Vergangene Schatten
Kenans Stimme hörte. Sie senkte den Kopf und zog den Schwanz ein.
»Haben Sie den Hund schon mal gesehen?«
Kenan runzelte die Stirn.
Matt fuhr in geduldigem Ton fort: »Als ich das letzte Mal hier war, sagten Sie, dass Sie mit Marsha gestritten hätten, weil sie einem Hund Ihre Wurst gegeben hätte. Ist das der Hund?«
Kenan sah sich Annie etwas genauer an. Der Hund zuckte zusammen und drückte den Bauch auf den Teppich.
»Könnte schon sein. Es war jedenfalls genau so ein hässlicher kleiner Köter. Ja, ich glaube, das ist er.«
Ja, dachte Matt innerlich angespannt. Er hatte die richtige Fährte verfolgt. Er hatte es von dem Moment an gewusst, als er den Führerschein sah.
»Hierher, Annie.« Jetzt, da diese Frage geklärt war, hielt er es nicht länger aus, Carlys Hund so verängstigt zu sehen. Er bückte sich hinunter, hob Annie auf und streichelte sie. Sie zitterte immer noch in seinen Armen, begann aber leicht mit dem Schwanz zu wedeln, um zu zeigen, dass sie froh war, dass sich jemand um sie kümmerte, den sie als Freund erkannte. Matt sah Kenan an. »Marsha hat also dem Hund Ihre Wurst gegeben. Wo? Hier in dieser Wohnung? Und was ist dann passiert?«
Kenan zögerte. Matt hatte Mühe, seine Ungeduld zu bezähmen. »Sehen Sie, ich persönlich glaube nicht, dass Sie etwas mit Marshas Verschwinden zu tun haben. Aber ich glaube, dass Sie uns mit ein paar wichtigen Informationen helfen können, sie zu finden. Und wenn wir sie gefunden haben und Sie haben nichts damit zu tun, dann lassen wir Sie endlich in Ruhe - also haben Sie auch was davon. Sagen Sie mir einfach, was passiert ist, und ich werde über alles hinwegsehen, was nicht so wichtig ist, wie zum Beispiel, dass Sie sie bedroht haben. Okay?«
Kenan sah zuerst ihn an und dann Antonio, der zum Glück ein halbwegs gutmütiges Gesicht machte.
»Fangen Sie mit dem Hund an«, sagte Matt.
»Sie hatte ihn hier in der Wohnung, als ich von der Arbeit heimkam. Sie hat öfter streunende Hunde mit nach Hause gebracht, und ich hatte die Nase voll davon. Ich sagte ihr jedenfalls, dass wir ihn nicht behalten können. Dann ging ich in die Küche, um mir was zu essen zu holen. Ich wollte mir ein Wurstbrot machen, aber die Wurst war weg. Ich wusste sofort, dass sie den verdammten Hund damit gefüttert hatte. Ich habe sie darauf angesprochen, aber sie lief einfach weg.«
»Hat sie den Hund mitgenommen?«
»Ja, sie hat ihn getragen.«
»Und was ist mit der Handtasche?«
»Ja, die hat sie bestimmt auch mitgenommen. Sie hat immer den Autoschlüssel da drin gehabt. Sie lief auf den Parkplatz hinaus und fuhr mit dem Wagen weg.«
»Moment mal, etwas langsamer. Sie ist also mit dem Hund und ihrer Tasche aus der Wohnung gelaufen, und Sie sind bis zum Parkplatz hinter ihr hergelaufen - ist das richtig?«
Kenan schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte.
»Wir haben Ihnen doch schon beim letzten Mal gesagt, dass wir es wissen«, warf Antonio mit finsterer Miene ein.
»Okay«, sagte Kenan und leckte sich nervös über die Lippen. »Ich bin bis zum Parkplatz hinter ihr hergelaufen. Ich war wütend auf sie, okay? Aber ich habe ihr nichts getan. Ich habe sie gar nicht erwischt. Sie ist in den Wagen gesprungen und an mir vorbeigedonnert. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Das schwöre ich.«
»Hatte sie den Hund bei sich im Wagen?«
»Ja. Ich habe den dummen kleinen Köter auf dem Beifahrersitz gesehen.«
Ja. Volltreffer. Der Hund war also im Wagen. Das hieß, der Hund war wahrscheinlich bei Marsha, als sie getötet wurde. Der Hund war im Beadle Mansion, als Carly dort ankam. Der Hund hatte auch die Handtasche gefunden.
Der Hund war der Schlüssel zu dem Ganzen.
»Hatte Marsha irgendwelche Feinde? Ich meine, gab es vielleicht jemanden, der ihr etwas hätte antun wollen?«
»Das haben Sie mich schon einmal gefragt - und ich habe Ihnen die Antwort schon gegeben. Nein. Nicht dass ich wüsste.« Kenan klang nun ziemlich gereizt. Er trat ans Fenster und warf dabei einen verstohlenen Blick auf seine Uhr. »Könnten Sie sich vielleicht ein bisschen beeilen? Ich habe noch einiges zu erledigen.«
»Sie können uns das alles hier erzählen - wir können Sie aber auch mitnehmen«, warf Antonio ein.
Kenan warf ihm einen verärgerten Blick zu.
»Wir sind sowieso fast fertig«, sagte Matt in seiner Rolle als guter Polizist. »Können Sie mir noch ein paar Worte über Marshas Herkunft sagen? Ich habe versucht, mit ihrer Schwester und ihren Exmännern in
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