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Vergebliche Suche nach Gaby

Vergebliche Suche nach Gaby

Titel: Vergebliche Suche nach Gaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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er seine Sachen bestimmt nicht zurückgelassen.
Aber ich sehe nicht, wie wir helfen können. Ist auch nicht unsere Entscheidung.
Wir fliegen zur Noah-Straße zurück und liefern die Sachen bei Glockner ab.“
Damit war Egon Leberles Schicksal vorerst entschieden. In dieser Nacht drang
die Hundertschaft nicht bis hierher vor. Wegen Dunkelheit und unwegsamem
Gelände hätte eine Suche auch keine Aussicht gehabt, zumal man davon ausgehen
musste, dass der Mann geflohen und in Sicherheit war — jedenfalls in Sicherheit
vor den Bären, nicht vor dem Gesetz.
    Egon Leberle, der nur zweimal
für kurze Augenblicke das Bewusstsein wieder erlangte, verbrachte also eine
ungesunde Nacht im Wald. Bei Tagesanbruch wurde er von einem Jogger, der auf
Marathon trainierte, zufällig entdeckt. Der Läufer verständigte die Ambulanz
und der unterkühlte Wilddieb wurde ins Krankenhaus eingeliefert.

15. Gaby im
Verlies
     
    Nicht zum ersten Mal war Gaby
in einer schrecklichen Lage, nicht zum ersten Mal bestand aller Grund vor Angst
zu erstarren. Trotzdem ist Gefahr immer wieder neu — und von Gewöhnung daran
konnte bei Tims Freundin keine Rede sein. Gaby hatte Angst und spürte, dass
ihre Verschleppung erst der Anfang war von einem perfiden, einem
niederträchtigen Plan.
    Bruno Otterfreund — oder —
feind — hatte sie überwältigt. Aus begreiflichem Grund. Aber wer war der
andere? Wohin hatte man sie gebracht? Was stand ihr bevor?
    In dem Kellerverlies nahm sie
ihre Augenbinde ab. Die war sehr eng gewesen und fest. Die Lider schmerzten.
Auch der Druck auf die Nasenwurzel war unangenehm.
    Gaby rieb vorsichtig ihr
Gesicht, bevor sie die Augen öffnete.
    Der Raum war stockdunkel. Nicht
mal die sprichwörtliche Hand vor Augen konnte sie sehen.
    Sie tastete umher. Ihre Finger
berührten Mauern. Die Oberfläche war uneben, gekalkt. Daran ließ sich kratzen.
Also ein Kellerraum.
    Sie fand die verriegelte Tür,
aber kein Fenster. Sie fand einen Lichtschalter. Aber kein Licht flammte auf,
als sie ihn betätigte. Die Decke ließ sich nicht erreichen — auch wenn sie sich
noch so sehr streckte. Nicht mal beim Hüpfen. Vermutlich war die Lampe defekt
oder gar nicht mehr vorhanden.
    Ein lichtloses Gefängnis,
dachte sie. Ich soll nichts sehen. Was soll ich nicht sehen?
    In der Ecke stand eine
Holzpritsche. Darauf lag eine Decke. Neben der Pritsche stieß Gaby auf einen
Hocker.
    Alle suchen nach mir, dachte
sie. Viel Zeit ist vergangen. Aber was werden Papi und Tim und die andern
denken? Bären sind los. Zunächst wird man glauben, die hätten mich verschleppt.
Und dann? Wer hat den richtigen Einfall?
    Ich muss mir selbst helfen,
dachte sie. Schlimmer kann’s nicht mehr werden.
    Sie untersuchte den Hocker. Er
war stabil, aber alt. Die verleimten Teile gaben nach, wenn man kräftig daran
rüttelte.
    Gaby bemühte sich sehr und
schließlich gelang es ihr eines der vier Beine abzulösen ein etwas 40
Zentimeter langes Stück Holz, handgelenk-dick. Als Keule nicht schlecht. Gaby
würde sie mit beiden Händen schwingen.
    Hoffentlich, fragte sie sich,
kann ich dann auch zuschlagen? Ich muss. Es ist Gewalt. Es ist roh. Aber ich
muss es tun, wenn ich dazu komme. Notwehr entschuldigt. Und die
Verhältnismäßigkeit der Mittel...? Ja, was denn? Ich dürfte sogar schießen,
wenn ich eine Waffe hätte. Ins Knie oder in den Arm. Könnte ich das?
    Sie tastete sich zur Tür,
stellte sich daneben an die Wand und wartete. Würde der Mann kommen — der Kerl,
der erst seine Stimme verstellt sich dann aber zu normalem Tonfall entschlossen
hatte, was ein schlechtes Zeichen war.

    Weil er glaubt, dass er von mir
nichts zu befürchten hat, überlegte sie. Von mir als Zeugin. Also soll ich ewig
hier bleiben. Oder? Vielleicht kommt er und bringt mir Essen und zum Trinken?
Vielleicht kann ich ihn dann niederschlagen. Himmel, eine Geburtstagsparty
hätte es werden sollen bei Claudia. Mit Gegrilltem und Limo und Coke und
Fruchtcreme zum Naschen. Arme Claudia! Ihr Tag ist verdorben. Aber ich bin noch
schlechter dran.
    Sie dachte an ihre Eltern. Und
an Tim. Der würde keine ruhige Sekunde mehr haben, sondern suchen, suchen, suchen.
Bestand für ihn, für ihren Papi, für die Polizei eine Chance?
    Sie lehnte sich an die Wand,
war sehr durstig und kämpfte an gegen Tränen. Die Keule in den Händen schien
Zentner zu wiegen.

16. Nuballas
Adresse
     
    Er fährt wie der Teufel, dachte
Tim — und merkte, dass er vergessen hatte sich anzugurten. Er holte es nach.
Denn Kommissar

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