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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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breit.
    Henning bereitet sich innerlich auf ein langes Plädoyer vor.
    »Die Beziehung zu meinem Klienten hat ausschließlich professionellen Charakter, Juul. Unsere Gespräche drehten sich größtenteils um seinen Fall. Außerdem unterliege ich der Schweigepflicht, auch wenn mein Klient tot ist.«
    »Auch wenn er ermordet wurde?«
    »Auch wenn er ermordet wurde. Und ganz sicher einem Journalisten gegenüber.«
    »Obwohl Sie derjenige waren, der Tore Pulli gesteckt hat, dass ich wieder angefangen habe zu arbeiten?«
    Olsvik sieht Henning an, während eine Tasse dampfenden Kaffees vor ihn hingestellt wird.
    »Danke«, sagt er mit einem kurzen Blick zum Kellner. »Geht auf Firmenrechnung.«
    »Okay.«
    Olsvik wartet, bis der Kellner außer Hörweite ist. Dann bohrt er seinen Blick in Hennings Augen. »Was reden Sie da, Juul?«
    »Nur Sie, Geir Grønningen und Veronica Nansen haben Tore während seiner Inhaftierung besucht. Und ich weiß, dass keiner der beiden anderen Tore gesagt hat, dass ich wieder angefangen habe zu arbeiten.«
    Olsvik lächelt nachsichtig. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Juul. Aber es gibt viele Kanäle, über die Informationen ins Gefängnis gelangen, selbst wenn man nicht täglich Besuch bekommt oder Zugang zum Internet hat. Die Inhaftierten unterhalten sich mit den Angestellten im Gefängnis oder mit anderen Inhaftierten, und sie können zwanzig Minuten pro Woche telefonieren.«
    »Werden die Gespräche nicht abgehört?«
    »Generell schon. Aber da sitzt niemand und hört jedes Wort ab, das gesagt wird. Die machen Stichproben, hauptsächlich um zu ermitteln, ob es in den Gesprächen um die Einführung von Drogen oder solchen Dingen geht. Ich bedaure, Ihnen das sagen zu müssen, Juul, aber die Alarmglocken beginnen nicht zu läuten, wenn jemand in einem Nebensatz erwähnt, dass Sie wieder zurück an Ihrem Arbeitsplatz sind. Es gibt wahrlich wichtigere Dinge.«
    Beschämt muss Henning einräumen, dass der Anwalt damit sicher recht hat. »Wissen Sie, ob im Gefängnis gespeichert wird, welche Nummern ein Inhaftierter angerufen hat?«, fragt er und versucht, den peinlichen Augenblick zu überspielen.
    »Ja, es gibt eine Übersicht über die ausgehenden Gespräche. Und es ist durchaus möglich, dass Tore versucht hat, draußen jemanden via Telefon oder Brief um Hilfe zu bitten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Inhaftierter behauptet, unschuldig verurteilt worden zu sein. Manche schreiben an die Presse, andere an private Ermittler.«
    »Sie und Tore haben also nie über die Möglichkeit gesprochen, dass ein Außenstehender ihm helfen könnte?«
    »Was ich mit meinem Klienten diskutiere und was nicht, kann ich nicht …«
    »Ich bitte Sie, Olsvik«, fällt Henning ihm ins Wort. »Mir ist schon klar, dass Sie Prinzipien und Regeln haben, an die Sie sich halten müssen, aber es geht hier ja nicht um brisante Informationen zum Fall. Ich stelle diese Fragen, weil mir nach wie vor daran gelegen ist, Ihrem Klienten zu helfen, auch wenn er tot ist.«
    »Und das glauben Sie zu tun, indem Sie herausfinden, wie Tore erfahren hat, dass Sie wieder bei der Arbeit sind?«
    Henning zögert eine Sekunde. »Unter anderem«, antwortet er dann.
    »Die Logik dahinter müssen Sie mir erklären.«
    Henning holt tief Luft. »Parallel zu dem Bericht über Tore versuche ich herauszufinden, was an dem Tag passiert ist, als mein Sohn gestorben ist. Tore behauptete, dass er …«
    Die dahinterstehende Erkenntnis verschlägt ihm fast den Atem. Pulli hat Kontakt zu ihm aufgenommen, damit er sich reinwaschen kann. Das Lockmittel war die Wahrheit über die Geschehnisse an Jonas’ Todestag.
    Und wenn das der Grund dafür war, dass Pulli sterben musste?
    »Was hat Pulli behauptet?«, fragt Olsvik.
    »Dass er etwas über den Brand in meiner Wohnung weiß«, sagt Henning abwesend.
    »Und Sie glauben, Ihr Fall hat etwas mit seinem zu tun?«
    »Ja. Oder … Ich … Ich weiß es nicht«, sagt Henning, ohne den Blick zu heben. Er denkt daran, was Elisabeth Haaland von der Alarmanlage erzählte, die an einem Sonntag ihren Geist aufgegeben hatte. Das muss der Tag gewesen sein, nachdem Pulli mich angerufen hat, denn am Samstag hatte er Erling Ophus getroffen. Da hat jemand extrem schnell gehandelt. Als Erstes mussten sie herausfinden, wer so dicht an Tore Pulli rankam, doch diese Frage war nicht im Handumdrehen zu beantworten. Dann mussten sie die Überwachungsausrüstung besorgen – an einem Samstag – und danach eine Aktion

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