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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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erreicht hat. Das könnte uns einen zeitlichen Vorsprung verschaffen.«
    »Okay«, sagt Iver. »Verstehe.«
    »Du musst Nora instruieren.«
    »Ich werde es versuchen.«
    Die Wunde strahlt schmerzend von der Schulter in den Arm aus. Obgleich er sie provisorisch gesäubert und verbunden hat, sticht und brennt es in der Einstichstelle. Vielleicht hat sie sich bereits entzündet, denkt Ørjan Mjønes. Er glüht. Die Klinge war bestimmt nicht sauber.
    Wie vor exakt drei Tagen klingelt es um genau 23 Uhr in der Telefonzelle. Mjønes geht hinein und nimmt den Hörer mit der linken Hand ab.
    »Hallo«, sagt er, und seine Schulter erstarrt beinahe vor Schmerz.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja«, sagt Mjønes und beißt die Zähne aufeinander. Die Schmerzen entfachen Flammen auf seiner Stirn.
    »Ganz sicher?«
    »Ja. Alles geregelt.«
    Statisches Rauschen im Hörer.
    »Gut.«
    »Damit steht nur noch eine Sache aus«, sagt Mjønes. »Aber nicht so wie geplant. Ich will die Restsumme auf mein Konto überwiesen bekommen.«
    Es wird still. Mjønes wischt sich mit der Hand, mit der er den Hörer hält, den Schweiß von der Stirn.
    »Warum?«
    »Ich habe meine Gründe.«
    Erneute Stille.
    »Aha …«
    »Ich habe ein Konto in Schw…«
    »Nicht am Telefon«, fällt ihm Goofy ins Wort. »Wir müssen uns treffen.«
    Mjønes stockt. Warum? Damit Goofy ihn über den Haufen knallen und sich die zweieinhalb Millionen sparen kann, die er ihm schuldet?
    Mjønes fragt seine Auftraggeber grundsätzlich nie nach Motiven. Er erledigt einen Job, mehr nicht, vorzugsweise, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Aber je genauer er über den Plan nachdenkt, umso neugieriger wird er.
    Wenn du den Auftrag nicht übernimmst, bist du der nächste Auftrag.
    Goofy hatte vor, mich aus dem Spiel zu nehmen, denkt Mjønes, falls ich den Job nicht ausgeführt hätte. Aber vielleicht ist das noch immer sein Plan? Ich sollte erst Pulli erledigen, bevor er mir dann jemand anderen an den Hals hetzt? Das würde erklären, wieso er sich so leicht von zwei auf drei Millionen hat hochtreiben lassen, denkt er, eine Summe, die wesentlich höher ist als sonst üblich für diese Art von Jobs. Tappt er gerade in eine Falle hinein? Bei allem, was er über Goofys frühere Aktionen weiß, ist das nicht auszuschließen, auch wenn er Goofys wahre Identität nicht kennt.
    »Nein, wir machen es anders«, sagt Mjønes. »Ich kontaktiere dich auf die gleiche Weise, wie du Kontakt zu mir aufgenommen hast. Im Laufe des morgigen Tages werde ich eine Anzeige aufgeben, in der die Informationen stehen, die du brauchst. Wenn der Betrag nicht bis Dienstag auf meinem Konto eingegangen ist, berechne ich Zinsen.«
    »Hast du es eilig?«
    »Ja … Oder – nein.«
    »Du hast doch nicht etwa vor unterzutauchen?«
    Mjønes zögert. »Nein«, lügt er dann.
    95
    In dieser Nacht macht Henning kein Auge zu. Über die fehlenden neunzehn Minuten in Pullis Leben hinaus gibt es noch eine weitere Frage, die ihn quält, weshalb er gleich am Morgen eine SMS an Frode Olsvik schickt und um ein paar Minuten seiner wertvollen Zeit bittet. Die Antwort kommt unmittelbar.
    Fünf Minuten. Im Stockfleths beim Tinghuset um 08.30 Uhr.
    Henning teilt Heidi Kjus mit, dass er etwas später in die Redaktion kommt, und drängt sich in die schon volle Straßenbahn 11 in Richtung Tinghuset. Im Stockfleths bestellt er einen doppelten Espresso und wartet an einem Fensterplatz auf den Anwalt. Kurz nach halb neun taucht Olsvik auf. Er nickt einem Mann hinter dem Tresen zu, der den Gruß mit einem Lächeln erwidert.
    Olsvik manövriert seinen üppigen Körper auf einen Stuhl an Hennings Tisch und reicht ihm die Hand.
    »Danke, dass Sie so spontan Zeit für mich haben.«
    »Keine Ursache.«
    Im Laufe der nächsten Minute erfährt Henning, dass Olsvik sowohl über Pulli als auch Brenden Bescheid weiß und dass die Polizei nach einer Person sucht, die offensichtlich gut für den Mord an Pulli bezahlt wurde.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Juul?«, fragt der Anwalt schließlich und rückt einen Hosenträger zurecht. Henning holt Luft und beschließt, seinen Verdacht noch ein wenig zurückzuhalten. Er will erst noch überprüfen, ob etwas dran ist.
    »In den letzten Jahren hat niemand mehr mit Pulli zu tun gehabt als Sie. Ich gehe also davon aus, dass Sie ihn besser kennen als die meisten.«
    »Tja, mag sein.«
    »Hat er sich während seiner Inhaftierung Feinde gemacht?«
    Ein mitleidiger Ausdruck macht sich in Olsviks Gesicht

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