Vergebung
nickte.
»An der Sache, um die ich Sie bitten will, ist nichts Ungesetzliches, aber sie ist ungewöhnlich. Die Arbeit selbst wird ab jetzt ein paar Wochen dauern, und Sie müssen sie jeden Tag erledigen. Aber dafür kostet sie Sie nur knapp eine Minute pro Tag. Ich bin bereit, Ihnen dafür 1 000 Kronen pro Woche zu zahlen. Das Geld bekommen Sie von mir bar auf die Hand, und ich werde dem Finanzamt nichts davon sagen.«
»Verstehe. Was soll ich für Sie tun?«
»Sie arbeiten doch als Reinigungskraft im Sahlgrenska-Krankenhaus …«
Idris Ghidi nickte.
»Eine Ihrer Aufgaben besteht darin, jeden Tag - oder sechs Tage die Woche, wenn ich das richtig verstanden habe - den Korridor 11C zu reinigen, also die Intensivstation.«
Idris Ghidi nickte wieder.
»Ich möchte, dass Sie Folgendes tun.«
Mikael Blomkvist beugte sich vor und erklärte ihm sein Anliegen.
Nachdenklich musterte Staatsanwalt Richard Ekström seinen Besucher. Es war jetzt das dritte Mal, dass er Kommissar Georg Nyström begegnete. Sein von Falten durchzogenes Gesicht war von grauen Haaren umrahmt. Zum ersten Mal war Nyström in den Tagen nach dem Mord an Zalatschenko bei ihm gewesen. Er hatte seinen Ausweis vorgezeigt, der bestätigte, dass er für die RPF/Sich arbeitete. Sie hatten sich lange und gedämpft unterhalten.
»Sie müssen begreifen, dass ich in keiner Weise versuche, Ihre Entscheidungen oder Ihr Vorgehen in dieser Sache zu beeinflussen«, sagte Nyström.
Ekström nickte.
»Ich muss auch nochmals unterstreichen, dass Sie mit den Informationen, die ich Ihnen hier gebe, unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gehen dürfen.«
»Verstehe schon«, versicherte Ekström.
In Wahrheit musste Ekström sich eingestehen, dass er überhaupt nichts verstand, aber er wollte nicht dastehen wie der letzte Idiot, indem er zu viele Fragen stellte. Er hatte begriffen, dass Zalatschenko eine Angelegenheit war, die man mit allergrößter Vorsicht handhaben musste. Er hatte auch begriffen, dass Nyströms Besuch inoffizieller Natur war, wenngleich er dabei Rückhalt in den höchsten Rängen der Sicherheitspolizei hatte.
»Es geht hier um Menschenleben«, erklärte Nyström schon bei ihrem ersten Treffen. »Vonseiten der Sicherheitspolizei gilt alles, was mit der Wahrheit über die Zalatschenko-Affäre zu tun hat, als streng geheim. Ich kann Ihnen bestätigen, dass er ein übergelaufener Agent der sowjetischen Militärspionage und in den 70er-Jahren eine der Schlüsselfiguren des Kalten Krieges war.«
»Aha … das behauptet ja auch Mikael Blomkvist.«
»Und in dieser Hinsicht hat Blomkvist völlig recht. Er ist Journalist und über eines der größten Staatsgeheimnisse gestolpert.«
»Er wird seine Story veröffentlichen.«
»Natürlich. Wir leben in einer Demokratie und können keinen Einfluss darauf nehmen, was die Medien schreiben. Der Nachteil liegt in diesem Fall freilich darin, dass Blomkvist nur ein Bruchteil der Wahrheit über Zalatschenko bekannt ist, und vieles von dem, was er zu wissen glaubt, ist falsch.«
»Verstehe.«
»Blomkvist weiß beispielsweise nicht, dass unsere Informanten und Quellen in Russland enttarnt werden könnten, sobald die Wahrheit über Zalatschenko ans Licht kommt. Das würde bedeuten, dass Menschen, die ihr Leben für unsere Demokratie riskiert haben, Gefahr laufen, getötet zu werden.«
»Aber ist Russland nicht mittlerweile auch eine Demokratie? Ich meine, wenn das alles noch in der kommunistischen Ära passiert wäre …«
»Das sind doch alles Illusionen. Es geht um Menschen, die sich der Spionage gegen Russland schuldig gemacht haben - und so etwas würde keine Regierung der Welt akzeptieren, auch wenn es schon Jahre zurückliegt. Und einige dieser Leute sind heute noch aktiv …«
Solche Agenten existierten zwar gar nicht, aber das konnte Staatsanwalt Ekström ja nicht wissen. Er musste Nyström einfach glauben. Und fühlte sich natürlich geschmeichelt, zum inoffiziellen Mitwisser der geheimsten Informationen gemacht zu werden, die es in Schweden gab. Obwohl es ihn überraschte, dass die schwedische Sicherheitspolizei die russische Landesverteidigung so leicht hatte infiltrieren können, wie Nyström hier andeutete, verstand er doch, dass diese Information um keinen Preis nach außen dringen durfte.
»Als ich den Auftrag erhielt, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, waren Sie schon genau überprüft worden«, erklärte Nyström.
Wenn man einen Menschen verführen wollte, musste man seine
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