Vergib uns unsere Sünden - Thriller
unserer freien Presse generiert, wie sie sich selber nennt. Sie nimmt sich die Freiheit, das Gute auszuschließen und das
Böse zu fördern. Sie erzählen uns, was wir ihrer Meinung nach hören sollen, und ich rede jetzt nicht von Einzelfällen, Detective. Ich rede von systematischer Irreführung und Diskreditierung einer ganzen Nation, letztlich der gesamten Erdbevölkerung.«
»Ich glaube, für eine solche Einschätzung fehlt es mir an Zynismus und an Pessimismus, Professor.«
»Wirklich, Detective? Sie glauben wirklich, von solchen Dingen nicht berührt zu sein?«
»Ich sage ja nicht, dass ich davon nicht berührt bin, aber …«
»Aber was? Was meinen Sie, wie viele von den Problemen, mit denen Sie in Ihrer alltäglichen Arbeit konfrontiert sind, haben mit Drogen zu tun? Nehmen wir diese Natasha Joyce. Sie hatte einen Freund, sagen Sie, der Vater des kleinen Mädchens? Und der war drogensüchtig?«
Miller nickte.
»Da sehen Sie’s. Und wie groß ist der Anteil Ihrer alltäglichen Arbeit, der vom illegalen Handel mit Suchtmitteln hier in Washington beeinflusst ist?«
»Sehr groß«, sagte Miller.
»Wie groß? Zehn, zwanzig, dreißig Prozent?«
»Größer. Ich würde sagen, Gott, ich weiß es nicht - vielleicht fünfzig, sechzig Prozent.«
»Fünfzig, sechzig Prozent. Und der Großteil davon ist was? Kokain?«
Miller nickte. »Sicher. Kokain. Hauptsächlich in Form von Crack.«
Robeys Augen leuchteten auf. »Perfekt. Absolut perfekt. Crack. Crack ist eine Epidemie, die Washington, Baltimore, L. A., New York, Miami verwüstet hat, richtig? Das ist ein großes Problem, richtig? Das ist ein Problem, von dem die Leben von Millionen von Amerikanern direkt betroffen sind. Stimmen Sie mir da zu?«
»Keine Frage.«
Zum ersten Mal erschien ihm Robey richtig lebendig, mit lebhaftem Blick und nachdrücklichen Gesten. »Und wer hat dieses Monster erschaffen?«, fragte er. »Die Crackepidemie, die jetzt unter uns wütet?«
Miller schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Das meiste kommt aus Kolumbien, Südamerika … dort sitzen die Drogenkartelle. Die bringen das Zeug ins Land, und …«
Robey schüttelte den Kopf »Nein«, sagte er mit leiser Stimme. »Wir haben es selbst erschaffen.«
»Wir haben es erschaffen? Ich verstehe nicht, wie Sie das meinen.«
»Wir haben es erschaffen. Wir . Wir Amerikaner. Die Steuerzahler, die Hausbesitzer, die Menschen mit Jobs und Hypotheken und Bankkonten und Privatschulen für ihre Kinder. Die Menschen, die Zeitungen lesen und fernsehen. Wir haben die Crackepidemie entstehen lassen.«
Miller spürte eine Unruhe in sich aufsteigen. Er verstand nicht, worauf Robey hinauswollte.
»Wissen Sie, woher während der achtziger Jahre der Großteil des Kokains stammte? Des Kokains, das der Nährboden für das Geschäft mit Crack war?«
Miller schüttelte den Kopf.
»Aus Nicaragua.«
Miller zuckte merklich zusammen.
Robey sah ihn an. »Nun?«
»Nicaragua?«, fragte Miller.
»Sicher, Nicaragua. Sie wirken sehr erstaunt.«
»Nein, es ist nur … Das ist purer Zufall. Ich habe erst kürzlich etwas über Nicaragua gelesen.«
»Vielleicht, dass Daniel Ortega wieder da ist? Na, wenn das kein Zufall ist.«
»Warum?«
»Bush steht das Wasser bis zum Hals. Er verliert die Zwischenwahlen.
Er setzt Rumsfeld vor die Tür, und wen zaubert er aus dem Hut? Niemand anderen als Robert M. Gates. Sie wissen, wer das war?«
»Kann ich nicht behaupten.«
»Bush sen. CIA-Direktor. Während der Iran-Contra-Affäre hatte er unter William Casey den Posten des stellvertretenden Direktors inne, und hier schließt sich der Kreis nach Nicaragua. Ortega hat sich wieder ins Amt wählen lassen. Die Sandinisten sind wieder an der Macht, und wir sind immer noch in seliger Unwissenheit über das, was da unten passiert ist und wie wir ihnen in unserer grenzenlosen Ignoranz und Ängstlichkeit erlauben konnten zu tun, was sie getan haben.«
»Wem haben wir erlaubt, was zu tun?«
»Dem kleinen Kreis der Auserwählten. Unserer Regierung. Den Leuten, denen wir das Wohl und Wehe des amerikanischen Volkes in die Hände gelegt haben. Der Krieg in Nicaragua wurde unter dem Vorwand geführt, man müsse uns Amerikaner vor einer Filiale des Kommunismus in unserem Vorgarten bewahren. Von wegen. In Wahrheit ging es nur darum, die Versorgungskanäle aus Südamerika störungsfrei zu halten. Es war vom ersten Tag an eine Tragödie.«
»Ich verstehe nicht, was Sie damit meinen. Wollen Sie behaupten, dass der Krieg in
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