Vergiftet
für ein Striplokal in Majorstua.«
»Meinen Sie das Åsgard ?«
»Woher wissen Sie das? Waren Sie schon mal da?«
»Ja. Aber nicht, wie Sie glauben.«
»Das sagen sie alle. Aber ich will nicht zu streng sein mit Gunhild. Sie hat es nicht leicht gehabt. Und dass ausgerechnet sie Vidar an dem Morgen gefunden hat, war natürlich heftig.«
Henning bleibt vor dem Schaufenster stehen und starrt durch die Scheibe auf die T-Shirts mit den nostalgischen Aufdrucken, die in viereckigen Regalboxen drapiert sind. Unbewusst senkt er die Arme, auch die Hand, in der er das Handy hält. Und so steht er da, eine kleine Ewigkeit, und starrt auf die Auslage, während ihm aufgeht, dass er nichts begriffen hat.
Bis zu diesem Moment.
110
Henning ruft sofort Bjarne Brogeland an, aber der Polizist antwortet nicht. Henning probiert es über die Telefonzentrale, aber dort teilt man ihm nur mit, dass Brogeland im Moment nicht erreichbar ist. Das Gleiche gilt für Pia Nøkleby und Arild Gjerstad. Wahrscheinlich sitzen sie alle in derselben Sitzung, denkt Henning, als er noch einmal auf Brogelands Handy anruft und eine elend lange Nachricht auf der Voicebox hinterlässt.
Zu Hause duscht er. Dann läuft er in der Küche auf und ab, während er die Puzzlesteine sortiert, die die ganze Zeit vor seiner Nase gelegen haben. Erst jetzt ergeben die Steine ein Gesamtbild, jetzt erkennt er es.
Es war Gunhilds Wäsche, die Henning in Holtes Wohnzimmer hat hängen sehen. Sie war an diesem Tag bei Holte und hätte ihn um ein Haar auf frischer Tat ertappt. Irene Otnes hat ihm erzählt, dass Gunhild Dokken noch immer einen Schlüssel zu Holtes Wohnung hat, obwohl sie nicht mehr zusammen sind. Sie konnte also ohne Weiteres in Holtes Wohnung gelangen, um sich dort die Mordwaffe und ein Paar Schuhe zu besorgen, die ihr sicher gut passten. Sie hatte ja bereits Erfahrung damit, falsche Beweise auszulegen. Und sie hatte ein handfestes Motiv, Fjells Mörder aus dem Weg zu räumen und denjenigen reinzureiten, der ihn nicht rächen wollte. Außerdem hatte niemand derart problemlos Zugriff auf die Uhren im Kraft & Respekt wie sie.
Aber was soll er jetzt machen, wenn er niemanden erreicht? Außerdem stellt sich die Frage, ob seine Ergebnisse vor Gericht Bestand hätten, solange die Tatwaffe fehlt. Wie Bjarne Brogeland sagte: Sie brauchen konkrete, handfeste Beweise.
Gunnar Goma läuft im Treppenhaus auf und ab. Weiter unten schlägt eine Tür, klackernde Schritte mischen sich unter das Klatschen von Gomas nackten Füßen. Die Akustik im Treppenhaus verwandelt die militärisch solide Stimme des Sechsundsiebzigjährigen in tiefe Basslaute. Den Geräuschen nach zu urteilen, vermutet Henning, wollen die anderen Schritte ein Stockwerk höher zu Arne. Gleich darauf knallt erneut eine Tür.
Das Telefon klingelt. Henning greift hastig nach dem Hörer und hofft, dass es Brogeland oder einer der anderen aus dem Präsidium ist, realisiert dann aber erschrocken, dass es Nora ist.
»Hallo«, sagt er mit leicht fragendem Tonfall.
»Hallo«, antwortet sie zurückhaltend.
Weiter kommt nichts von ihr. Es ist etwas passiert, denkt Henning.
»Wie geht es Iver?«, fragt er besorgt.
»Das weißt du doch mindestens so gut wie ich.«
Henning atmet erleichtert auf.
»Ich war seit gestern nicht mehr bei ihm«, sagt er.
»Aha. Es geht ihm besser«, fügt sie schnell hinzu.
Henning geht in die Küche und nimmt einen Saft aus dem Kühlschrank.
»Warst du heute schon bei ihm?«, fragt er.
»Ich komme gerade aus seinem Zimmer.«
»Und, was sagt er?«
»Er wollte wissen, wie es mit dem Artikel vorangeht, den ihr zusammenkocht.«
Sie ist enttäuscht, denkt Henning, holt ein Glas aus dem Wandschrank, schraubt den Verschluss auf und schenkt sich etwas ein. Aber da ist noch etwas anderes, das hört er ihr an. Er nimmt einen Schluck, um die Stille zu überbrücken.
»Sollte er noch mal fragen, sag ihm, dass ich die Lösung habe«, sagt Henning, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen. »Ich denke, im Laufe des Abends wird es eine Festnahme geben. Wenn Bjarne Brogeland endlich aktiv wird.« Henning erwartet, dass sie ihn dazu befragt.
Stattdessen sagt sie: »Ich war heute am Grab.«
Henning bleibt stehen, stellt das Glas ab. Das war es also, was er in ihrer Stimme gehört hat. Einige Sekunden vergehen, dann schließt er langsam die Augen.
»Und ich habe darüber nachgedacht, was du im Krankenhaus gesagt hast«, fährt Nora fort, aber es dauert noch eine Weile, ehe sie zu
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