Vergessene Welt
gibt, vor allem entlang der Westküste. Verdammt,
man hat sogar die in Privatbesitz abgesucht.«
»Gibt es hier
Inseln in Privatbesitz?«
»Ein paar. Drei
oder vier. Wie die Isla Nublar. Die war jahrelang an eine amerikanische Firma,
InGen, verpachtet.«
»Aber du hast
gesagt, diese Insel wurde abgesucht?«
»Gründlich
durchsucht. Und nichts gefunden.«
»Und die
anderen?«
»Laß mich mal
überlegen«, sagte Guitierrez und zählte sie an den Fingern ab. »Da ist die Isla
Talamanca an der Ostküste, dort gibt es einen Club Med. Dann Sorna an der
Westküste, die ist an einen deutschen Bergbaukonzern verpachtet. Und dann
Morazan oben im Norden, die gehört einer reichen costaricanischen Familie. Kann
sein, daß es noch eine gibt, die mir im Augenblick nicht einfällt.«
»Und was haben
die Suchaktionen ergeben?«
»Nichts«, sagte
Guitierrez. »Es wurde rein gar nichts gefunden. Man nimmt deshalb an, daß die
Tiere von irgendwo tief im Dschungel kommen. Und darum haben wir bis jetzt
nichts finden können.«
Levine
schnaubte. »Na dann weiterhin viel Glück.«
»Ich weiß«,
sagte Guitierrez. »Der Regenwald eignet sich vorzüglich zum Verstecken. Ein
Suchtrupp könnte in nur zehn Meter Entfernung an einem Tier vorbeigehen und es
nicht sehen. Und auch die modernste Fernerkundungstechnologie bringt nicht
viel, weil zu viele Schichten zu durchdringen sind – Wolken, das Blätterdach
der Bäume, die Flora der tieferen Schichten. Im Regenwald könnte sich so
ziemlich alles verstecken, damit müssen wir uns abfinden. Auf jeden Fall«,
fügte er hinzu, »ist die Regierung frustriert. Und natürlich ist die Regierung
nicht die einzige, die dieses Thema interessiert.«
Levine sah
abrupt hoch. »Ach so?«
»Ja. Aus
irgendeinem Grund herrscht reges Interesse an diesen Tieren.«
»Was für eine
Art von Interesse?« fragte Levine so beiläufig wie möglich.
»Im letzten
Herbst gab die Regierung einem Botanikerteam aus Berkeley die Erlaubnis, eine
Luftinspektion des Dschungels im zentralen Hochland durchzuführen. Das Projekt
lief schon einen Monat, als es zu einem Streit kam – wegen einer Flugbenzinrechnung
oder ähnlichem. Auf jeden Fall hat irgendein Bürokrat aus San José in Berkeley
angerufen und sich beschwert. Aber in Berkeley hatte nie jemand von diesem
Projekt gehört. Und das Team hatte inzwischen fluchtartig das Land verlassen.«
»Also weiß
niemand, wer die Leute wirklich waren?«
»Nein. Und dann
tauchten im letzten Winter ein paar Schweizer Geologen auf, um auf den Inseln
vor der Küste Gasproben zu entnehmen, als Teil einer Studie über Vulkane in
Zentralamerika, wie sie behaupteten. Die Inseln vor der Küste sind alle
vulkanisch, und viele der Vulkane sind bis zu einem gewissen Grad noch aktiv,
die Anfrage klang deshalb recht einleuchtend. Aber dann stellte sich heraus,
daß diese ›Geologen‹ in Wahrheit für eine amerikanische Gentechnik-Firma namens
Biosyn arbeiteten und daß sie auf den Inseln nach, äh, großen Tieren suchten.«
»Warum sollte
sich eine Biotech-Firma für so etwas interessieren?« fragte Levine. »Das ergibt
doch keinen Sinn.«
»Für dich und
mich vielleicht nicht«, sagte Guitierrez, »aber Biosyn hat einen besonders unappetitlichen
Ruf. Der Forschungsleiter der Firma ist ein Typ namens Lewis Dodgson.«
»O ja«, sagte
Levine. »Den kenne ich. Das ist der Kerl, der vor ein paar Jahren in Chile diesen
Test mit dem Tollwutimpfstoff gemacht hat. Bei dem sie Bauern mit Tollwut angesteckt
haben, ohne ihnen was davon zu sagen.«
»Genau das ist
er. Der hat außerdem in Supermärkten gentechnisch hergestellte Kartoffeln
verkaufen lassen, ohne die Leute zu informieren, daß sie verändert waren.
Kinder bekamen davon Durchfall, einige mußten sogar ins Krankenhaus. Danach
mußte die Firma George Baselton anstellen, damit der ihr Image wieder aufpolierte.«
»Sieht so aus,
als würde Baselton von der ganzen Welt engagiert«, sagte Levine.
Guitierrez
zuckte die Achseln. »Heutzutage spielt doch jeder der prominenten Universitätsprofessoren
den Firmenberater. Gehört zum Geschäft. Und Baselton ist Professor für
Biologie. Die Firma mußte sich von ihm ihren Dreck wegputzen lassen, weil
Dodgson die Gewohnheit hat, das Gesetz zu brechen. Bei dem stehen Leute aus der
ganzen Welt auf der Gehaltsliste. Er stiehlt die Forschungsergebnisse anderer
Firmen und so weiter. Es heißt, Biosyn ist die einzige Gentechnik-Firma mit
mehr Anwälten als Wissenschaftlern.«
»Und
Weitere Kostenlose Bücher