Vergib uns unsere Sünden - Thriller
Hand, und sie verstummte.
»Manchmal ist es besser, jemanden zu haben als niemanden zu haben«, sagte ich.
»Du bist ein anständiger Mann, John Robey«, sagte sie, und obwohl ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern war, verstand ich jedes einzelne Wort. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie tupfte sie mit der Fingerspitze ab.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte sie und erhob sich.
»Ich möchte, dass du bleibst …«
»Ich weiß, aber ich kann … Besser nicht.«
»Besser nicht?«
»Du weißt so gut wie ich, was passiert, wenn ich bleibe, und ich will nicht …«
»Was willst du nicht?«
»Wenn wir … Wenn wir eine Beziehung anfangen, wäre das noch ein Grund, zusammen da runterzugehen, und das will ich dir nicht antun.«
»Sollte ich das nicht besser selber entscheiden?«
»Was du dir auch vorstellst, es wird ein kompliziertes Leben sein, John. Mit Heimlichkeit kauft man kein Glück, man kauft Angst, Argwohn und Selbstsucht. Wenn ich jemanden mag oder glaube, ihn mögen zu können, bin ich sensibel genug, ihn nicht in mein Leben zu ziehen.«
»Wie’s aussieht, bin ich schon drin.«
»Bis zu den Knien, John, nur einen Schritt weiter, und das Wasser steht dir bis zum Hals.« Sie ging den Flur entlang Richtung Tür.
Ich folgte ihr.
Catherine öffnete die Tür, blieb einen Moment lang stehen, und als sie sich umdrehte, stand ich direkt vor ihr.
Sie hob die Hand und berührte meine Wange.
Ich beugte mich vor, um sie zu küssen.
Sie entzog sich mir leise, grazil, und erst als sie sicher war, dass ich keine weiteren Versuche machte, legte sie ihre Fingerspitze auf meine Lippen.
»Nein«, flüsterte sie. »Ich kann nicht.«
Ich erschauerte. Ein Augenblick der Vorfreude. Ich spürte, wie die Haut sich in meinem Nacken spannte.
»Fühlst du dich manchmal einsam, John?«, fragte sie. »Richtig einsam, als wärst du mutterseelenallein auf dieser Welt?«
»Sicher … Aber so geht es uns doch allen irgendwann einmal?«
»Und was tust du dagegen?«
Ich betrachtete ihr Profil, das Haar, das sie sich hinters
Ohr geklemmt hatte, das Ohr, das in sanftem Schwung in den Hals überging, von wo die Linie sich fortsetzte bis zur Kurve ihrer Schulter, eine Linie, auf die Michelangelo stolz gewesen wäre.
»Manchmal kann ich nicht glauben, was passiert ist«, sagte sie, »und manchmal habe ich das Gefühl, es selber auf mich herabgewünscht zu haben. Und dann weiß ich wieder, dass es nicht wahr sein kann, aber ich kann nichts daran ändern. Als wären ein paar von uns einfach hierhergesetzt worden anstelle anderer Menschen, als wären wir nicht für ein normales Leben vorgesehen.« Sie wandte den Blick zum Fenster. »Mein Vater …«, sagte sie und verstummte wieder.
Sie schloss die Augen, und ohne weiterzusprechen, machte sie einen Schritt auf mich zu.
Ich atmete langsam ein und wieder aus. Es kam über mich wie ein Gewitter, eine Spannung stieg in mir auf, und noch während ich ebenfalls einen Schritt auf sie zumachte, die Wärme ihres Körper an mir spürte, dachte ich, dass ich vielleicht den größten und schwerwiegendsten Fehler meines Lebens beging.
Ich fasste nach ihrer Hand, schloss die Finger um ihr Handgelenk. Ich spürte ihre innere Anspannung, ihren Puls unter meinen Fingern. Ich spürte den Widerstand in ihr wachsen …
Ich spürte ihre Traurigkeit und Verlorenheit, ihre Seelenqual und Einsamkeit, alles fest miteinander verschnürt. Ich wollte das alles aus dem Knoten lösen, es ausbreiten, mir anschauen und entscheiden, was ich behalten und was ich wegwerfen wollte.
Sie drückte ihre Hand gegen meine Brust, als müsste sie sich widersetzen, sich selbst mahnen, dass diese Lösung nicht die Richtige sei, aber ihre wahren Gefühle sah ich in ihren Augen, und sie waren das Spiegelbild meiner Gefühle. Und als meine Lippen ihre Wange streiften, meine Hand die Seite
ihres Gesichts berührte, meine Finger sich um ihren Nacken schlossen und sie an mich heranzogen, fühlte ich mich verzehrt von einer Kraft, die stärker war als wir beide.
Ihr Atem beschleunigte sich, das Herz in ihrer Brust schlug wie ein verängstigter Vogel, in meinen Armen spürte ich genug Kraft, sie zu zerdrücken.
»John«, sagte sie, ihre Stimme ein Flehen um Vergebung, Schutz, Aufschub.
Ich hob die Hand, schloss die Tür. Dann trat ich zurück, sie kam mit, eilte mir sogar voraus, zog mich fast den Flur entlang ins Schlafzimmer.
Catherine stolperte, stürzte beinahe, dann waren ihre Arme frei, und sie streifte ihren Mantel
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