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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gern umbringen. Aber das wäre zu gut für Sie. Sie werden zahlen für das, was Sie diesem Mädchen und seiner Familie angetan haben. Und Sie gleich hier abzuknallen, würde nicht mal die Zinsen für siebzehn Jahre abdecken.«
    Grob stieß Bosch ihn in Richtung Ausgang. Sie traten gerade in dem Moment in den Vorgarten hinaus, als ein Streifenwagen vor dem Haus anhielt und die Sirene ausschaltete. An dem stromlinienförmigen Lichtbalken über dem Dach konnte Bosch erkennen, dass es einer der neuen Wagen mit modernstem Equipment war, von denen er schon öfter gehört hatte. Die Polizei konnte sich in jedem Haushaltsabschnitt nur ein paar von ihnen leisten.
    Der Wagen brachte Bosch auf eine Idee. Er hob die Hand und kreiste zum Zeichen, dass alles klar war, mit dem Finger in der Luft.
    Als er Stoddard zu dem Polizeiauto führte, sah er Muriel Lost mitten auf der Straße auf ihr Haus zugehen. Sie starrte Stoddard an. Ihr Mund war weit offen, wie in einem stummen Entsetzensschrei. Sie begann, auf sie zuzulaufen.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    41
    Auf der Fahrt zur Devonshire Division saß Bosch mit Stoddard auf dem Rücksitz des Streifenwagens. Rider war bei Muriel Lost in ihrem Haus geblieben, um sie zu beruhigen und sich von den Rettungssanitätern untersuchen zu lassen. Wenn sie ihr grünes Licht gäben, würde sie später mit Boschs Auto zur Polizeistation fahren.
    Die Fahrt zur Devonshire Division würde etwa zehn Minuten dauern. Bosch musste sich beeilen, wenn er Stoddard zum Reden bringen wollte. Als Erstes las er dem Schulleiter seine Rechte vor. Als Stoddard sich in Rebecca Losts Zimmer verschanzt hatte, hatte er ein paar Geständnisse gemacht, aber ob sie sich vor Gericht verwenden ließen, war fraglich, weil sie nicht aufgezeichnet worden waren und Stoddard noch nicht auf seine Rechte aufmerksam gemacht worden war, zu denen auch das Recht auf Aussageverweigerung gehörte.
    Nachdem er von einer Visitenkarte, die er sich schon früher von Rider ausgeliehen hatte, den Miranda-Wortlaut abgelesen hatte, fragte Bosch einfach: »Und wollen Sie jetzt mit mir reden?«
    Weil seine Hände noch auf den Rücken gefesselt waren, saß Stoddard weit nach vorn gebeugt da. Sein Kinn war fast auf seiner Brust.
    »Was gibt es da zu sagen?«, entgegnete er.
    »Keine Ahnung. Ich meine, Sie brauchen nicht zu reden. Wir haben Sie. Handlungen und Beweise – wir haben alles, was wir brauchen. Ich dachte nur, Sie möchten vielleicht etwas erklären, mehr nicht. An einem Punkt wie diesem möchten normalerweise viele Leute Verschiedenes erklären.«
    Zunächst antwortete Stoddard nicht. Das Auto fuhr auf dem Devonshire Boulevard nach Westen. Bis zur Polizeistation waren es noch ein paar Kilometer. Kurz zuvor, als er noch neben dem Auto gestanden und mit den zwei Streifenpolizisten gesprochen hatte, hatte Bosch dem Fahrer gesagt, er solle sich Zeit lassen.
    »Schon komisch«, sagte Stoddard schließlich.
    »Was?«
    »Ich bin Lehrer für Naturwissenschaften, wissen Sie? Das heißt, bevor ich Schulleiter wurde, habe ich Naturwissenschaften unterrichtet.«
    »Mhm-hmh.«
    »Und ich nahm mit meinen Schülern die DNS durch. Ich sagte ihnen immer wieder, dass sie das Geheimnis des Lebens birgt. Wenn ihr die DNS entschlüsselt, entschlüsselt ihr das Leben.«
    »Mhm-hmh.«
    »Und jetzt … jetzt dient sie Ihnen dazu, den Tod zu entschlüsseln. Sie birgt das Geheimnis des Lebens. Sie birgt das Geheimnis des Todes. Ich weiß nicht. Wahrscheinlich ist das gar nicht komisch. In meinem Fall ist es eher Ironie des Schicksals.«
    »Wenn Sie meinen.«
    »Jemand, der DNS durchgenommen hat, wird wegen DNS fest genommen.«
    Stoddard begann zu lachen.
    »Ist doch eine klasse Schlagzeile«, fuhr er fort. »Vergessen Sie auf keinen Fall, ihnen das zu sagen.«
    Bosch öffnete mit einem Schlüssel Stoddards Handschellen. Dann legte er sie ihm vor dem Körper wieder an, sodass er aufrecht sitzen konnte.
    »Vorhin im Haus haben Sie gesagt, Sie hätten sie geliebt«, sagte Bosch.
    Stoddard nickte.
    »Ja. Ich liebe sie immer noch.«
    »Eine komische Art, es zu zeigen, finden Sie nicht?«
    »So war es ja auch nicht geplant. Nichts an diesem Abend war so geplant. Ich hatte sie beobachtet, mehr nicht. Wenn es irgendwie ging, habe ich sie immer beobachtet. Ich fuhr ständig am Haus vorbei. Ich folgte ihr, wenn sie mit dem Auto irgendwohin fuhr. Auch in der Schule habe ich sie beobachtet.«
    »Und Sie hatten die ganze Zeit die Pistole bei sich.«
    »Nein, die

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