Vergangene Narben
Trümmer, Kämpfe, Schmerz. Es schien einfach kein Ende nehmen zu wollen. So viel Leid und Qual, und wofür das alles? Nur für ein bisschen Macht? Wenn das so weiter ging, würde nach diesem Kampf kein König mehr gebraucht werden, weil es einfach kein Rudel mehr geben würde, dass ihm folgen könnte.
Als nur wenige Meter von mir eine Frau loskreischte, wirbelte ich herum, doch mein Vater ließ gar nicht erst zu, dass ich mich genauer umsehen konnte. Unerbittlich schob er mich die Treppe hinunter, darauf bedacht, mich und Mama immer zwischen sich und der Schlossmauer zu haben.
Keiner hielt uns auf, keiner schenkte uns seine Aufmerksamkeit.
Und dann, ich wusste nicht woran es lag, drehte ich den Kopf. Ich bildete mir ein, ein Geräusch gehört zu haben, einen Ruf, doch bei der Lautstärke hier draußen war es eigentlich unmöglich so etwas wahrzunehmen. Trotzdem drehte ich den Kopf, und in dem Moment entdeckte ich ihn.
Cio.
Er donnerte einem Mann die Faust ins Gesicht, bemerkte dabei aber nicht den Wolf hinter ihm.
Einen Schrei auf den Lippen sah ich alles wie in Zeitlupe. Cio, der sich langsam herum drehte, als würde er nach etwas Ausschau halten. Der Wolf, der sich mit kräftigen Hinterbeinen abstieß, um ihn hinterrücks zu überfallen. Der Nebel der Nacht im Hintergrund, die Kämpfe drum herum. Und dann traf sein Blick auf mich.
Die Zeit schnappte zurück in ihre normale Geschwindigkeit.
Der Wolf riss ihn nieder. Beide schlugen auf dem Boden auf. Dann sprangen drei andere Leute dazwischen, und ich konnte nicht mehr sehen, was dort geschah.
„Cio!“, schrie ich.
In dem Moment sprang von der Seite eine goldene Wölfin heran, deren Fell mit Blut besudelt war, das nicht zu ihr zu gehören schien.
„Es reicht!“,
donnerte in dem Moment eine Stimme über den ganzen Hof. Dem Ruf folgte eine unsichtbare Welle der Energie, die uns einfach überrollte. Es war die ein Geruch, der in jede Pore meines Körpers eindrang, und mich dazu brachte, schnell den Kopf einzuziehen, und zurückzuweichen.
Und ich war nicht die einzige, der es so ging. Überall zuckten Werwölfe zusammen, egal ob in menschlicher, oder tierischer Gestallt. Sie winselten, zogen sich knurrend mit eingezogener Rute zurück, und dabei war es egal, ob sie zu Cerberus oder Cheyennes Leuten gehörten. Sie reagierten alle darauf, und starrten fast ängstlich hinauf zum Portal.
Dort stand ein großer, brauner Wolf, mit einer verschnörkelten Zeichnung im Fell um den Hals.
Ayden.
Den Kopf erhoben, die Zähne gebleckt starrte er auf die Szenerie im Innenhof hinunter. Hinter ihm standen Diego und Umbra Drogan. Und auch Sydney war nicht weit entfernt.
Diese Macht, diese Welle drückte immer noch auf uns hernieder, verhinderte dass den Aggressionen in der Luft Ausdruck verliehen wurde.
Schlagartig wurde es ruhig.
„Cerberus!“,
rief Ayden.
„Komm her und zeig dich mir, damit wir diesen sinnlosen Kampf beenden können!“
Oh nein. Es war so weit. Ayden wollte den König herausfordern.
Papa versuchte mich weiter zu ziehen, doch ich stemmte mich gegen ihn. Ich musste das verhindern, sonst würde ich ihn verlieren, noch ehe ich ihn richtig kennenlernen konnte. „Nein!“, schrie ich, doch niemand schenkte mir Gehör.
Von weiter hinten schob sich zwischen den lauernden Werwölfen die hochgewachsene Gestalt von Cerberus in den Vordergrund. Er sah nicht mehr ganz so geschniegelt aus. Seine Kleidung hatte einiges abbekommen, und auch die perfekte Frisur war vieles, aber eben nicht mehr perfekt. „Siehe da, der Prinz ist zurückgekehrt“, höhnte er.
Einige Wölfe bleckten knurrend die Zähne, wagten es sich aber nicht einzugreifen. Lauernd beobachteten sie, wie der König an ihnen vorbei schritt, und erst vor der untersten Stufe der Freitreppe zum stehen kam.
Die beiden Kontrahenten starrten sich an, bis Ayden wieder Anfang zu sprechen.
„Dieser Kampf sollte nicht auf dem Rücken des Rudels ausgetragen werden, und dabei sinnlos Leben verschwenden, wenn es sich doch so einfach klären lässt. Ein Zweikampf, nur du und ich. Der Verlier wird sich dem Willen des Siegers beugen.“
„Ein Zweikampf mit dir?“ Cerberus zog eine Augenbraue nach oben. „Du bist der Sohn eines Dimidius.“
„Ja, und der eines Reinblüters, was mich ebenfalls zu einem macht. Und damit bin ich berechtigt dich herauszufordern, um deinen Platz einnehmen zu können.“
Cerberus Augen verengten sich leicht. „Ich werde dafür sorgen, dass du den Tag deiner Geburt
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