Vergebliche Suche nach Gaby
nirgendwo entlang der Eckhofer
Allee — nicht völlig dunkel war, fühlte er sich einen Moment wie blind. Erst
als er in seiner rostigen Klapperkiste saß, war er wieder bei Auge.
Er fuhr ab.
Fünfzehn Meter entfernt sagte
Karl ins Handy: „Der Verdächtige fährt Richtung Peisenstraße. Es handelt sich
um einen fünftürigen Fiat Ritmo Super 75, Modell 1984. Ursprünglich silbergrau,
jetzt überwiegend rostig. Mit dem hiesigen Kennzeichen... ZH 333.
„Verstanden“, erwiderte Tim.
14. Anuschka
greift an
Kurz bevor Margot den Anruf von
Karl und Klößchen erhielt, hatte sich die Diskussion zugespitzt — nämlich an
der Frage: Wie konnte das passieren mit der Bären-Befreiung?
„...äh“, meinte Solthoff, „zwei
Sicherheitsschlösser an den äußeren Türen wurden aufgehebelt. Ja, das stimmt.
Ihre Information ist richtig, Herr Glockner.“
„Aber es gibt noch eine dritte
Tür. Ganz innen.“
Gabys Vater hatte diese Details
von einem Kollegen erfahren, der vor Ort — nämlich am Bärengehege — ermittelte.
„Das stimmt. Die innere Tür.“
„Die wurde aber nicht
aufgebrochen.“
Solthoff schwitzte und nickte.
„Nein, die nicht.“
„Sondern per Schlüssel
geöffnet?“
„Äh... es sieht so aus. Aber es
ist auch möglich, dass die... also, dass die gar nicht abgeschlossen war.“
Tim murmelte: „Ich glaub’s
nicht.“
Solthoff blickte verunsichert.
„Das hieße dann“, schnappte
Vera, „Sie hätten sehr wohl die Sicherheit vernachlässigt.“
„Ich bitte Sie!“, gab Solthoff
zurück. „Zwei Türen, die äußeren, waren fest verschlossen. Ohne die
Gewaltanwendung hätten die Bären nie entkommen können.“
„Wozu ist denn dann die dritte
Tür da?“
„Sie ist nötig, wenn gefüttert
wird.“
„Trotzdem können wir fest
halten“, schaltete sich Tim ein, „dass Ihre pauschale Beschuldigung gegen unbekannte
militante Tierschützer nicht haltbar ist. Vielmehr deuten die Umstände darauf
hin, dass jemand vom Zoo-Personal seine Hand im Spiel hat.“
Glockner nickte.
Solthoff setzte zu einer
Erwiderung an. Aber in diesem Moment wurde Tim von Margot ans Telefon gerufen
bzw. ihm das Handy übergeben.
Karl berichtete von dem
bulligen Typ mit dem Alt-Fiat. Dass Tims Freunde dem Wagen per Bike nicht
folgen konnten, war klar. Sie würden den Anschluss verlieren. Immerhin war das
Kfz-Zeichen bekannt. Und die vermutliche Fahrtrichtung bot eine Chance, denn
die Peisenstraße zieht sich geradezu endlos stadteinwärts, ist eine der
Tangenten, die mehrere Stadtteile durchquert und auch nach den Kreuzungen mit
anderen bedeutenden Verkehrsadern ihren Namen behält.
Tim trat zu Kommissar
Schnitzbacher. Der verfolgte den Hickhack um Türen und Sicherheit, stand aber
etwas abseits. Mit dem räumlichen Abstand zeigte er an, dass er nicht willens
war sich an der Diskussion zu beteiligen. Doch Tim wusste, dass er Tierfreund
ist und insgeheim sogar mit militanten Befreiern sympathisiert.
„Herr Schnitzbacher, Karl und
Klößchen haben eine heiße Spur — einen Typ, der eben bei Siegfried Otterfeint
war und verdammt verdächtig erscheint. Wenn Sie mich im Wagen mitnehmen,
könnten wir ihn vielleicht abfangen und feststellen, wer’s ist und was er bei
dem Tierverwerter wollte und ob’s was mit Gaby zu tun hat.“
Schnitzbacher überlegte keine
Sekunde. „Gut! Dann los! Du weißt, wohin?“
„Wenn wir Glück haben, kommt er
uns auf der Peisenstraße entgegen.“
Kommissar Glockner, aufmerksam
geworden, kam zu ihnen und wurde von Tim rasch informiert.
„Wenn ihr ihn nicht findet“,
meinte er, „müssen wir das Kennzeichen abfragen. ZH 333? Gut. Aber in der Kfz-Zulassungsstelle
ist am Samstagabend niemand. Und wahrscheinlich haben wir den Fiat nicht in
unserer Datei. Die schnellste Möglichkeit wäre also der direkte Kontakt.“
Dann saßen Tim und
Schnitzbacher in dem schwarzen Audi. Der Kommissar hatte den Magnet-Blaulichtsockel
aufs Dach gesetzt — und ab ging die Post.
*
Die Forststraße nahm kein Ende.
Jedenfalls kam es Egon Leberle so vor. Seine Nerven waren angespannt. Bei dem
Sturz vom Hochsitz hatte er offenbar seine Kaltblütigkeit eingebüßt. Jetzt
schauderte ihm. Die nächtlichen Geräusche im Wald hatten plötzlich eine andere
Qualität erlangt, waren bedrohlich und verhießen nichts Gutes.
Der Wilddieb hastete und hielt
sein Gewehr so ungeschickt wie noch nie.
Nach einer Weile begann er zu
schwitzen. Die Jacke wurde ihm lästig. Er blieb stehen. Über der
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