Vergib uns unsere Sünden - Thriller
verweisen … Und glauben Sie mir, Miss Joyce, einschüchtern lasse ich mich ganz bestimmt nicht. Ich tue, was ich kann, um Sie bei Ihrem Anliegen zu unterstützen, und ich habe Sie in keiner Weise respektlos oder …«
Natasha Joyce trat einen Schritt zurück und senkte den Kopf. »Es tut mir leid«, sagte sie. Sie wusste, dass sie gar nichts damit erreichte, wenn sie den armen weißen Idioten vor den Kopf stieß. »Ich bin ein bisschen verärgert, Sir«, sagte sie. »Ich bin ein bisschen verärgert, und in letzter Zeit sind ein paar Dinge passiert, die mich an Dinge erinnern, an die ich lieber nicht erinnert werde, und ich will mir hier ja nur ein bisschen Hilfe holen …« Sie zog ein Kleenex aus der Tasche. Jetzt spielte sie das arme verlorene Mädchen, schüchternes Lächeln, Jammermiene. Hauptsache, es half, oder?
Das verkniffene weiße Arschgesicht lächelte. Hob versöhnlich die Hände. Vergeben und vergessen, dachte er. Wir fangen von vorn an. Wir kurbeln diese kleine Episode unseres Lebens zurück und fangen noch mal von vorn an, okay?
»Okay«, sagte er. »Entschuldigung angenommen. Wir tun alles, um Ihnen zu helfen, Miss Joyce, aber Sie müssen verstehen, dass diese Dinge manchmal länger dauern, als uns selber
lieb ist. Sie müssen unsere Lage verstehen, wir beschäftigen uns mit den Akten von unzähligen Polizeirevieren und Tausenden von Polizeibeamten, aktiven, pensionierten oder auch toten …« Er verstummte. Schlug auf die Tastatur ein. Schaute auf den Bildschirm, nickte.
»Einen Augenblick«, sagte er lächelnd und erhob sich von seinem Stuhl.
Er war nur ein paar Minuten fort. Natasha wartete geduldig, und als er zurückkehrte, war er nicht allein.
Amanda rief an, als sie auf dem Weg zum kriminaltechnischen Labor waren.
»Ja, sicher, hab ich«, antwortete ihr Al Roth. »Ich erzähl’s dir, wenn ich zu Hause bin … Ja, Liebling, natürlich. Ich hab dich auch lieb.«
»Ärger?«, fragte Miller.
Roth schüttelte den Kopf, steckte das Handy weg. »Links ab«, sagte er. »Und dann die Erste rechts, das ist kürzer.«
Miller folgte Roths Anweisungen und fuhr keine fünfzig Meter vor dem Haupteingang zum kriminaltechnischen Labor an den Randstein.
Am Tresen wiesen sie sich aus. Der Diensthabende schien sie erwartet zu haben.
»Von Greg Reid«, sagte er und schob ihnen einen unbeschrifteten Umschlag zu. »Er ist nicht im Haus, in anderer Sache unterwegs. Er sagt, Sie hätten etwas für ihn?«
Miller nickte, überreichte den Plastikbeutel mit dem Zeitungsausschnitt.
»Richten Sie ihm meinen Dank aus«, sagte Miller. Sie verließen das Gebäude und gingen zurück zum Auto.
Reid hatte alle drei Fotografien kopiert und digital so bearbeiten lassen, dass sie deutlicher als die Originale waren.
»Sieht er für dich wie ein Serienmörder aus?«, fragte Roth, während er das Gesicht des Mannes betrachtete.
Miller lächelte. »Und wie sieht bitte schön ein Serienmörder aus?«
Roth gab Miller das Foto zurück und ließ den Wagen an. »Das weiß nur der liebe Gott«, sagte er. »Egal, nächster Programmpunkt Columbia Street.«
Um kurz vor zehn Uhr fuhren sie an den Randstein vor Catherine Sheridans Haus. Roth stellte den Motor ab, und sie blieben noch einen Moment schweigend sitzen. Der Motor knackte leise beim Abkühlen.
»Worauf warten wir?«, fragte Roth.
»Diesen Weg ist sie zurückgekommen«, sagte Miller. »Vor drei Tagen.« Er schloss die Augen, zog die Stirn in tiefe Falten. »Ich will, verflucht noch mal, wissen, wo sie nach dem Einkauf im Feinkostladen gewesen ist.«
»Wir könnten es über die Medien probieren«, schlug Roth vor. »Vielleicht hat Washington sie gesehen.«
»Ganz bestimmt nicht. Lassiter hat noch zwei Tage Zeit, allerhöchstens bis Ende der Woche, dann besteht der Polizeichef auf einer Task Force. Glaub mir, die wollen die Sache aus den Nachrichten raushalten. Du weißt doch, wie diese Dinge laufen.«
Roth schwieg. Er wusste, wann man besser den Mund hielt.
»Was hat sie gemacht, nachdem sie den Feinkostladen verlassen hat? War er schon im Haus, als sie nach Hause kam? Ist er erst aufgetaucht, nachdem sie die DVD eingelegt hatte?« Miller wandte den Kopf und sah Roth an. »Ich hab mal darüber nachgedacht, was ich mache, wenn ich gerade einen Film anschaue und es kommt jemand zu Besuch oder das Telefon klingelt …«
»Du drückst auf die Pausentaste, richtig?«
Miller nickte. »Richtig. Aber sie hat den Film nicht angehalten, und für mich bedeutet das,
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