Verfuhrt auf dem Maskenball
bestimmten Grund erzählt.“
Lizzie ahnte bereits, was er sagen würde.
Er sah ihr direkt ins Gesicht. „Tyrell habe ich für sie mit Bedacht ausgewählt. Er ist ein großartiger Mann, ein Mann von Ehre und dabei sehr freundlich, und mindestens genauso wichtig ist, dass er in eine Familie eingebettet ist. Er stellt genau das dar, was ich mir für meine Tochter wünsche, Miss Fitzgerald. Und ich rechne damit, dass meine Tochter ihn eines Tages lieben wird – selbst wenn sie lernen muss, das zu tun.“
Lizzie fühlte, wie ihr eine Träne über die Wange lief. Falls Harrington die Absicht hatte, ihr Mitleid zu wecken, so war ihm das gelungen.
„Ich weiß, er wird sehr gut für sie sorgen. Und jeden Tag bete ich darum, sie möge bei ihm die Liebe finden, wie lange es auch immer dauern mag. Verdient meine Tochter nicht etwas Liebe, Miss Fitzgerald? Nach allem, was sie erleiden musste?“
Lizzie nickte bekümmert. „Ja“, sagte sie und empfand tiefes Bedauern für ihre Rivalin. „Ja, das tut sie.“
„Mama?“, fragte Ned besorgt. Offensichtlich fühlte er ihre Verzweiflung.
Lizzie tastete nach seiner Hand und hielt sie fest. „Mama geht es gut“, sagte sie. Das war die größte Lüge ihres Lebens.
Harrington wartete.
Langsam erhob sich Lizzie. „Von mir haben Sie nichts zu befürchten“, sagte sie unsicher. „Ich habe bereits beschlossen, Tyrell zu verlassen. Ich bin keine Hure, und meine Entscheidung, hier in aller Offenheit mit ihm zu leben, obwohl ich von seiner bevorstehenden Heirat wusste, war falsch. Jetzt steht meine Entscheidung fest. Ich werde Ihrer Tochter nicht im Wege stehen, Lord Harrington.“
Voller Respekt betrachtete er sie. „Vielen Dank“, sagte er.
Lizzie schloss die Augen vor dem heftigen Schmerz, der sie erneut erfasste. Dann öffnete sie sie wieder und sagte: „Ich habe nur eine einzige Bitte.“
Er erstarrte. „Natürlich haben Sie die.“
„Es ist nicht das, was Sie vermuten. Ned gehört zu seinem Vater. Ich will Ihr Wort darauf – Ihr Wort als Ehrenmann –, dass Ihre Tochter ihm eine gute und liebevolle Mutter sein wird und dass es ihm an nichts fehlt.“
„Sie haben mein Wort“, erwiderte er ruhig.
Lizzie wischte sich die Tränen ab, die ihr jetzt ungehindert über das Gesicht rannen.
Harrington verneigte sich tief und ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Sie hatte keine Tränen mehr.
Lizzie starrte die Decke an und beobachtete, wie die Morgenröte über den Stuck wanderte, wie betäubt vor Kummer. Selbst das Atmen tat ihr weh. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte ihr Herz voll Freude, Hoffnung und Liebe geschlagen. Jetzt schien jeder Herzschlag ihr müde, kalt und ohne Hoffnung. Jetzt verstand sie die Bedeutung des Wortes Herzensqual. Es schien keine Möglichkeit zu geben, diese Pein zu lindern.
Wie geplant brach Tyrell an diesem Morgen nach Dublin auf. Es passte perfekt, denn sie hatte die Absicht, gleich danach abzureisen.
Seit ihrer Auseinandersetzung hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Gestern Abend hatte er mit Lord Harrington diniert, und sie wusste, aus Respekt vor seinem Gast würde er danach nicht zu ihr ins Bett kommen. In einer Stunde also würde er nach Dublin reisen – und noch am Vormittag würde auch sie abfahren.
Sie hatte beschlossen, nach Glen Barry zu fahren, wo Eleanor residierte. Und danach würde sie Tyrell nie mehr wiedersehen – und wenn, dann wäre er ein verheirateter Mann, und genau so sollte es sein. Blanche hatte in der Vergangenheit Schreckliches erlebt, und Lizzie wusste genau, dass sie das Richtige tat. Obwohl es falsch war, Tyrell zu lieben, würde sie niemals damit aufhören. Aber würde sie Ned je wiedersehen?
Im Augenblick konnte Lizzie es nicht ertragen, über diese Frage nachzudenken. Es gab keinen Zweifel, dass Ned zu seinem Vater gehörte. Wenn sie es wagte, sich eine Zukunft ohne ihr Kind vorzustellen, dann würde sie vielleicht noch ihre Meinung ändern und ihn mit sich nehmen.
Und dann hörte sie, wie Tyrell das Wohnzimmer betrat. Die verschiedensten Gefühle überkamen sie – Überraschung, eine geradezu lächerliche Hoffnung und Missbilligung. Sie hörte, wie er entschlossen das Zimmer durchquerte, auf ihre Tür zukam, und erleichtert dachte sie daran, dass sie ihn noch ein letztes Mal sehen würde.
Die Tür knarrte, als er sie öffnete, und Lizzie schloss die Lider, denn jetzt musste sie so tun, als schliefe sie. Wenn er ihr in die Augen sah, wenn sie vielleicht sogar miteinander sprachen, dann
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