Vergangene Schatten
noch ausweichen, so dass sie einen Kopfstoß gegen die Nase abbekam. Sie sank zurück, Tränen des Schmerzes in den Augen, doch sie gab nicht auf. Der feuchte, schlüpfrige Boden half ihr und machte es schwerer für ihn. Sie krümmte und wand sich wie ein Wurm am Angelhaken, sie trat nach ihm und stieß sich mit dem Fuß von seiner Schulter ab, wodurch sie sich schließlich aus seinem Griff befreien konnte. Rücklings versuchte sie davonzukriechen, doch er folgte ihr und packte sie an den Knien. Sie schrie auf - diesmal laut und schrill, nachdem sie endlich wieder genug Luft hatte - und trat ihn so fest sie konnte gegen den Kopf.
»Verdammt!«, brüllte er und schüttelte benommen den Kopf. Bevor sie reagieren konnte, stürzte er sich wieder auf sie und begrub sie unter sich. Die Luft entwich aus ihr wie aus einem platzenden Reifen. Sie versuchte noch einmal, sich von ihm zu befreien - doch jetzt, da er mit dem ganzen Körper auf ihr lag, war er zu schwer, als dass sie sich noch bewegen konnte. Ihre rechte Hand war eingeklemmt, und während sie sich noch bemühte, sie freizubekommen, beschloss sie, es diesmal nicht wie Mike Tyson zu machen, sondern eher wie Catwoman - und so ging sie mit ihrer freien linken Hand auf seine Augen los. Sie war nicht bereit, kampflos zu sterben, oder was immer dieser Verbrecher mit ihr vorhatte.
»Wenn du mich kratzt, dann wird es dir Leid tun, das schwöre ich dir«, knurrte er, packte ihre Hand und drückte sie mit Gewalt auf den feuchten Boden. Nun war sie völlig bewegungsunfähig, doch sie weigerte sich immer noch aufzugeben. Mit dem Daumen und Zeigefinger ihrer eingeklemmten Hand schaffte sie es, ihn kräftig in die Brust zu kneifen. Er schrie kurz auf und versuchte auch ihre zweite Hand zu fassen zu bekommen.
Im Zuge ihres Kampfes waren sie aus dem Schatten der Eichen ins Freie gerollt, so dass das Mondlicht auf sein Gesicht fiel. Mit großen Augen und offenem Mund starrte sie ihn an, und ihre Kampfeslust verschwand von einem Moment auf den anderen, als sie ihn zum ersten Mal deutlich erkennen konnte. Sie fühlte sich seltsam schlaff, wie sie da unter den geschätzten hundert Kilo des Mannesjag, und es wurde ihr bewusst, dass ihre Schlaffheit nichts anderes als Erleichterung war.
»Matt Converse, kannst du mir sagen, was das soll?«, fragte sie wütend.
Er erstarrte. Sein Blick traf den ihren, und seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
»Carly?«, fragte er ungläubig.
»Ja, Carly«, versetzte sie in scharfem Ton. Während sie noch nach Luft rang, kamen höchst unwillkommene Erinnerungen in ihr hoch - und zwar an jene Nacht, als er ebenfalls auf ihr lag, wenn auch unter etwas anderen Umständen.
»Donnerwetter, du hast vielleicht Kurven.«
Seine Hand lag nicht nur auf ihrer Hand, sondern zum Teil auch auf ihrer rechten Brust. Sie spürte, wie sich seine Finger über der Rundung ihrer Brust krümmten. Sie riss ihre Hand los, während er mit seiner Hand ungeniert ihre Brust umschloss. Er hatte sie schon einmal an dieser Stelle berührt - damals hatte sie noch Körbchengröße A gehabt. Heute war sie deutlich üppiger und hatte Größe C, woran Gymnastik, Cremes und zugegebenermaßen auch ein Implantat um die fünftausend Dollar schuld waren. Aber das würde sie ihm bestimmt nicht auf die Nase binden.
»Na ja, man verändert sich eben«, sagte sie und blickte ihn finster an. Zum Glück für ihn nahm er seine Hand da weg, sonst hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst, die er noch nächste Woche gespürt hätte. Im Grunde war sie ihm ohnehin noch eine Ohrfeige schuldig. Und das seit ungefähr zwölf Jahren. Sie hatte sogar allergrößte Lust, es ihm ordentlich heimzuzahlen.
»Und du bist blond«, sagte er ziemlich verblüfft und betrachtete ihr glattes platinblondes Haar, das sie schulterlang trug. Von Natur aus hatte sie wild gelocktes braunes Haar, wie er sehr wohl wusste.
»Haare werden eben manchmal blond. Würdest du jetzt vielleicht von mir runtergehen? Ich nehme an, die Vergewaltigung ist jetzt abgeblasen, da sich herausgestellt hat, dass wir uns kennen.«
»Vergewaltigung?«, stieß er ungläubig hervor. »Du machst wohl Scherze. Hast du das wirklich geglaubt?«
»Also, ich weiß auch nicht warum, aber wenn irgendein Kerl im Dunkeln über mich herfällt und mich begrapscht, dann erscheint es mir zumindest nicht ganz ausgeschlossen, dass es sich um eine Vergewaltigung handeln könnte«, erwiderte sie voller Sarkasmus mit einem angedeuteten Lächeln.
»Curls, bist
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