Vergib uns unsere Sünden - Thriller
könnte man meinen, das Justizministerium würde zur Judikative zählen. Tut es aber nicht, es gehört vielmehr mitten hinein in die ausführende Gewalt, die Exekutive, den verlängerten Arm der Regierung.«
»Die CIA zählt auch zur Exekutive, oder?«
Cohen nickte. »CIA, FBI, Außenministerium, Nationaler Sicherheitsrat - die alle. Die Judikative hingegen gliedert sich auf in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten und die Obersten Staatsrichter, also die Leute, denen ich als Staatsanwältin letztlich Rechenschaft schuldig bin, zumal als stellvertretende Bezirksstaatsanwältin.«
»Es liegt also eine offizielle Verlautbarung des Justizministeriums vor, und …?«
»Und darin wird großer Wert auf die Feststellung gelegt, dass …« Nanci Cohen hielt kurz inne, während Frank Lassiter ihr ein Papier reichte. »Hier«, sagte sie. »Die wortgetreue Mitschrift des Anrufs, den wir eine knappe Viertelstunde nach Franks Fernsehauftritt erhalten haben.« Sie räusperte sich. »Das Justizministerium lässt auf diesem Wege die Mitteilung ergehen, dass zum derzeitigen Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse vorliegen, die darauf hindeuten würden, dass ein
gewisser Mr John Robey jemals mit einer offiziellen Position in irgendeiner Abteilung oder Unterabteilung einer Behörde der Regierung der Vereinigten Staaten betraut gewesen wäre, zudem liegen keinerlei Informationen darüber vor, dass zu irgendeinem Zeitpunkt wie auch immer geartete strafrechtliche Ermittlungen gegen diese Person geführt wurden. In Anbetracht der näheren Umstände der derzeit in der Bundeshauptstadt laufenden Ermittlungen sowie der Tatsache, dass bereits ein Officer des Washingtoner Police Department gewaltsam zu Tode gekommen ist, ergeht vonseiten des Justizministeriums hiermit der Beschluss, die weiteren Ermittlungen ab sofort in die Hände des Federal Bureau of Investigation zu legen …«
Miller war von seinem Platz aufgesprungen. »Was soll das denn? Sind die noch ganz dicht? Was zum Teufel …«
»Hinsetzen!«, schnauzte Lassiter.
Miller ließ sich auf den Stuhl zurückfallen, Augen und Mund weit offen.
»… des Federal Bureau of Investigation zu legen und alle laufenden Ermittlungstätigkeiten ausschließlich von dieser Behörde durchführen zu lassen. Den bisher mit der Ermittlung betrauten Beamten wird für ihren Einsatz und ihre Leistung ausdrücklich gedankt. Sie kehren ab sofort zu den ihnen von ihren Vorgesetzten übertragenen Aufgaben zurück.«
Nanci Cohen blickte abwechselnd zu Miller und dann wieder zu Roth.
Miller fühlte sich wie benommen. Als hätte ihm jemand die Beine weggerissen. Sein Atem ging schnell und flach. Er merkte, wie er nervös blinzelte und seine Hände sich immer wieder krampfhaft zu Fäusten ballten. »Ich werde das nicht …«, setzte er an, dann drehte er sich um und sah Roth hilfesuchend an. Roth saß mit gesenktem Kopf da, die Augen geschlossen. Er sah aus, als hätte man ihm gerade die Nachricht vom Tod seiner Kinder überbracht.
Nanci Cohen erhob sich und schritt ans Fenster. »Killarney ist auf dem Weg hierher«, stellte sie nüchtern fest.
»Killarney?«, sagte Miller.
»James Killarney … Das ist der, der nach dem Mord an Sheridan schon mal hier war.«
»Ich weiß, wer das ist … Himmel, und den schicken die jetzt hierher zu uns?«
»Wie gesagt, er ist unterwegs«, sagte Lassiter. »Er wird vor Mitternacht hier sein und bringt ein paar Leute mit. Sie kommen, um alles mitzunehmen - alle Papiere, jede Akte, jeden Wisch. Robeys Wohnung ist bereits versiegelt. Die fällt nun unter die Zuständigkeit der Bundesbehörden.«
»Das ist nicht wahr«, sagte Miller. »Das darf nicht wahr sein. Die können doch nicht einfach so … Himmelarsch, wie kommen die auf die Idee, so etwas zu tun?«
»So sind die eben«, konstatierte Nanci Cohen. Sie hielt eine Zigarette in ihrer Hand, steckte sie zwischen die Lippen. Dann hielt sie ein Feuerzeug dran, und für einen Moment war ihr Gesicht halb im Schatten. »Durch die Berichte, die an Killarney gingen, waren sie die ganze Zeit auf dem Laufenden. Über alles, was wir wussten, waren sie innerhalb weniger Stunden informiert.«
»Die hatten nie vor, uns die Sache zu Ende bringen zu lassen, oder?«, fragte Miller. »Verdammt, wer ist dieser Robey?« Er schüttelte den Kopf. »Okay, sagen Sie nichts … Ich weiß es ja …«
»An der Feststellung, dass er zu keiner Behörde oder sonstigen Regierungsstelle gehört, scheint ihnen ja unheimlich viel gelegen zu
Weitere Kostenlose Bücher