Vergangene Narben
die Augen leicht zusammen. „Was meinst du damit?“
„Genau das was ich sage.“ Ich wandte ich von ihm ab, und schritt zu dem Fenster, hinter dem die aufkommende Abenddämmerung den Himmel blutrot färbte.
Hinter mir gab Cio einen unwilligen Laut von sich. „Verdammt, was soll das jetzt?“, wünschte er zu erfahren. „Ja gut, ich weiß dass es nicht gerade die feine, englische Art war, einfach ins Badezimmer abzuhauen, aber das heißt doch noch lange nicht …“
„Was?“ Ich wirbelte zu ihm herum. „Was heißt es nicht? Das wir nicht weiter miteinander rummachen können? Dass ich mich jetzt so albern haben muss, weil du doch sowieso schon alles an mir gesehen hast? Das es völlig scheiß egal ist, dass das letzte bisschen was von mir existier nach und nach zerbrechen wird, wenn ich nicht endlich die Notbremse ziehe?“ Bei den letzten Worten brach mir die Stimmer weg. „Ich bin nicht dein Trostpflaster, mit dem du dir über dein gebrochenes Herz hinweghelfen kannst, Elecio“, flüsterte ich. „Sowas wie heute Morgen will ich kein weiteres Mal erleben. Nur weil das mit Iesha …“ Ich schloss den Mund, und schluckte die Worte auf meiner Zunge wieder herunter.
„Iesha?“, fragte Cio lauernd. „Warum bitte bringst du sie jetzt wieder zur Sprache?“
„Tu doch nicht so!“, fuhr ich ihn an. „Bei euch kreiselt es, und schon wendetest du dich mir zu! Glaubst du wirklich, ich bin so erbärmlich, dass ich mich nur mit diesem bisschen zufriedengeben könnte? Glaubst du wirklich es würde mir nichts ausmachen? Mit ihr ist es vorbei, und dann kannst du zur nächsten übergehen, oder was? Ich bin nicht …“ Ich verstummte, als Cio zwei wütende Schritte auf mich zukam, und direkt vor mir stehen blieb.
„Jetzt pass mal ganz genau auf, Zaira. Das hier ist eine Sache allein zwischen dir und mir, mit der Iesha überhaupt nichts zu tun hat. Zwischen mir und Iesha war es schon lange nicht mehr das was es sein sollte, und das weißt du. Außerdem waren wir bereits miteinander im Bett, bevor das mit Iesha zu Ende war.“
„Was mich nur zu einer weiteren dieser Weiber macht, mit denen du sie betrogen hast.“
Er schnaubte und trat einen Schritt zurück. „Rede dir das alles nur weiter ein, wenn du dich dann besser fühlst, aber glaub nicht dass ich da mitspiele.“
„Ich rede mir das nicht ein.“
„Doch, genau das tust du. Du hast Angst, und deswegen …“
„Natürlich habe ich Angst!“, fuhr ich ihn an. „Ist dir eigentlich klar, wo wir uns befinden? Was alles passiert ist, und noch passieren kann? Wie bitte sollte ich da keine Angst haben?!“
„Du weißt genau, dass ich das nicht gemeint habe, aber bitte, wenn du dich dann besser fühlst, dann leugne nur weiter. Such dir immer mehr Ausreden, die dir helfen dich von mir fernzuhalten, nur weil du der Wahrheit nicht in die Augen sehen kannst.“
Seine Worte machten mich so wütend, dass ich ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. „Ich kenne die Wahrheit nicht nur besser als du, sondern auch schon viel länger“, zischte ich ihn an. „Der einzige der hier leugnet bist du, weil du nicht zugeben kannst, dass ich recht habe.“ Ich wandte mich wieder zum Fenster herum, und starte durch das Glas hinunter in den Vorhof, der heute so viel düsterer wirkte, als ich es in Erinnerung hatte.
„Rede dir diesen ganzen Scheiß nur weiter ein“, knurrte Cio verärgert. Dann konnte ich nur noch seinen Schritten lauschen, und das Knallen der Badezimmertür.
Ich zuckte bei dem Geräusch zusammen, verbot mir erneut mit dem weinen anzufangen, konnte es aber nicht verhindern, dass sich eine einzelne Tränen ihren Weg über meine Wange bahnte.
°°°
Der Himmel war so klar, dass die Stern ein ihrer ganzen Pracht zu uns hinunter strahlen konnten, doch der Mond war nur ein trübes Abbild seiner selbst, das die Nacht noch finster erscheinen ließ, als sie bereits war.
Über den Wäldern die den Hof umschlossen schwebte eine dicke Nebelschicht, die sich wie ein eigenes Lebewesen zwischen den Stämmen des Waldes bewegte, und langsam auf das Schloss zu kroch, um es in all seiner Pracht zu verschlingen.
Ich schnaubte über meine eigenen Gedanken, und lauschte dem ruhigen Atem von Cio in seinem Schlaf, während mein Blick weiter dem Bild vor dem Fenster galt, dem Vorgarten des Schlosses, der im Moment nur wenig Leben beherbergte. Die meisten Wölfe schliefen um diese Zeit, doch ich konnte nicht. Es musste Stunden her sein, dass ich mich hier
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