Vergangene Narben
in mir einen guten Kumpel, mit dem er einfach seine Späße treiben konnte. Aber warum hatte er dann mit mir geschlafen?
Er ist ein Kerl, brauch er einen besonderen Grund dazu?
Ja! Ich wollte dass es einen besonderen Grund dafür gab, dass er es nicht nur getan hatte, weil er besoffen war, oder ihm der Rausch des Beißens zusetzte. Aber wenn ich so zurückdachte, war genau das immer gewesen, wenn wir uns näher gekommen waren. Vor dem Kuss auf meinem Geburtstag hatte er reichlich getrunken. Und bei jeder anderen Gelegenheit, hatte ich vorher sein Blut genommen. Vor zwei Tagen die Nacht war dann beides zusammengekommen. War das der Grund gewesen, warum er so weit gegangen war?
Dieser Gedanke war nicht nur ernüchternd, er tat auch weh. Das konnte doch nicht sein, oder?
Es war der Wahnsinn, weil du der Wahnsinn bist.
Vielleicht hatte er das ja auch einfach so hingesagt.
„Hätte ich einen Dollar, würd ich ihn dir geben“,
holte Cio mich aus meinen Gedanken zurück.
„Was?“
„So sagt man doch, oder? Einen Dollar für deine Gedanken. Aber leider trage ich heute Pelz, wird also schwer werden irgendwo eine Hosentasche mit einem Dollar zu finden.“
Wir waren in der Zwischenzeit schon weit in den Garten hineingelaufen, außen an dem Labyrinth vorbei. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie weit wir schon gekommen waren.
„Erzählst du es mir jetzt?“
„Was?“
Er schmunzelte.
„Über das was auch immer gerade in deinem Kopf los war.“
Er lenkte mich nach links, auf einen anderen Pfad.
„Du hast nicht wirklich glücklich ausgesehen.“
„Ach, es war nichts.“
„Ach komm schon.“
Er rempelte mich spielerich an, und schubste mich damit fast in die Ziersträucher.
„Mir kannst du es doch sagen.“
Klar könnte ich das, und anschließend könnte ich mich dann auch in das nächste Mäuseloch verkriechen.
„Komm schon, sag es mir. Ich gebe sowieso keine Ruhe, bevor ich es nicht weiß.“
Als ein Stück weiter Schritte zu hören waren, lauschte er unauffällig, doch es schien nur ein einfacher Spaziergänger zu sein, so wie wir.
„Es ist wirklich nicht so wichtig.“
„Ich dachte wir haben keine Geheimnisse voreinander“,
sagte er leise.
Also das war jetzt wirklich unfair. Davon abgesehen dass wir uns absolut in keiner Situation befanden, in der man sowas erörterte, waren das auch meine Gedanken. Er sagte mir doch schließlich auch nicht alles, oder?
„Wir haben gesagt, keine Lügen.“
„Du hast mich aber gerade angelogen.“
Als ich ihn fast empört ansah, schnaubte er.
„Du hast gesagt, es war nicht wichtig, aber so hast du absolut nicht ausgesehen.“
Ja, weil es für mich eben doch wichtig war. Vielleicht sollte ich ihn genau deswegen doch fragen.
Was bin ich für dich?
Fünf kleine Worte, die mir auf der Zunge lagen, ich musste sie nur ausspucken. Fünf Worte, mehr nicht, aber sie konnten alles verändern. Das war wohl auch der Grund, warum letztendlich etwas ganz anderes kam.
„Ich hätte niemals gedacht, dass dir sowas auffallen würde. Also, das mit dem romantischen Spaziergang, und den Vögeln und so.“
„Vögeln?“
Er grinste spitzbübisch.
„Ich steh aufs Vögeln.“
Als ich ihn böse anstarrte, wurde daraus ein richtiges Wolfsgrinsen.
„Du weißt dass ich das nicht gemeint hatte.“
„Ich weiß, du sprichst von Romantik. Ein Abendessen bei Kerzenschein, Rosenblätter auf dem Bett, und du in nichts als meinem T-Shirt.“
Er zwinkerte mir zu.
„Siehst du, ich kann auch romantisch sein.“
Ja nur würde ich das wahrscheinlich nie erleben.
„Aber das war es nicht, worüber du gerade nachgedacht hattest, oder?“
Ich verlangsamte meinen Schritt, bis ich ganz stand, und auch er hielt an. abwartend, wachsam.
Natürlich, ich könnte ihm jetzt genau das fragen.
Was bin ich für dich?
Ich probierte die Worte in meinem Kopf, drei vier Mal, aber ich brachte es einfach nicht über mich, sie auszusprechen.
„Nein, war es nicht“,
sagte ich schlussendlich, und setzte mich wieder in Bewegung.
Er trappte an meine Seite
. „Heißt das, du willst es mir nicht sagen?“
„Nein, Cio, ich werde es dir nicht sagen.“
Ja, ich hatte ihm versprochen, ihn nie wieder anzulügen, einfach weil es ihm wichtig war, aber deswegen würde ich ihm noch lange nicht alles mitteilen, was mir auf der Seele lag, nicht wenn mein Herz dabei zerbrechen konnte.
„Ein neues Geheimnis also“,
überlegte er, und in seine Augen trat dieser Funke, der mir schon einmal zum Verhängnis geworden war
. „Ich
Weitere Kostenlose Bücher