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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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»Anna und Ihre Jungen waren vermutlich Halbgeschwister und Anna
Johns Tochter.«
    Jane Mathiesen sah sie an. Dann verzog sich ihr Mund zu einem
breiten Lächeln.
    »Sie war meine Tochter.«
    Die Enthüllung verschlug Rebekka den Atem. Warum war ihr der Gedanke
nicht schon früher gekommen? Die tugendhafte Jane.
    »Anna war der Teufel in Person. Sie wollte mir alles kaputt machen.
Aufdecken, dass ich ihre leibliche Mutter bin. Wir hätten alles verloren,
alles, wofür John und ich gekämpft haben. Das konnte ich nicht zulassen.«
    Jane Mathiesen sprach mit leiser, monotoner Stimme.
    »In den ersten Jahren habe ich nicht gewusst, dass sie meine Tochter
war. Sie selbst übrigens auch nicht. Merkwürdigerweise hatte sie aber immer
etwas an sich, das ich nicht gemocht habe. Es ist schwer zu erklären, aber ich
war in ihrer Gesellschaft immer angespannt. Und dann ist sie plötzlich vor
einem Monat aufgetaucht, als ich allein zu Hause war. Sie hat gesagt, dass sie
mit mir reden wolle, und da hat sie mir erzählt, wer sie war. Ich habe einen
Schock bekommen, ich konnte es nicht glauben. Das Kind hätte doch nie nach
Dänemark kommen sollen. Aber sie hat mir ein Dokument gezeigt, eine Art
Quittung, die sie im Safe ihres Vaters gefunden hat, und da habe ich gewusst,
dass es stimmte. Ich hatte geglaubt, dass Gösta längst tot wäre, er war ja
damals schon alt, doch Anna hat ihn gefunden und ist nach Stockholm gefahren,
um mit ihm zu reden. Unter massivem Druck hat er schließlich meinen Namen
preisgegeben. So war Anna. Sie hat immer ihren Willen durchgesetzt.« Jane
Mathiesens Stimme zitterte vor Wut, winzige Speicheltröpfchen trafen Rebekka im
Gesicht.
    »Sie hat immer wieder gesagt, dass sie alles aufdecken, die Wahrheit
erzählen will. Sie hat es genossen, Macht über mich zu haben. Was sollte ich
tun? Sie hätte unser Leben zerstört, meins und Johns, das Leben der Jungen, der
Gemeinde. Ich musste ihr Einhalt gebieten, ich musste ihr zeigen, dass ich die
Stärkere war.« Ein selbstzufriedener Zug breitete sich um ihren Mund aus.
    »Den Leuten dürfte es wohl gleichgültig gewesen sein, dass Sie Pech
hatten und schwanger geworden sind, Herrgott noch mal, Sie und John waren doch
so jung«, versuchte es Rebekka. Sie musste das Gespräch in Gang halten, Zeit
gewinnen.
    »Sie verstehen das nicht.« Jane Mathiesens Stimme durchschnitt die
Dunkelheit. »Unsere Gemeinde baut auf uns. Die Leute hätten das Vertrauen in
uns verloren, wir wären von unseren eigenen Leuten verstoßen worden. Außerdem …
außerdem hat John nichts gewusst. Er hatte keine Ahnung, dass ich schwanger
war. Sie war nicht sein Kind.« Ihre Stimme klang belegt.
    »Und wer war Annas biologischer Vater?«, fragte Rebekka leise.
    »Ach, so ein junger Franzose. Ich war in den Sommerferien mit meinen
Eltern in Cannes, meine erste Auslandsreise. John und ich hatten eine Pause in
unserer Beziehung eingelegt, das hat mich sehr traurig gemacht. Dann habe ich
in einem Straßencafé diesen Franzosen getroffen, Pascal.« Ihre Stimme wurde
schneidend vor Wut. Rebekka konzentrierte sich auf das, was Jane erzählte,
während das Blut weiter aus ihrer schmerzenden Nase lief.
    »Ich wusste nichts, hatte keinerlei Erfahrung. John und ich haben
uns ja nur geküsst. Wir waren uns einig zu warten, uns das Kostbare aufzuheben,
bis wir verheiratet waren. So bin ich erzogen worden, und dann war ich so eine
Närrin, alles kaputt zu machen. Eines Abends habe ich mich aus dem Hotel
geschlichen, um mich mit Pascal zu treffen. Er hat mich mit Wein abgefüllt,
dass mir ganz schwindelig im Kopf war, und dann sind wir zum Strand
hinuntergegangen. Wir haben im Dunkeln gelegen und uns geküsst und dann … ja,
dann ist es passiert. Eine Dummheit von zwei Minuten. Ich bin nach Hause
gefahren, habe das Ganze verdrängt und bin wieder mit John zusammengekommen.
Ihn habe ich schließlich geliebt. Es sind mehrere Monate vergangen, bis ich
gemerkt habe, dass ich schwanger war, und mir der Katastrophe bewusst geworden
bin.«
    »Warum haben Sie keine Abtreibung vornehmen lassen?«
    »Eine Abtreibung!«
    Jane Mathiesen schrie fast.
    »Nie im Leben hätte ich abtreiben lassen. Nie. Das ist gegen unseren
Glauben.«
    Ihr Mund zog sich kurz zusammen.
    »Außerdem war die Schwangerschaft schon zu weit fortgeschritten, als
ich es gemerkt habe. Ich habe gewusst, dass ich John und meine Eltern verlieren
würde, wenn sie herausfänden, dass ich schwanger war. Sie hätten mir nie
vergeben – niemals. Ich

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