmal. Hatte Erfolg gehabt, wo andere versagt hatten.
Lucys Herz zog sich zusammen. Sie war nur eine weitere Herausforderung für ihn gewesen, nichts weiter. Dabei wollte sie so viel mehr für ihn sein!
„Und wo wirst du sein, Domenico?“ Sie war stolz darauf, dass sie ganz normal klang, obwohl sie innerlich vor Aufregung zitterte.
„Ich?“ Ihre Frage schien ihn zu überraschen. „Ich bleibe noch eine Weile in Rom und stehe dir zur Seite, wenn der Medienrummel losgeht.“
Natürlich. Er fühlte sich ja verpflichtet, auf sie aufzupassen.
„Und dann?“
Domenico zuckte mit den Schultern und griff nach seiner Kaffeetasse. „Dann muss ich geschäftlich nach New York, das hatte ich verschoben.“ Ihretwegen verschoben.
„Und danach?“ Lucy knetete nervös ihre Finger. Warum sagte er kein Wort über sie beide? Dass er zu ihr zurückkehren oder sie mitnehmen würde. Oder wenigstens vorhatte, sie in England zu besuchen.
Er überlegte. „Kommt darauf an, vielleicht nach Deutschland.“
„Verstehe.“
Und das tat sie.
Es war zu Ende. Er würde noch ein paar Wochen für sie da sein, sicher auch gern mit ihr ins Bett gehen, wenn es sich so ergab, aber danach wäre sie allein.
Lucy atmete langsam ein und aus, um den Schmerz zu bezwingen, der sich wie ein glühender Pfeil in ihr Herz bohrte. Es half nichts. Sie konnte nicht länger hier sitzen und sich von Domenico wie eine Trophäe begutachten lassen, ein weiterer Beweis dafür, dass er alles bekam, was er wollte.
Während sie nur ihn …
Nein! Sie hatte gewusst, dass es nicht von Dauer sein würde. Hatte beschlossen, jede Minute mit ihm zu genießen und nicht zurückzublicken. Sie war es, die die Regeln brach, wenn sie mehr wollte.
Sie konnte nur hoffen, dass es ihr gelang, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du es tatsächlich schaffen würdest, Domenico.“ Ein letztes Mal sprach sie seinen Namen voller Wärme und Zärtlichkeit aus. „Danke.“
Ihre Blicke trafen sich, und die vertraute Erregung stieg in ihr auf. Lucy senkte den Kopf. Für einen würdevollen Abgang würde sie sich mehr anstrengen müssen.
„Es war mir ein Vergnügen, Lucy.“ Der Klang seiner warmen, dunklen Stimme erinnerte sie daran, wie nahe sie einander gekommen waren. Nicht nur im Bett, auch wenn sie zusammen gelacht, geredet und mit Chiara gespielt hatten.
Die brennende Sehnsucht nach Domenico brachte Lucy zur Besinnung. Sie konnte bleiben und sich mit jedem Tag tiefer in ihre Gefühle für ihn verstricken, bis sie nicht mehr die Kraft hätte, ihn zu verlassen. Sie konnte ihn entscheiden lassen, wann es Zeit für sie war zu gehen.
Ihr Stuhl schrammte über die Fliesen, als sie aufstand.
„Wenn du mich jetzt entschuldigen
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