Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verfuhrt auf dem Maskenball

Verfuhrt auf dem Maskenball

Titel: Verfuhrt auf dem Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Brenda
Vom Netzwerk:
Kinderstube?“
    „Ich möchte mit Ihnen reden“, sagte Harrington in einem Tonfall, der jeden Widerspruch im Keim erstickte.
    Lizzie verspürte nicht das Bedürfnis, mit ihm zu reden, andererseits hätte sie gern gewusst, was er wollte. „Gewiss.“
    Harrington musterte sie weiterhin.„Das Kind ist seinem Vater sehr ähnlich. Sie müssen sehr stolz auf ihn sein.“ Er sagte es vollkommen sachlich.
    „Das bin ich“, bestätigte sie.
    Er hielt ihrem Blick stand. „Ich muss gestehen, Sie sind nicht das, was ich erwartet habe.“
    Lizzie erwiderte nichts, denn seine Worte klangen grob.
    „Ich habe eine ältere Frau erwartet, eine Frau mit Erfahrung. Wie alt sind Sie?“
    „Ich bin gerade achtzehn geworden“, brachte Lizzie heraus.
    „Und Ihre Familie?“
    „Die Fitzgeralds von Raven Hall“, sagte Lizzie und fügte hinzu: „Wir gehören zum verarmten Landadel. Vor vielen Jahrhunderten herrschten meine Vorfahren über den ganzen Süden Irlands.“
    Er hob die Brauen. „Ah ja, allerdings verstehe ich noch immer nicht. Genau wie Tyrell haben Sie meine Tochter am Abend ihrer Verlobung beleidigt.“
    „Es tut mir leid“, sagte Lizzie und meinte es ganz ehrlich. „Es tut mir so leid!“
    Überrascht sah er sie an.
    „Ich habe ihn schon mein ganzes Leben lang geliebt. Seit ich ein kleines Kind war und er mich vor dem Tod gerettet hat. Mein Herz hat über meine Vernunft bestimmt, und nur aus diesem einen Grund bin ich hier.“
    Harrington stand noch immer so stramm wie ein Soldat. „Erwidert Tyrell Ihre Liebe?“
    Sie zögerte. „Ich bin nicht sicher. Manchmal glaube ich es … hoffe ich es … ich weiß es nicht.“
    Ehe er weitersprach, musterte er sie. „Setzen Sie sich, Miss Fitzgerald. Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen.“
    Lizzie war angespannt, sie fragte sich, welche Taktik das war. Aber sie nahm auf einem Stuhl Platz und faltete die Hände.
    Harrington setzte sich nicht. Er trat zum Fenster und sah hinaus. „Blanche hat immer gewusst, dass ich nichts gegen eine Liebesheirat einzuwenden hätte.“ Er drehte sich um und sah Lizzie an, die sehr überrascht war. „Genau genommen, habe ich sie schon vor einigen Jahren gebeten, sich einen Gemahl auszusuchen.“
    Lizzie begriff noch immer nicht, was das alles sollte.
    „Wir müssen unser Vermögen nicht vermehren. Meine Tochter ist eine reiche Erbin. Und auch wenn ihr Titel nicht sehr bedeutend ist, verfügen wir über so viel Grundbesitz, dass ich nicht darauf angewiesen bin, noch mehr hinzuzugewinnen.“
    „Warum erzählen Sie mir das?“, fragte Lizzie.
    Er hob die Hand. „Jetzt ist Blanche neunzehn Jahre alt, und seit einigen Jahren warte ich nun schon darauf, dass sie strahlend zu mir kommt und mir sagt, wen sie für sich gewählt hat.“
    Lizzie fragte sich, ob sie Blanche auf dem Verlobungsball missverstanden hatte. Liebte sie Tyrell etwa doch?
    Seine nächsten Worte erleichterten sie. „Doch dieser Tag kam nicht, und ich glaube auch nicht, dass er jemals kommen wird.“
    Jetzt widmete sie ihm ihre ganze Aufmerksamkeit.
    Plötzlich zog Harrington die Ottomane zu sich und setzte sich nieder. Er wirkte bekümmert und resigniert. „Meine Tochter, Miss Fitzgerald, ist nicht wie andere Frauen. Aber so wahr mir Gott helfe, es ist nicht ihr Fehler.“
    Lizzie verstand kein Wort.
    „Wissen Sie, dass niemand sie je hat weinen sehen, kein einziges Mal in den letzten dreizehn Jahren? Meine Tochter weint nicht, weil sie keine Verzweiflung empfindet. Niemals verliert sie die Beherrschung oder die Haltung, wegen nichts und niemandem. So wenig, wie sie Kummer empfindet, kann sie allem Anschein nach Freude spüren.“
    „Warum?“, flüsterte Lizzie.
    „Als sie sechs Jahre alt war, beobachtete sie, wie ihre Mutter von einer tobenden Menge umgebracht wurde. Ich war dabei, aber ich kam nicht durch, um ihnen zu helfen. Blanche versuchte, ihre Mutter zu schützen, aber es war zu spät. Meine Frau war schon tot. Jemand stieß Blanche beiseite, und sie verlor das Bewusstsein. Als sie viele Stunden später wieder erwachte, erinnerte sie sich weder an ihre Mutter noch an den Mord.“
    Lizzie war entsetzt. „Es tut mir so leid!“
    „Es war ein glücklicher Umstand, dass sie das Gedächtnis verlor, aber seit dem Tag hat meine Tochter auch vergessen, wie man lacht oder weint.“ Sie erhob sich. „Sie sind anders, als ich Sie mir vorgestellt hatte. Ich hatte eine hinreißende Hure erwartete. Und ich habe Ihnen diese sehr private Geschichte aus einem

Weitere Kostenlose Bücher