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Vergangene Schatten

Titel: Vergangene Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Robards
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ein Gefühl der Sicherheit ausstrahlen können; leider wusste Carly nur zu gut, dass sich hinter dem imposanten Äußeren ihrer Angestellten, Geschäftspartnerin und guten Freundin ein allzu weiches Herz verbarg. Und auch in diesem Augenblick machte sie keineswegs einen kämpferischen Eindruck, sondern schien eher darauf bedacht zu sein, möglichst rasch und unauffällig das Weite zu suchen.
    »Es gibt keine Einbreche in Benton«, flüsterte Carly zurück. Sie hätte beinahe die Taschenlampe fallen lassen, als sie in ihrer Aufregung versuchte, sie auszuschalten, bevor das Licht sie beide verraten hätte. Wenige Sekunden nachdem es ihr endlich gelungen war, tauchten die Schultern des Mannes aus der Dunkelheit unter der Veranda auf, und gleich darauf folgte auch der Kopf.
    »Wer ist er dann?«, fragte Sandra, wenig überzeugt von Carlys Beteuerung. Die Pappschachtel mit Töpfen und Pfannen, die sie getragen hatte, stand nun vor ihren Füßen. Carlys Aufmerksamkeit war so auf den Mann gerichtet, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass Sandra ihre kostbaren Küchenutensilien ins feuchte Gras gestellt hatte. Sie selbst hatte Mühe, das, was sie in ihren Armen trug, zu bändigen. Hugo ließ sich nicht gern tragen; er betrachtete es als unter seiner Würde. Carly schloss ihre Arme etwas fester um die riesige Colourpoint-Katze und betete, dass sie nicht gerade jetzt ein lautes Miauen anstimmte.
    »Ein Klempner vielleicht. Woher soll ich wissen, wer das ist?«
    Die Nacht war feucht und stickig nach dem heftigen Sommergewitter, das gerade vorbeigezogen war. Ein feuchter, erdiger Geruch, wie er in Carlys Erinnerung typisch für diese verregneten Nächte in Georgia war, hing in der Luft. Von den Blättern fielen immer noch Regentropfen, und eine ganze Schar von Fröschen quakte irgendwo im Verborgenen, so dass der geflüsterte Wortwechsel zwischen Carly und Sandra kaum zu hören war. Hinter den dahinziehenden Wolken tauchte die blasse Mondsichel auf und spendete gerade genug Licht, damit Carly beobachten konnte, wie der groß gewachsene Eindringling mit einer geschmeidigen Bewegung aufstand.
    In einer Hand hielt er, wie man trotz der Dunkelheit deutlich erkennen konnte, eine bedrohlich aussehende schwarze Pistole.
    »Also doch. Ich rufe sofort die Polizei«, stieß Sandra hervor und kramte in der Plastiktüte, die ihr als Handtasche diente, nach ihrem Handy.
    »Wir haben keinen Notrufdienst in Benton.«
    »Scheiße«, stieß Sandra hervor und verdrehte die Augen. »Habt ihr hier in Benton überhaupt irgendwas außer alten Häusern, in denen es spukt, und dunklen Gestalten, die mit Pistolen herumlaufen?«
    »Wir haben einen McDonald's. Und einen Pizza Hut.« Beides waren Neuankömmlinge, auf die die Handelskammer des Städtchens entsprechend stolz war.
    »Na, das ist ja toll. Soll ich vielleicht dort anrufen?«, fragte Sandra und schüttelte frustriert den Kopf. »Ich will doch nicht essen, du Dummerchen. Ich will, dass jemand kommt und mich vor dem Kerl mit der Pistole beschützt. Wie wär's mit der Feuerwehr? Die retten ja auch Katzen, die auf einen Baum klettern und nicht mehr runterkönnen.«
    »Wenn wir in Benton Hilfe brauchen, rufen wir die State Police. Oder den Sheriff.«
    »Welche Nummer?«
    »Keine Ahnung.«
    Während sie sprachen, wichen sie Schritt für Schritt zurück. Carly gab Acht, dass sie über keine Baumwurzel stolperte, während sie sich mit ihren Turnschuhen über das schlüpfrige Gras bewegte, ohne den Mann, der möglicherweise ein Einbrecher war, aus den Augen zu lassen. Er stand mit dem Rücken zu ihnen, nicht ahnend, dass er nicht allein war, und konzentrierte seine Aufmerksamkeit allem Anschein nach auf den Schuppen, der hinter dem Haus stand. Der ganze Garten schien ziemlich verwahrlost zu sein. Das Gras war lange nicht gemäht worden, die Gebüsche überwucherten alles, und überall lagen noch die Blätter vom vergangenen Herbst, so dass der Boden besonders tückisch war, vor allem weil sie jetzt bergab gingen. Das Beadle Mansion, wie das Haus nach seinem ursprünglichen Besitzer hieß, stand am westlichen Rand der Stadt auf einem bewaldeten Hügel in einiger Entfernung vom nächstgelegenen Nachbarn, und hatte nicht einmal eine eigene Zufahrt. Carlys Wagen, ein gemieteter, leuchtend orangefarbener U-Haul-Lieferwagen, mit dem sie direkt von Chicago gekommen waren, stand an der schmalen Straße, die am Fuße des Hügels entlanglief. Es sollte wohl möglich sein, den Wagen zu erreichen, ohne den Mann auf

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