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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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nach sich ziehen.«
    Clinton und Nyström wechselten einen Blick. Sandberg war ein Naturtalent in puncto Vernebelungstaktik. Er lernte schnell. Clinton und Nyström zögerten einen Moment, weil Sandberg gar so unbekümmert über Leben und Tod entschied. Das war nicht gut. Eine so extreme Maßnahme wie ein Mord war nichts, was man übers Knie brach, nur weil einem gerade nichts anderes einfiel. Es war keine Patentlösung, sondern eine Maßnahme, zu der man nur greifen durfte, wenn es keine anderen Alternativen mehr gab.
    Clinton schüttelte den Kopf.
    Kollateralschaden , dachte er. Plötzlich widerte ihn die ganze Unternehmung an.
    Nach einem Leben im Dienst des Königreiches sitzen wir jetzt hier wie brutale Killer.
    Zalatschenko war notwendig gewesen. Björck war … bedauerlich, aber Gullberg hatte recht. Blomkvist ist … vermutlich auch notwendig. Doch Erika Berger war nichts als ein unschuldiger Zaungast.
    Er warf einen Blick auf Sandberg. Er hoffte, dass sich der junge Mann nicht zum Psychopathen auswachsen würde.
    »Wie viel wissen die Brüder Nikolić?«
    »Nichts. Also, über uns wissen sie nichts. Ich bin der Einzige, den sie treffen. Ich bin mit einer anderen Identität aufgetreten, und sie können mich nicht aufspüren. Sie glauben, dass der Mord irgendwie mit Rauschgift zusammenhängt.«
    »Was passiert nach dem Mord mit den Brüdern Nikolić?«
    »Sie verlassen Schweden sofort«, sagte Nyström. »Genau wie bei Björck. Wenn die polizeilichen Ermittlungen zu keinem Ergebnis führen, können sie nach ein paar Wochen vorsichtig zurückkehren.«
    »Und der Plan?«
    »Das sizilianische Modell. Sie gehen einfach zu Blomkvist, leeren ein Magazin und gehen wieder weg.«
    »Was für Waffen?«
    »Sie haben automatische Waffen. Genaueres weiß ich nicht.«
    »Ich hoffe, sie versauen nicht das ganze Lokal.«
    »Keine Sorge. Sie sind eiskalt und wissen, was sie zu tun haben. Aber wenn Berger mit Blomkvist an einem Tisch sitzt …«
    Kollateralschaden .
    »Hört her«, sagte Clinton zum Schluss. »Es ist wichtig, dass Wadensjöö nicht erfährt, dass wir in diese Sache hier verwickelt waren. Besonders wenn auch Erika Berger zu den Opfern gehört. Er ist schon an seiner Belastungsgrenze. Ich befürchte, wenn diese Geschichte vorbei ist, müssen wir ihn pensionieren.«
    Nyström nickte.
    »Das bedeutet, dass wir Theater spielen müssen, wenn wir die Nachricht bekommen, dass Blomkvist ermordet wurde. Wir werden eine Krisensitzung einberufen und uns völlig überrascht von der Entwicklung der Geschehnisse zeigen. Wir werden spekulieren, wer dahinterstecken könnte, aber nichts vom Rauschgift erwähnen, bevor die Polizei das Beweismaterial gefunden hat.«
     
    Mikael Blomkvist trennte sich um kurz vor fünf von seiner Fernsehkollegin. Sie waren den ganzen Nachmittag strittige Punkte in seinem Material durchgegangen, danach war Mikael geschminkt und lange vor der Kamera interviewt worden.
    Bei einer Frage tat er sich allerdings schwer, sie verständlich zu beantworten, und sie hatten mehrere Anläufe gebraucht, bis die Aufzeichnung im Kasten war.
    Wie kann es sein, dass ein Beamter des schwedischen Staates sich zu einem Mord hinreißen lässt?
    Mikael hatte über diese Frage schon lange nachgegrübelt. Die Sektion musste Zalatschenko als ungeheure Bedrohung angesehen haben, aber das war noch keine zufriedenstellende Antwort. Die Antwort, die er schließlich gab, war jedoch auch nicht viel besser.
    »Die einzige einleuchtende Erklärung, die ich geben kann, ist, dass sich die Sektion im Laufe der Jahre zu einer Sekte im wahrsten Sinne des Wortes entwickelt hat. Man kann durchaus Parallelen ziehen zu den religiös motivierten Morden in Knutby oder zu Priester Jim Jones von People’s Temple mit seinen Massenselbstmorden. Sie haben ihre eigenen Gesetze, in denen Begriffe wie ›richtig‹ und ›falsch‹ nicht mehr relevant sind, und leben völlig isoliert von der übrigen Gesellschaft.«
    »Das klingt ja fast nach einer Art Psychose.«
    »Ja, so könnte man das auch nennen.«
    Er nahm die U-Bahn bis zum Slussen und stellte fest, dass es noch zu früh für »Samirs Kochtopf« war. Er blieb eine Weile auf dem Södermalmstorg stehen. Er war bekümmert, aber gleichzeitig schien das Leben wieder in seiner richtigen Bahn zu verlaufen. Erst seit Erika zu Millennium zurückgekommen war, hatte er begriffen, wie entsetzlich sie ihm gefehlt hatte. Außerdem hatte es keine inneren Konflikte gegeben, als sie das Ruder wieder übernahm

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