Vergebliche Suche nach Gaby
Wohnung hat der?“
„Die über uns. Nr. 15.“
„Ist er verheiratet? Hat er ‘ne
Freundin?“
„Na, die möchte ich sehen. Der Typ
sieht doch aus, als schläft er bei den Bären. Und riecht auch so. Wenn der
gerade im Lift war, gehe ich lieber die drei Treppen zu Fuß.“
„Ist ohnehin gesünder, Nadine.
Und macht schlank. Wie dein Apfelsaft. Danke für die Auskunft. Ich weiß noch
nicht, was ich machen werde.“
Sie gingen zusammen hinunter.
Nadine verschwand im Keller. Tim kehrte zum Audi zurück. Schnitzbacher hörte
Radio, ein Nachtprogramm vom hiesigen Sender. Es bestand aus ca. 50 Minuten
Musik, sechs Minuten Verkehrsmeldungen und vier Minuten Nachrichten. Manchmal
redete der Typ, der durch die Sendung begleitete auch irgendwelchen Stuss auf
die Anfänge der schönsten Popmusik und der schnulzigsten Schlager.
„Nun?“
Tim berichtete.
„Donnerwetter!“, meinte der
Kommissar. „Das könnte ein Volltreffer sein.“
„Das ist ein
Volltreffer, Herr Schnitzbacher. Darauf wette ich. Nuballa hat die Bären
rausgelassen. Und war bei Siegfried Otterfeint, der wiederum als Verwerter von Tierkadavern
üble Geschäfte betreibt. Da besteht ein Zusammenhang. Wenn ich meine Fantasie
bemühe, sieht das so aus: Nuballa befreit die Bären — aber nicht aus Tierliebe,
sondern damit sie getötet und verwertet werden — also in Otterfeints Auftrag.
Nuballa war vorhin bei Bruno. Vielleicht wollten sie durchs Fenster beobachten,
wohin sich die Grislis wenden. Dann passiert es. Gaby stürmt Schutz suchend zu
ihnen hinein und hört, wie die beiden über die Schändlichkeit reden. Damit
beginnt Gabys Katastrophe. Dass Nuballa meine Freundin in seine Wohnung
verschleppt hat, glaube ich zwar nicht — denn das würde auffallen — , aber der
Kerl weiß Bescheid. Über ihr Schicksal und über das Gefängnis, in dem sie jetzt
ist. Die beiden Otterfeints und er stecken unter einer Decke.“
„Hört sich logisch an, Tim.“ Er
griff zu seinem Sprechfunkgerät. „Ich rufe deinen Wunsch-Schwiegervater an.“
Tim hörte zu, wie sich die
beiden Kommissare fernmündlich unterhielten. Es lief hinaus auf das, was er
sich erhofft hatte.
Schnitzbacher legte auf. „Der
Kollege Glockner ruft im Präsidium an. Damit sofort ein Durchsuchungsbefehl
ausgestellt wird — für Nuballas Wohnung. Vielleicht finden wir was. Einen
Hinweis! Auf Siegfried Otterfeint! Damit wir legitimiert sind uns auch bei dem
umzusehen. Ich denke an Geld, an eine schriftliche Vereinbarung oder wenigstens
daran, dass Nuballa Schiss kriegt und aussagt.“
„Super! Wird der
Durchsuchungsbefehl hergebracht?“
„Nee. Den muss ich abholen. Es
ist Samstagnacht. Im Präsidium ist keiner zu viel.“
„Schlimm, schlimm!“
„Kommst du mit?“
„Nö. Ich bleib lieber hier.
Aufpassen. Können Sie mir Ihr Handy leihen?“
Schnitzbacher gab es ihm, hatte
seinen prüfenden Blick mit etwas Misstrauen angereichert, sagte aber nichts,
sondern schloss das Fenster und fuhr ab.
17.
Erpressung ohne Erfolg
Karl meldete sich sofort und
wurde von Tim informiert. Sie vereinbarten, dass Klößchen zur Nuballa-Adresse
kommen sollte — die Entfernung war mit dem Bike rasch zu bewältigen Karl aber
weiterhin observieren würde in der Eckhofer Allee.
Tim wartete also, ging vor dem
Haus auf und ab, hatte das Leih-Handy in die Brusttasche gesteckt und dachte an
Gaby. Das Denken genügte. Ihm wurde flau im Magen vor Angst. Was hatten diese
Verbrecher ihr angetan, wohin sie entführt? Eigentlich gab’s jetzt keinen
Zweifel mehr. Tim war überzeugt: Die beiden Bären waren — was Gaby betraf —
unschuldig wie frisch geborene Lämmlein auf der Weide. Hatten allenfalls Panik
ausgelöst durch ihren Anblick. Aber angetan hatten sie Pfote nichts. Nein, sie
war kein Opfer der Raubtiere geworden.
Tim trat zu dem Fiat und äugte
hinein. Laternenlicht beschien den Inhalt. Der Fahrersitz war durchgesessen wie
ein Fernsehsessel von 1890. Auf dem Beifahrersitz lagen leere Bierdosen, auf
der Fußmatte Zigarettenstummel. Bierdosen auch im Fond und bunt bedruckte
Pappbehältnisse, die Fastfood enthalten hatten: Pommes, fetttriefend, mit
Ketchup; gegrillte Hähnchen — man sah’s an den abgenagten Knochen; und
Krautsalat, dessen Reste vermutlich schimmelten. Nuballa benutzte seine Rostlaube
nicht nur zum Fahren, sondern auch als Mülltonne. Zweifellos: Der Typ hatte
Stil. Und den zog er durch. Bin gespannt, dachte Tim, wie’s in seiner Behausung
aussieht. Wahrscheinlich kriegt
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