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Vergib uns unsere Sünden - Thriller

Titel: Vergib uns unsere Sünden - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Leder.
    »Die Kinder … Die Kinder, deren Eltern man gerade getötet hat.«
    »Getötet?«, frage ich unschuldig.
    Er schaut mich misstrauisch an. »Scheiße, Junge, wie lange bist du schon hier?«
    »Seit letztem Monat.«
    Vielsagendes Lächeln, Augenzwinkern. »Du kriegst den Dreh schon noch raus, keine Sorge. Für alles gibt es ein erstes Mal. Nur dass sie einen hier ohne großes Vorspiel zur Sau machen.«
    Dann lacht er. Lacht und trollt sich.
    Und ich stehe wieder allein auf einem Feld in irgendeinem gottverdammten Drecksloch am Arsch der Welt und frage mich, ob auch nur ein Wort von dem, was sie mir erzählt haben, die Wahrheit war.
    Selektive Blindheit. Selektive Taubheit.
    Auch am nächsten Tag gab es ein Erwachen. Die kalte, harte Faust des Morgens …
    Willkommen in der Wirklichkeit, Vollidiot.
     
    In den folgenden Jahren - unsere Erinnerung gefärbt von späten Einsichten - haben Catherine und ich lange Gespräche geführt. Über die Karibik und den Pazifik, die Moskitoküste und Bluefields. Die Vulkane. Die Wälder. Die Erdbeben und Erdrutsche, die Hurrikane, die Erosion und die Wasserverschmutzung, die Kindersterblichkeit, die Allianz für die Republik, die Zentralamerikanischen Unionisten, die Christliche Alternative, die Unabhängigen Liberalen …

    Und über uns.
    Wir haben über uns geredet. Über das, was wir getan haben. Und warum wir es getan haben.
    Anker gegen den Wind. Das hatte ich nicht vergessen. AR7-Gewehre, Kaliber.22, kleines Kaliber, Projektile, die sich beim Aufprall stark verformten und deshalb schwer zu identifizieren waren. Die Füße biegen, damit die Gelenke knackten, bevor man ein konspiratives Haus betrat. Ermittlung feindlichen Überwachungsequipments mittels »chemischer Reinigung«. Anschließendes Ausräuchern inklusive. Die Fälscherbrücke, die simple Methode, eine Hand mit der anderen zu stützen, um eine flüssige Handschrift zu gewährleisten. Honigfallen. Ausgestopfte Kleiderpuppen, um Wachposten über die Anzahl der Fahrgäste in Fahrzeugen zu täuschen. Postüberwachung und Geheimsender und Talentsucher und Orchester …
    Wir redeten über legendäre Männer, Länder wie Algerien und El Salvador, über historische Augenblicke, als in jahrelanger Arbeit aufgebaute und etablierte Machtsysteme binnen einer Stunde zum Einsturz gebracht wurden. Und das nur, weil irgendwo Öl- oder Erdgasvorkommen entdeckt worden waren oder weil die nördlichste Ecke eines landumschlossenen afrikanischen Staates zum sichersten Transportweg in wichtigere Regionen geworden war.
    Und über die Cocktailpartys, auf denen die bedeutendsten Männer als Erste gingen, nachdem sie am meisten getrunken hatten. Eine Gesellschaft von Kameraden, wie durch einen Zerrspiegel betrachtet. Sie sahen sich, wie sie einmal waren - randvoll mit Überzeugung und Patriotismus und selbstgerechter Begeisterung -, aber jeder von ihnen wusste nur zu gut, dass ihm all das in der stillen Ecke eines entlaubten Dschungels, den Augen eines verwaisten Kindes, der Asche eines niedergebrannten Dorfes, abhandengekommen war.
    Sie waren alle da. Wenn man sie nur genau genug beobachtete,
wusste man, wer wem aus dem Weg ging und wer wen anlog.
    In den meisten dieser Länder haben wir es falsch gemacht. Nach monatelanger Vorbereitung haben wir alles falsch gemacht. Intel meldete uns eine Schule als Treffpunkt hochrangiger Persönlichkeiten. Mit dreizehn Brandsätzen - dem von der Baader-Meinhof-Gruppe und den Roten Brigaden bevorzugten Typ, den sie sich bei uns abgeguckt hatten - gelang es uns, elf Schulkinder zu töten. Sie nicht zu töten, sondern summarisch ins Jenseits zu sprengen. Und dreißig andere zu verletzen. Die Vergeltung kam prompt und unmissverständlich. Zweiundzwanzig abgeschlagene Köpfe legten sie uns auf die Stufen zur Kirche in Esteli. Zwei für jedes tote Kind. Wir sind mit eingeklemmtem Schwanz und pochendem Herzen da herausgekommen. Von den acht Mitgliedern unseres Teams hatten sechs selbst Kinder.
    Wir redeten über eines der ärmsten Länder der Hemisphäre, die Auslandsschulden, die Revolutionen, die Reserven von sechshundertsiebzig Millionen Dollar, denen viereinhalb Milliarden Dollar Schulden gegenüberstanden …
    Über den erfolgreichsten und profitabelsten Umschlagplatz für amerikanische Kokain-und-Waffen-gegen-Drogen-Deals in Mittelamerika. Zumindest seit den frühen Achtzigern - seit wir dort aktiv geworden waren. Mindestens seit der Zeit.
    Wir redeten über die wirkliche Welt.
    Catherine und ich

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