Vergessene Stimmen
ihm ein Fehler unterlief. Sie bekämen keine zweite Chance, weshalb sie schon beim ersten Anlauf alles richtig machen mussten. Oder genauer, Rider musste alles richtig machen.
Aber bevor sie das in Angriff nehmen konnten, galt es, noch eine andere Hürde zu überwinden. Sie mussten sich Mackeys verschiedene Telefonnummern beschaffen, ohne dass dieser merkte, dass er zum Gegenstand polizeilicher Ermittlungen geworden war.
Den Anfang machten sie bei Tampa Towing, dem Abschleppdienst, der eine halbseitige Anzeige im Branchenfernsprechbuch geschaltet hatte, in der zwei durchgehend besetzte Telefonnummern angegeben waren. Im Anschluss daran stellten sie mittels eines Anrufs bei der Adressenauskunft fest, dass es auf Mackeys Namen keinen Festnetzanschluss gab. Das hieß, entweder hatte er kein Telefon in seiner Wohnung, oder er wohnte irgendwo, wo das Telefon auf jemand anders angemeldet war. Aber damit konnten sie sich später befassen, sobald sie Mackeys Wohnsitz herausgefunden hatten.
Am schwierigsten war Mackeys Handynummer. Bei der Adressenauskunft hatten sie keine Mobiltelefonnummern. Bei den verschiedenen Mobilfunkanbietern anzufragen konnte Tage, wenn nicht Wochen dauern, weil die meisten die Privatnummer eines Kunden nur gegen Vorlage einer gerichtlichen Anordnung herausgaben. Aus diesem Grund griffen Ermittler auf ein Standardrepertoire bewährter Tricks zurück, wenn sie sich eine bestimmte Nummer beschaffen wollten. Dazu gehörte unter anderem, am Arbeitsplatz eine harmlose Nachricht für die betreffende Person zu hinterlassen, um beim Rückruf ihre Handynummer feststellen zu können. Am beliebtesten war eine Gewinnspielnachricht, die den ersten hundert Rückrufern ein Fernsehgerät oder einen DVD-Player in Aussicht stellte. Dafür war allerdings die Einrichtung eines nichtpolizeilichen Anschlusses erforderlich, und das war nicht selten mit langen Wartezeiten verbunden. Außerdem bestand dabei immer die Gefahr, dass die Zielperson ihre Handynummer verbarg. Rider und Bosch hatten nicht das Gefühl, viel Zeit zu haben. Sie hatten Mackeys Namen in Umlauf gebracht. Jetzt mussten sie rasch auf ihr Ziel zusteuern.
»Nur keine Hektik«, sagte Bosch zu Rider. »Ich habe schon einen Plan.«
»Dann werde ich mich einfach zurücklehnen und dem Meister bei der Arbeit zusehen.«
Weil er wusste, dass Mackey gerade in der Tankstelle Dienst hatte, rief Bosch einfach dort an und sagte, er müsse abgeschleppt werden. Er wurde aufgefordert zu warten, und dann kam eine Stimme aus dem Hörer, die, nahm er an, Mackey gehörte.
»Brauchen Sie einen Abschleppwagen?«
»Entweder das oder ein Starterkabel. Die Kiste springt mir nicht mehr an.«
»Wo stehen Sie?«
»Auf dem Albertson’s-Parkplatz am Topanga Canyon Boulevard, nicht weit vom Devonshire.«
»Wir sind aber auf der anderen Seite drüben in der Tampa Avenue. Da gibt es bestimmt jemanden, für den es näher liegt.«
»Ich weiß, aber ich wohne drüben bei Ihnen in der Gegend. Nicht weit vom Roscoe, hinter dem Krankenhaus.«
»Na dann, meinetwegen. Was haben Sie für einen Wagen?«
Bosch dachte an den Wagen, in dem sie Mackey kurz zuvor gesehen hatten. Er beschloss, sich das zunutze zu machen, um Mackeys letzte Bedenken auszuräumen.
»Einen Zweiundsiebziger Camaro.«
»Restauriert?«
»Dabei bin ich gerade.«
»In zirka fünfzehn Minuten bin ich bei Ihnen.«
»Okay, super. Wie heißen Sie übrigens?«
»Ro.«
»Ro?«
»Das ist kurz für Roland, Mann. Bin schon unterwegs.«
Er legte auf. Bosch und Rider warteten fünf Minuten, in denen er ihr den Rest seines Plans erklärte und welche Rolle sie dabei zu spielen hätte. Sie hatten sich zwei Ziele gesetzt: Mackeys Handynummer und seinen Mobilfunkanbieter, damit die Telefonüberwachungsanordnung der richtigen Telefongesellschaft zugestellt werden konnte.
Auf Boschs Anweisungen hin rief Rider in der Chevron-Tankstelle an und begann, einen Werkstatttermin zu vereinbaren, wobei sie in aller Ausführlichkeit das Quietschen ihrer Bremsen beschrieb. Während sie damit beschäftigt war, rief Bosch die zweite im Branchenfernsprechbuch angegebene Nummer der Tankstelle an. Wie erwartet, wurde Rider daraufhin auf die Warteschleife gelegt. Als Boschs Anruf entgegengenommen wurde, sagte er: »Haben Sie eine Nummer, unter der ich Ro erreichen kann? Er ist unterwegs hierher, weil ich Startschwierigkeiten hatte, aber jetzt ist die Karre doch angesprungen.«
Mackeys Kollege sagte genervt: »Versuchen Sie, ihn auf seinem
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