Vergangene Narben
den Umständen entsprechend, aber er lebt.“
Hieß das, er hatte noch gelebt, als er weggebracht wurde, oder das er jetzt in diesem Augenblick noch lebte?
„Hey, nicht weinen. Es ist gut, hörst du? Alles wird wieder gut.“
Ich lachte auf. Ein grässliches Geräusch, dem nichts Amüsantes anhaftete. „Alles wird wieder gut? Wie bitte soll dann irgendetwas wieder gut werden?“ Ich löste mich aus seinen Armen, nahm Abstand von ihm, und schlag die Arme um mich selber. Die Tränen ließ ich einfach laufen. Ich konnte sie sowieso nicht daran hindern. „Wir sind hier gefangen, meine Eltern sind hier gefangen, und ich habe … ich habe …“ Ich schluchzte auf. Oh Gott, ich hatte Cheyenne verraten, und damit auch alle die bei ihr waren. Wenn sie Geros Hotel nun noch nicht verlassen hatten? Und was wenn doch? Egal wie man es drehte oder wendete, nichts würde wieder gut werden.
„Zsa Zsa.“ Cio streckte die Hand aus, wollte mir eine Träne von der Wange wischen, doch ich stieg einfach aus dem Bett, um dem zu entgehen. Er sollte mich nicht anfassen. Ich wollte nie wieder so eine Zurückweisung von ihm bekommen, wie in dem Moment, als er sich einfach im Bad eingeschlossen hatte.
„Gar nichts wird wieder gut“, flüsterte ich. „Ich hab alles falsch gemacht.“
„Das ist doch nicht deine Schuld!“, protestierte er, und erhob sich vom Bett. „Wenn überhaupt, dann ist diese Schnepfe von Xaverine an allem schuld.“
Oh Gott, die Gräfin. „Mein Vater hat sie … ist sie …“
„Tot?“, er lachte abgehackt. „Nein, leider nicht, aber es ist zweifelhaft, dass sie die nächsten Tage überleben wird.“
Aus weit aufgerissenen Augen sah ich ihn an. „Nein.“ Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Wenn sie starb … oh Gott, was würde Cerberus dann tun? Mein Vater hätte sie auf dem Gewissen. Und wenn ich nur daran dachte, was er bereits fähig war mit seiner Peitsche anzurichten, dann wollte ich mit gar nicht vorstellen was er tun würde, wenn seine Mutter durch Papas Schuld starb. „Bitte nein.“
„Hey, Zsa Zsa, es wird …“
„Erzähl mir nicht dass alles wieder gut wird!“, schrie ich ihn an. Meine ganze Verzweiflung lag in diesem Worten. „Er wird ihn töten! Wenn sie stirb, wird Cerberus meinen Vater töten!“ Und das alles konnte nur passieren, weil ich damals nicht zu Hause geblieben war, weil ich unbedingt meine Erzeugerin hatte kennenlernen wollen.
Cio drückte die Lippen aufeinander. Er wusste genauso gut wie ich, dass ich recht hatte. „Es ist nicht deine Schuld“, wiederholte er nur die Worte, die ich schon so oft von ihm gehört hatte.
„Hör auf das immer wieder zu sagen“, weinte ich still vor mich hin. „Ich will das nicht mehr hören.“ Denn ich wusste ganz genau, dass es nicht stimmte. Alles was meinen Eltern geschehen war, hatte ich zu verantworten. Im Moment lebte mein Vater vielleicht noch, aber das war nur noch eine Frage von Zeit. Was mit meiner Mutter war, wusste ich überhaupt nicht. Fujo hatte behauptet, dass sie auch hier sein, aber ich hatte sie weder gesehen, noch von ihr gehört, und jetzt hatte ich auch noch Cheyenne und ihre ganze Familie ins Unglück gestürzt, weil ich meinen Vater vor etwas retten wollte, vor dem es scheinbar keine Rettung gab.
Alles war so unglaublich schief gelaufen, und wurde mit jedem verstreichenden Moment nur noch schlimmer. Was hatte ich nur verbrochen, um das alles zu verdienen? Warum musste ich über jeden der mir nahe stand so viel Unheil bringen?
„Zsa Zsa“, seufzte Cio, und streckte den Arm nach mir aus, doch ich wich sofort einen Schritt zurück.
„Fass mich nicht an“, hauchte ich. Seine falschen Berührungen würde ich jetzt nicht auch noch ertragen, ohne darunter zu zerbrechen. Er hatte mehr als deutlich klargestellt, dass meine Gefühle nur einseitig waren. Ihn jetzt nahe bei mir zu wissen, konnte ich einfach nicht ertragen.
Cio drückte die Lippen zusammen. „Ich hasse es, wenn du das machst.“
Umso besser, dann würde er mir in Zukunft vielleicht fern bleiben. Allein dieser Gedanke ließ mich aufschluchzen, aber was sollte ich den tun? Er liebte mich nicht. Deutlicher hätte er es mir nicht zeigen können. Aber ich konnte auch nicht so tun, als hätte ich eine Chance auf … irgendwas. Es war vorbei, und für Träumereien gab es keinen Platz mehr. „Du wirst dich wohl dran gewöhnen müssen“, flüsterte ich mit erstickter Stimme, und wischte mir so gut es ging die Tränen aus dem Gesicht.
Cio kniff
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