Vergib uns unsere Sünden - Thriller
zu unterhalten, und zwar richtig nett. Und beten Sie zu Gott, dass er Sie reinlässt.«
»Zu welchem Zweck?«, fragte Miller.
»Um seinen Monolog in Gang zu halten. Mein Gott, ihr seid doch Detectives. Und ihr habt jemanden, der reden will . Der euch wegen der dummen Fragen kritisiert, die ihr ihm stellt. Der zu euch sagt, kommt wieder, wenn euch klügere Fragen eingefallen sind, stimmt’s? Eine deutlichere Einladung kriegt ihr nicht. Also, putzen Sie sich die Schuhe, wechseln Sie Ihr schauderhaftes Hemd, und besuchen Sie ihn, plaudern Sie nett und freundlich mit ihm und hören sich an, was er Ihnen sonst noch so zu erzählen hat.« An Roth gewandt, fügte sie hinzu: »Und Sie? Haben Sie wegen der Morde Gefallen an dem Kerl gefunden?«
Roth schüttelte den Kopf. »Irgendetwas an ihm gefällt mir. Ob die Morde oder etwas anderes, das weiß ich nicht, aber irgendetwas gefällt mir an ihm.«
»Mir scheint er geradezu versessen darauf zu sein, mit Ihnen zu reden, aber Sie geben ihm keine Gelegenheit, etwas Interessantes zu erzählen. Überlegen Sie sich ein paar Fragen,
die er gerne von Ihnen hören würde, und dann gehen Sie zu ihm.«
»Und was meinen Sie, welche Fragen er gerne gestellt bekommen würde?«, fragte Miller.
Nanci Cohen seufzte, schüttelte den Kopf, schaute Lassiter an. »Sind das die Besten, die Sie haben?«
Lassiter lächelte. »Ich fürchte, ja … Sie wissen ja, Hilfe ist heutzutage schwer zu bekommen.«
Sie wandte sich wieder an Miller. »Mein Lieber, er hat Ihnen doch schon gesagt, welche Fragen er hören will. Fragen nach dem …«
»Warum«, sagte Miller.
»Volltreffer«, antwortete sie. »Fragen nach dem Warum.«
»Wie wär’s mit’ner Wanze?«, schlug Roth vor.
Nanci Cohen blickte ihn finster an. »Hatte ich Ihnen nicht geraten, den Mund zu halten? Du lieber Himmel, eine Wanze. Geht’s denn noch? Der Mann hat nichts getan. Wir haben nichts gegen ihn in der Hand. Absolut nichts. Wir vermuten, dass er lügt. Die Geschichte mit den Fotos kaufe ich nicht. Außerdem glaube ich Ihnen, was Sie über die schwarze Frau in den Projects sagen, aber wir haben keinen hinreichenden Verdacht, wir haben keine Zeugenaussagen, die auch nur der leichtesten Brise, geschweige denn einem Richter standhalten würden.« Sie sah Miller an. »Sie«, sagte sie. »Ihnen erzählt er mehr als Ihrem jüdischen Kumpel hier, richtig?«
Miller nickte. »Sicher, ja … Ich glaube schon.«
»Dann fahren Sie zu seiner Wohnung. Vielleicht lässt er Sie rein. Seien Sie bei der Sache. Interessieren Sie sich für das, was er sagt. Fragen Sie ihn, ob er eine Meinung zum Tod dieser Frauen hat. Wenn er der Verrückte ist, für den Sie ihn halten, dann soll die böse Welt möglichst schnell erfahren, was für einen Schweinkram er da macht. Diese Typen sind einer wie der andere. Immer derselbe Scheißdreck mit der verkorksten Kindheit und Gott weiß was noch alles. Sie haben also
hin und wieder mal’nen Arschtritt bekommen … Herrje, wenn jeder, der mal’nen Arschtritt kriegt, das an wildfremden Menschen auslässt, dann gute Nacht. Trotzdem, sie sind und bleiben Amateure, und sie sind melodramatisch, und es gibt nichts Schlimmeres als melodramatische Amateure.« Nanci Cohen schüttelte den Kopf. Sie beugte sich hinunter, griff nach ihrer Tasche, stand auf und strich sich den Rock glatt.
»Also, macht, was ihr wollt«, sagte sie. »Und bloß keinen Quatsch mit Wanzen oder so was. Vermasselt mir die Sache nicht mit irgendwelchen Kunststückchen, sonst stopfen sie uns die Anklage zurück in den Hals. Immer schön langsam. Und redet mit mir. Stellt Fragen. Haltet mich auf dem Laufenden über alles, was er sagt, dann sage ich euch, ob etwas davon einen Durchsuchungsbeschluss wert ist.« Sie strahlte Lassiter an. »Immer wieder ein Vergnügen, Captain. Grüßen Sie Ihre Frau von mir. Ein prächtiger Mensch. Hat das Herz auf dem rechten Fleck. Ich muss los.«
Roth, Miller, Lassiter - keiner sagte etwas, als ADA Nanci Cohen zur Tür hinauswehte und vom Korridor verschluckt wurde.
Als ihre Schritte verhallt waren, schaute Roth Lassiter an. »Ist die echt?«
Lassiter zog die Stirn in Falten. »Haben Sie’s an den Ohren? Sie hat Ihnen doch gesagt, Sie sollen den Mund halten.«
Miller bekam kaum noch Luft vor Lachen.
37
Miller fuhr nach Hause. Er tat das, wozu Nanci Cohen ihm geraten hatte. Er ging unter die Dusche, rasierte sich, bügelte ein sauberes Hemd und band sich eine Krawatte um. Dann zog er den besten seiner vier
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