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Vergib uns unsere Sünden - Thriller

Titel: Vergib uns unsere Sünden - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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in jedem Fall aber markant; das Gesicht eines Mannes, in dessen Leben etwas passiert war, der Geschichten zu erzählen wüsste, die einen nicht kaltlassen würden. Er hätte ein erfolgreicher Grundstücksmakler sein können. Oder ein Drehbuchautor, ein Poet, Verfasser
hochgeistiger Romane über zwischenmenschliche Beziehungen, die nur wenige Menschen verstanden, und den diese wenigen als ein Genie, einen Mann mit Einsicht, Weisheit und innerer Stärke priesen. Ebenso gut möglich, dass er ein Niemand war. Ein Mensch wie sie. Ein berufstätiger Mann, ein gewöhnlicher Bürohengst, der sich von unterwegs einen Kaffee zur Arbeit mitnahm.
    Er kam auf den Tresen zu. Und als Audrey Forrester ihn zum zweiten Mal anlächelte, wusste er Bescheid. Er wusste Bescheid, als er das kurze Aufflackern der Furcht in ihrem Blick sah. Er wusste Bescheid, als er zum Fenster hinaussah, zu dem Auto, das am Randstein geparkt war, hinaus zur Straße, wo sich etwas tun würde - nur eine Empfindung, etwas Intuitives, aber es war alles da, direkt vor seinen Augen, und er wusste Bescheid …
    »Zum Mitnehmen?«, fragte Audrey.
    John lächelte. Er schüttelte den Kopf. »Schon gut, Audrey«, antwortete er leise. »Ich warte hier auf sie.«
    Audrey blieb nichts anderes übrig, als ihr Erstaunen so gut es ging zu verbergen, das Unbehagen, das seine Bemerkung in ihr weckte, denn sie hatte den Becher aus Styropor schon in der Hand, den Klappdeckel aus Plastik mit der eingestanzten Botschaft - Das Getränk, das Sie gleich trinken, ist HEISS! -, und war schon unterwegs zu der Kaffeekanne auf der Wärmplatte …
    Und John sagte: »Ich warte hier auf sie«, und sie blieb stehen, stellte den Pappbecher ab, griff nach einem richtigen Becher und fragte sich, wie viele Sekunden vergangen sein mochten, seit sie auf den Scheißknopf gedrückt hatte, und bekam es bereits mit der Angst, und der Becher wog schwer wie Blei in ihrer Hand, und als sie neben der Kaffeekanne stand und auf die Espressomaschine zu ihrer Linken blickte und Johns Spiegelbild auf dem hell glänzenden Chromgehäuse sah, hatte sich etwas an ihm verändert …

    War es Einbildung?
    Kam er ihr entspannt vor?
    Wie viele Sekunden, seit sie auf den Scheißknopf gedrückt hatte?
    Sie fragte sich, wo zum Teufel die so lange blieben, und dann dachte sie, dass der Knopf womöglich nicht funktioniert hatte. Die Apparatur arbeitete drahtlos, auf der Basis von Funkwellen oder so was Ähnlichem. An der Bar stand eine junge Frau mit einem Handy, das vielleicht dieselbe Wellenlänge hatte oder irgendeine Art von Überlagerung bewirkte, und dass der Knopf deshalb vielleicht nicht funktioniert hatte und die Polizei gar nicht unterwegs war …
    Sie dachte an Robert Miller und seinen Partner. Sie schenkte John den Becher voll und nahm die kleine Sahnekanne aus dem Kühlschrank. Becher und Kanne trug sie zu ihm hinüber, stellte sie vor ihm auf den Tresen und bemühte sich, es heiter und beiläufig klingen zu lassen, als sie zu ihm sagte: »Heute mal nicht zum Mitnehmen?«, woraufhin er etwas sehr Seltsames erwiderte. Er lächelte sie an, lächelte sie direkt an wie einer, der sich wirklich freute, sie zu sehen, wobei er die Augen halb zukniff - sie an eine Eidechse beim Sonnenbad auf einem Stein in Mexiko erinnerte … in einer kleinen Stadt, wo sie mit ihrem Mann auf ihrer Hochzeitsreise gewesen war, einer kleinen Stadt namens … Ums Verrecken wollte ihr nicht einfallen, wie diese Stadt geheißen hatte … Und dann, plötzlich, ein Blitz aus heiterem Himmel, war das Bild der Eidechse wieder da, auf einem Stein gleich neben dem Gehsteig, und der Name der Stadt, Ixtapalapa, was auch immer das hieß, und für eine Sekunde ähnelte John dieser sonnenbadenden Eidechse, und Audrey lächelte - nicht für John, sondern in Erinnerung an ihren Mann, den sie sehr geliebt hatte -, und dann sprach John diesen seltsamen Satz aus, er sagte: »Ich warte«, schüttelte resigniert den Kopf und fügte hinzu: »Auf jemanden, verstehen Sie. Ich warte hier auf jemanden.«

    Und Audrey dachte, auf wen wartet er? John schien ihr nicht einer zu sein, der auf jemanden wartete. Dass Leute auf ihn warteten - das konnte sie sich vorstellen. Dass Leute auf John warteten, möglicherweise vergeblich, und dass keiner deshalb sauer auf ihn wäre, weil sie alle sich glücklich schätzten, einen Mann wie John zu kennen, und wenn er mal nicht kam, obwohl er es versprochen hatte, dann musste ihm etwas ungeheuer viel Wichtigeres

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