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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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das hier mal hinter uns bringen. Und hinterher reden wir mit Pratt.«
    Sie machten gleichzeitig die Türen auf und stiegen aus. Als Bosch um den Geländewagen herumkam, spürte er, wie sie ihn ansah, ihn musterte.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Da ist doch noch etwas.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn du diese kleine Falte an der linken Augenbraue kriegst, weiß ich, dass da noch was im Busch ist.«
    »Meine Ex-Frau hat immer gesagt, ich gäbe einen schlechten Pokerspieler ab. Zu viele verräterische Zeichen.«
    »Und, was beschäftigt dich so?«
    »Das weiß ich noch nicht. Irgendwas mit dem Zimmer.«
    »Meinst du, im Haus? Beckys Zimmer? Findest du es gruselig, dass sie es nicht verändert hat?«
    »Nein, dass sie es so erhalten will, finde ich völlig okay. Aber ich komme noch dahinter. Es ist irgendetwas anderes. Etwas, was nicht stimmt, was anders ist als zuvor. Ich finde es schon noch heraus, und wenn ich es herausgefunden habe, sage ich dir Bescheid.«
    »Okay, Harry. Darin bist du ja gut.«
    Sie gingen durch die Glastür in die Panorama View Suites. Zehn Minuten später hatten sie bestätigt bekommen, was sie schon beim Hineingehen gewusst hatten: Mackey war ausgezogen, sobald seine Bewährungsfrist abgelaufen war.
    Wie zu erwarten, hatte er keine neue Adresse hinterlassen.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    14
    Abel Pratt saß an seinem Schreibtisch und aß aus einem Plastikbecher eine Mischung aus Joghurt und Cornflakes. Die schmatzenden und knackenden Geräusche, die er beim Essen machte, gingen Bosch auf die Nerven. Sie saßen bereits zwanzig Minuten bei ihm und setzten ihn über die neuesten Fortschritte bei ihren Ermittlungen in Kenntnis.
    »Mist, ich bin immer noch nicht satt«, sagte Pratt nach dem letzten Löffel.
    »Was ist das eigentlich, was Sie da essen?«, fragte Rider. »Die South-Beach-Diät?«
    »Nein, habe ich mir selbst ausgedacht. Was ich allerdings dringend nötig hätte, ist eine South-Bureau-Diät.«
    »Tatsächlich? Und was ist eine South-Bureau-Diät?«
    Bosch spürte, wie Rider innerlich verkrampfte. Das South Bureau war für den größten Teil der schwarzen Bevölkerung von Los Angeles zuständig. Für sie stellte sich die Frage, ob das, was Pratt gerade gesagt hatte, eine versteckte rassistische Bemerkung war.
    Bosch hatte beobachtet, dass bei der Polizei die Wir-gegen-sie-Einstellung zum Teil so weit ging, dass weiße Cops im Beisein von schwarzen oder Latino-Kollegen rassistisch gefärbte Bemerkungen fallen ließen, bloß weil sie glaubten, dass bei den unteren Dienstgraden die Farbe Blau die Hautfarbe zweitrangig machte. Rider würde gleich herausfinden, ob Pratt zu dieser Sorte Cops gehörte.
    »Sie können Ihre Antennen ruhig wieder einfahren«, sagte Pratt. »Damit will ich nur sagen, dass ich mir die zehn Jahre, die ich im South Bureau gearbeitet habe, nie wegen meiner Figur Gedanken machen musste. Dort unten ist man ständig auf Achse. Dann kam ich zur RHD und legte in zwei Jahren sieben Kilo zu. Es ist zum Heulen.«
    Rider entspannte sich und Bosch auch.
    »Den Arsch hochkriegen und Klinken putzen«, sagte Bosch. »So lautete in Hollywood die Devise.«
    »Gute Devise«, sagte Pratt. »Nur, dass das nicht so einfach ist, wenn man sich in einer leitenden Position befindet. Ich darf hier rumsitzen und mir anhören, wie Sie durch die Gegend rennen und Klinken putzen.«
    »Dafür kriegen Sie ja auch ein dickes Gehalt«, sagte Rider.
    »O ja.«
    Das war ein Witz, weil Pratt als Vorgesetzter im Gegensatz zu seinen Leuten keine Überstunden machen konnte, weshalb einige seiner Detectives mehr verdienten als er, auch wenn er der Leiter der Einheit war.
    Pratt drehte sich mit seinem Schreibtischsessel zur Seite und öffnete eine Kühlbox, die neben ihm auf dem Boden stand. Er nahm einen weiteren Joghurtbecher heraus.
    »Scheiß drauf«, sagte er, als er sich wieder aufrichtete und den Deckel öffnete.
    Diesmal gab er keine Cornflakes dazu. Bosch musste sich deshalb nur mit dem Schmatzen abfinden, als er anfing, sich die weiße Pampe in den Mund zu löffeln.
    »Okay, aber jetzt zurück zum Thema«, sagte Pratt mit vollem Mund. »Sie sagen also, dass Sie bisher zwar die Tatwaffe mit diesem Mackey in Verbindung bringen können. Er hat diese Waffe abgefeuert. Aber Sie haben noch nichts, was ihn mit dem Opfer in Verbindung bringt, und deshalb können Sie ihn auch nicht mit dem Todesschuss in Verbindung bringen.«
    »Das und verschiedenes anderes«, sagte Rider.
    »Wenn ich also

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