Verfuhrt auf dem Maskenball
würde er sofort wissen, was sie vorhatte.
Er durchquerte das Schlafzimmer.
Lizzie hielt den Atem an.
Das Bett neigte sich etwas, als er sich neben sie setzte. Sanft liebkoste er ihre Schulter, dann ihre Wange, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Am liebsten hätte sie sich ihm in die Arme geworfen und ihn festgehalten, aber sie wagte es nicht.
Er seufzte, erhob sich und wandte sich zum Gehen.
„Tyrell!“ Sie sprang auf und lief durchs Zimmer.
Er fuhr herum, und sie schmiegte sich in seine Arme, hielt ihn genauso fest wie er sie. Sie presste ihr Gesicht an seine Brust, versuchte, sich dieses Gefühl einzuprägen, die Kraft, die er ausstrahlte, die Geborgenheit, die sie so noch nie zuvor in ihrem Leben gefühlt hatte und nie mehr fühlen würde. Er wusste es nicht, aber dies war der Abschied.
„Ich dachte, du schläfst noch, und ich wollte dich nicht aufwecken. Elizabeth, ich weiß, wie schwer das alles für dich ist.“ Er strich ihr übers Haar.
Lizzie konnte nichts sagen. Alles, was ihr einfiel, war: „Ich liebe dich“, aber das war zu wenig.
Seine Stimme klang rau. „Elizabeth, für mich ist es auch nicht einfach.“
Sie blickte auf und sah die Verzweiflung und das Bedauern in seinen Augen.
„Wir werden diese Krise überstehen.“
Und Lizzie begriff, dass er wegen dieser Angelegenheit genauso sehr litt wie sie selbst. Sie streckte die Hand aus und berührte sein Gesicht. „Mach dir keine Vorwürfe“, flüsterte sie. „Aber ich wollte dich glücklich machen. Stattdessen hast du geweint.“
„Ich bin glücklich gewesen, Tyrell …“
„Es gibt viele Männer, die zwei Familien haben und zwei Leben führen“, sagte er. „Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht. Aber in deinen Augen erkenne ich deine Zweifel, selbst jetzt, da ich davon spreche. Elizabeth! Du musst mir vertrauen!“
Ein Teil von ihr wäre jetzt am liebsten geblieben, denn es gab niemanden, dem sie mehr vertraute. Aber das würde nichts ändern. Lizzie schloss die Augen. „Dir werde ich immer vertrauen, Tyrell.“
Er umfasste ihr Gesicht, und plötzlich küsste er sie, voller Verlangen und Leidenschaft. Sofort reagierte ihr Körper, und sie drängte sich an ihn, aber sie wusste, wenn sie ihn jetzt in ihr Bett holte, sei es auch nur für eine kurze Weile, dann würde sie an ihrem Entschluss nicht mehr festhalten können. Irgendwie gelang es ihr, sich von ihm zu lösen, obwohl sie am ganzen Leib zitterte und bebte.
Er nahm ihre Hände und blickte hinüber zum Bett, es war offensichtlich, dass er sie am liebsten auf die Arme genommen und dorthin getragen hätte.
„Nein“, flüsterte sie, die Hände noch immer an seiner Brust. „Tyrell, du musst gehen.“ Sie ließ ihn los. „Auf Wiedersehen.“
Harrington stand am Fenster des Musikzimmers, das links von der Eingangshalle lag. Er sah Elizabeth Fitzgerald und ihre Schwester vor dem Haus stehen, wo sie zusahen, wie ihre Koffer in die Kutsche geladen wurden. Er war schlechter Stimmung.
Tatsächlich hatte er eine richtige Hure erwartet, nicht eine freundliche junge Frau aus guter Familie und voller Mitgefühl. Es war ihm bewusst, dass sie Tyrell aus tiefstem Herzen liebte, aber sie würde ihn vergessen müssen. Er bedauerte, dass sie nun leiden musste. Er verstand, was Tyrell an ihr gefiel, und er hoffte, dass der junge Mann sie nicht allzu sehr liebte.
Aber selbst wenn das der Fall wäre, es spielte keine Rolle.
Denn er musste seiner Tochter die Möglichkeit geben zu leben. Wenn es etwas gab, das er vor seinem Tod erreichen wollte, dann wollte er sehen, wie seine Tochter fähig wurde, Freude und Leid zu empfinden. Und ein tiefer Schmerz durchzuckte sein Herz, wie immer, wenn er an sein einziges Kind dachte. Inzwischen war Blanche eine wunderschöne junge Frau, und in der Gesellschaft pries man sie als makellos, denn das war es, was die Leute sahen. Niemand kannte die Wahrheit, außer ihm und nun auch Miss Fitzgerald. Die Narben, die Blanche trug, waren unsichtbar, aber sie machten aus ihr die Gefangene einer beängstigenden Gefühllosigkeit.
Harrington sah zu, wie die Schwestern in die Kutsche stiegen. Er seufzte, denn beim Anblick von Miss Fitzgeralds Tränen konnte er ein Gefühl des Bedauerns nicht unterdrücken. Er hoffte, dass Tyrell sie großzügig versorgte, denn sie hatte ja gesagt, dass ihre Familie verarmt war. Im Geiste notierte er, sich nach der Situation ihrer Familie zu erkundigen. Sollte Tyrell sie nicht entschädigen, würde er es
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