Verfuhrt auf dem Maskenball
als Mama es mir befahl. Ich habe diesen Tag so sehr verflucht! Ich wollte nie, dass du davon erfährst. Kannst du mir denn nicht bitte vergeben? Ich habe genug gelitten!“ Damit sank sie auf einen Stuhl und weinte.
Die Gefühle ihrer Schwester waren Lizzie egal. In ihren Schläfen pochte der Schmerz so heftig, dass sie fürchtete, ihr platze der Kopf. „ Was ist passiert ?“
Anna zögerte.
Lizzie ballte die Fäuste. Sie versuchte, ruhig zu atmen, aber in dem Raum war es heiß und stickig. „Anna, du musst es mir sagen. Ich bestehe darauf!“
Anna vermied es, Lizzie anzusehen. Ihre Wangen waren noch immer rot vor Scham. „Ich ging hinaus in den Garten, um etwas frische Luft zu schnappen, weil mir so heiß war vom Tanzen. Er war dort. Ich wusste sofort, wer er war. Und er kam direkt auf mich zu. Ich fühlte mich so geschmeichelt. Er sagte kein Wort. Er nahm mich einfach nur in die Arme und küsste mich.“ Anna sah auf. Ihre Augen glänzten. „So bin ich noch nie geküsst worden. Ich war überwältigt – und dann dachte ich, er hätte mich schon lange heimlich bewundert. Davon war ich fest überzeugt.“ Auf einmal sah sie gequält aus und senkte den Blick. „Aber dann verlangte er zu wissen, wo die richtige Maid Marian sei.“
Lizzies Zorn verflog. Er war in den Garten gegangen und hatte auf sie gewartet. Als Anna erschien, in Lizzies Kostüm, war er wortlos auf sie zugekommen – und wenn es Lizzie gewesen wäre, hätte er sie in die Arme geschlossen.
Aber hatte sie nicht schon in jener Nacht, als sie nach Hause ging, gewusst, dass das Schicksal ihr eine einmalige Chance geboten hatte?
„Ich sagte ihm, die richtige Maid Marian sei fort“, flüsterte Anna und wagte es nicht, Lizzie anzusehen. „Lizzie, ich war so überwältigt von seinen Aufmerksamkeiten, dass ich nicht denken konnte. An dich habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich glaubte, seine Bewunderung galt mir.“
Irgendwie brachte Lizzie es fertig, zu sprechen. „Aber du musst gemerkt haben, dass er auf mich wartete!“
Anna schüttelte den Kopf. „Ich dachte, er begehrte mich“, flüsterte sie.
Und dann begriff Lizzie. Ihre Schwester war daran gewöhnt, umworben und bewundert zu werden, warum sollte sie also etwas anderes vermuten? Tyrells leidenschaftliche Küsse hatten Anna betört. „Er ist in den Garten gegangen, um mich zu treffen, nicht dich“, sagte Lizzie. Ihre Augen brannten von Tränen. „Und dann habt ihr euch geliebt.“ Allein die Worte auszusprechen verursachte ihr einen so heftigen Schmerz, dass sie ihn nicht zu ertragen vermochte. Sie schwankte und setzte sich schließlich hin.
Anna sah aus, als hätte sie ihre Schwester am liebsten umarmt und getröstet. „Ich habe mein dummes Benehmen so sehr bedauert, Lizzie. Nie hat mir etwas mehr leidgetan. Es war nur eine einzige Nacht, und es ist so lange her. Bitte, Lizzie, vergessen wir es doch!“ Und endlich trat sie zu Lizzie und nahm ihre Hand.
Doch Lizzie zuckte zurück. „Das kann ich nicht vergessen.“ Plötzlich sah sie sie vor sich, wie sie einander im Mondlicht in den Armen lagen. Tränen erstickten ihre Stimme beinah, und sie vermied es, ihre schöne Schwester anzusehen. „Bevor Tyrell kam, hatte kein Mann je einen Blick für mich übrig. Er ist der Einzige, der in mir je eine Frau gesehen hat“, sagte sie voll Bitterkeit. „Aber natürlich hat er dich bevorzugt.“
Für einen Moment schloss Anna die Augen. „Er wollte mich nicht, Lizzie. Nicht so, wie du denkst“, flüsterte sie.
Lizzie richtete sich auf. „Das verstehe ich nicht. Du erwartest sein Kind.“
Anna betrachtete ihre Schuhe. „Er ist der Erbe des Earl of Adare“, sagte sie. „Er ist reich, mächtig und gut aussehend. Ich hatte so viele Verehrer, aber keiner war wie er. Nachdem er erkannt hatte, dass ich es bin und nicht du, wurde er ärgerlich. Ich weiß noch immer nicht, warum ich das dann getan habe. Ich weiß nicht, warum ich ihn nicht einfach fortgehen ließ. Ich wollte, dass er mich noch einmal küsste. Ich wollte, dass er sich in mich verliebt. An dich habe ich nicht gedacht, Lizzie. Kein einziges Mal! Ich dachte nur daran, mit Tyrell de Warenne zusammen zu sein.“
Lizzie starrte sie an. „Willst du damit sagen, dass er gehen wollte – aber du hast ihn irgendwie dazu gebracht zu bleiben?“
Anna hob den Kopf. Tränen glänzten in ihren Augen.„Ja, das will ich damit sagen. Er wollte gehen, aber ich habe mich ihm an den Hals geworfen.“
Lizzie stockte der Atem.
„Ich bin
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