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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Land gibt es nur eine Handvoll Polizisten, die ihre Erfahrung haben und trotzdem noch gern im praktischen Einsatz sind, statt im Büro zu sitzen. Bei der ersten leisen Andeutung im Flurfunk wusste Patterson gleich, dass er keine Chance hatte.«
    »Nicht unbedingt«, warf Tony ein. »Es gibt Vorgesetzte, die Carol als Bedrohung sehen könnten. Die Frau, die zu viel wusste. Sie glauben vielleicht, man würde damit den Bock zum Gärtner machen.«
    Ambrose lachte in sich hinein, es klang wie ein tiefes, unterirdisches Grollen. »Aber hier ist es nicht so. Man hält sich für das Maß aller Dinge. Man schaut rüber zu den lausigen Kerlen in West Midlands und spreizt die Federn wie ein eitler Pfau. Sie würden DCI Jordan als eine Preistaube sehen, die in den heimatlichen Schlag zurückfliegt, wo sie hingehört.«
    »Sehr schön ausgedrückt.« Tony nippte an seinem Bier und genoss das bittere Hopfenaroma. »Aber Ihr DI Patterson sieht das anders?«
    Während Ambrose nach Worten suchte, trank er sein Glas fast leer. Tony war daran gewöhnt zu warten. Es war ein Trick, der bei der Arbeit wie im Privatleben gleichermaßen funktionierte. Schließlich kam er ohne Geduld auch mit seinen Patienten nicht sehr weit. Wenn jemand ein kompetenter klinischer Psychologe sein wollte, konnte er es sich nicht leisten, bei der Suche nach Antworten zu viel Ungeduld zu zeigen.
    »Für ihn ist es nicht leicht«, sagte Ambrose schließlich. »Es ist bitter zu wissen, dass man übergangen wurde, weil man nur der Zweitbeste ist. Also muss er etwas finden, das es für ihn erträglicher macht.«
    »Und was hat er sich ausgedacht?«
    Ambrose senkte den Kopf. Im schwachen Licht der Kneipe war er wegen seiner dunklen Haut nur noch ein Schatten. »Er stänkert herum über die Gründe für ihren Umzug. Zum Beispiel, dass ihr West Mercia scheißegal sei. Dass sie nur Ihnen folgt, weil Sie das große Haus geerbt und sich entschieden haben, von Bradfield wegzuziehen …«
    Carol Jordans Entscheidungen zu verteidigen war nicht seine Aufgabe, doch er konnte sich auch nicht einfach ausschweigen. Wenn er schwieg, würde er damit nur Pattersons trostlose Sicht der Dinge bestätigen. Tony sollte Ambrose zumindest eine Alternative aufzeigen, die er in der Kantine und im Büro vorbringen konnte. »Vielleicht. Aber ich bin nicht der Grund, weshalb sie Bradfield verlässt. Es geht um Bürointrigen, hat nichts mit mir zu tun. Sie hatte einen neuen Chef, und er fand, ihr Team sei zu kostspielig. Sie hatte drei Monate Zeit, um ihm das Gegenteil zu beweisen.« Tony schüttelte betrübt lächelnd den Kopf. »Man kann sich kaum vorstellen, was sie noch zusätzlich hätte tun können. Sie hat einen Serientäter zur Strecke gebracht, zwei alte Mordfälle gelöst und eine Bande von Menschenhändlern hochgenommen, die Kinder ins Land brachten und sie zur Prostitution zwangen.«
    »Das nenne ich doch eine beachtliche Erfolgsrate«, befand Ambrose.
    »Nicht beachtlich genug für James Blake. Die drei Monate sind um, und er hat angekündigt, er werde die Einheit am Ende des Monats auflösen und die Mitglieder irgendwo bei der Kripo unterbringen. Sie hatte schon beschlossen, da nicht mitzuspielen. Deshalb war ihr klar, dass sie Bradfield verlassen wollte. Sie wusste nur noch nicht, wohin sie gehen würde. Dann wurde dieser Job in West Mercia frei, und sie musste nicht einmal den Vermieter wechseln.«
    Ambrose warf ihm einen belustigten Blick zu und leerte sein Glas. »Nehmen Sie noch eins?«
    »Ich hab noch. Aber jetzt bin ich an der Reihe.« Tony erhob Einspruch, als Ambrose trotzdem zur Theke ging. Er bemerkte, wie die junge Kellnerin das ungleiche Paar stirnrunzelnd musterte.
    Ambrose und er, das war weiß Gott eine seltsame Kombination. Ein dunkelhäutiger stämmiger Mann mit rasiertem Kopf und einem Gesicht wie ein Schwergewichtsboxer, mit locker herunterhängender Krawatte und einem schwarzen Anzug, der eng über kräftigen Muskeln saß. Ambrose’ beachtliche Ausstrahlung passte zu der Vorstellung, die die meisten Leute von einem ernstzunehmenden Bodyguard hatten. Er selbst dagegen, so vermutete Tony, sah nicht so aus, als könne er sich selbst beschützen, von anderen gar nicht erst zu reden. Er war mittelgroß, eher feingliedrig gebaut, dabei drahtiger, als man denken würde, da seine hauptsächliche körperliche Ertüchtigung darin bestand, dass er Rayman’s Raving Rabbids auf seiner Wii spielte. Er trug eine Lederjacke, Sweatshirt mit Kapuze und schwarze Jeans. Im

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