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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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ich an magische Heilkräfte von Sternschnuppen glaubte. Ich wollte einfach nur, dass Dad dieses außergewöhnliche Schauspiel zu sehen bekam, auch weil ich es schrecklich fand, dass er Tag für Tag nichts anderes mehr als unser Wohnzimmer sah. Ich wollte, dass er die nach Kiefern duftende Nachtluft atmen konnte – so beschwerlich es für ihn auch war. Als ich gerade versuchen wollte, das in Worte zu fassen, stand Paul auf.
    »Fünf Minuten«, sagte er. »Aber es ist nicht mal sicher, dass er überhaupt aufwacht.«
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Danke.« Paul stand auf und klappte den Rollstuhl auseinander. Ich ging zu meinem Vater ans Bett. Sein Atem ging unverändert schwer und rasselte seit zwei Tagen ziemlich beängstigend. Es klang, als ob jeder Atemzug schmerzhaft für ihn war, und ich konnte es kaum mit anhören. »Daddy«, flüsterte ich und berührte ihn durch die Decke an der Schulter. Ich war erschrocken, wie sehr man seine Knochen spürte und wie zerbrechlich er wirkte. »Raus aus den Federn. Ab geht er, der Peter.«
    Sein Atem kam aus dem Takt, sodass ich zunächst einen Riesenschreck bekam. Doch dann öffnete Dad seine blauen Augen, die er nur mir weitervererbt hatte. Er schaute mich an, doch in letzter Zeit hatte er uns oft mit leerem Blick fixiert, sodass ich erst nicht wusste, ob es etwas zu sagen hatte. Aber nach einer Weile schaute er mir direkt in die Augen und verzog einen Mundwinkel zu einem ganz schwachen Lächeln. »Taylor«, sagte er mit belegter und heiserer Stimme. Er öffnete und schloss mehrmals den Mund und sagte dann: »Hallo, Kleines. Was gibt’s Neues?« Dabei fielen ihm die Augen schon wieder zu.
    Obwohl mir die Tränen in die Augen stiegen, lächelte ich. »Soll ich dir die Sterne zeigen?«, fragte ich ihn. Ich schaute auf und sah Paul schon mit dem Rollstuhl bereitstehen. Ich nickte ihm zu und trat beiseite. Mit geübten Handgriffen hob Paul meinen Vater mühelos aus dem Bett und setzte ihn in den Rollstuhl. Ich nahm die Bettdecke und packte ihn darin ein. Dann schob Paul meinen Vater hinaus auf die Veranda. Ich ging hinterher und war erleichtert, dass immer noch Sternschnuppen fielen und dieses Ereignis, das es so selten im Jahr gab, nicht unbemerkt an uns vorübergegangen war.
    Paul schob den Rollstuhl in die Mitte der Veranda, stellte die Bremse fest und schaute dann selbst nach oben. »Wow«, murmelte er. »Jetzt verstehe ich, was du meinst.«
    Ich setzte mich neben Dad und berührte wieder seine Schulter. »Sieh mal«, sagte ich und zeigte nach oben. Sein Kopf ruhte an der Rückenlehne des Rollstuhls, aber er öffnete die Augen und schaute nach oben.
    Ich sah ihm zu, wie er die Sterne über uns beobachtete, als mehrere Sternschnuppen quer über den riesigen Nachthimmel huschten. Einer davon folgte sein Blick und er sagte: »Sterne«, mit einer Stimme, die viel klarer war als zuvor und sein Staunen verriet.
    Ich nickte und rückte noch näher an ihn heran. Sein Atem rasselte wieder, und ich spürte, dass Paul schon darauf wartete, meinen Vater wieder hineinzubringen, aber ich nahm Dads Hand, die kraftlos über das Rad des Rollstuhls hing. Sie war schrecklich mager geworden, aber immer noch so groß, dass meine Hand darin fast verschwand. Es war die Hand, die mir beigebracht hatte, Schleifen zu binden, einen Stift richtig zu benutzen und die mich gut festgehalten hatte, wenn wir eine Straße überquerten, damit mir nichts passierte.
    Dann sank sein Kopf wieder gegen die Lehne und die Augen fielen ihm zu. Und obwohl ich nicht wusste, ob er mich hören konnte – oder ob er sich daran erinnern würde, falls es dort, wo er bald sein würde, so etwas wie Erinnerung gab –, beugte ich mich zu ihm und küsste ihn auf seine viel zu schmale Wange. »Daddy«, flüsterte ich und hatte selber Probleme zu atmen. »Ich hab dich lieb.«
    Eigentlich war ich sicher, dass er schlief, aber da verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, und er murmelte: »Weiß ich doch. Hab ich immer gewusst.«
    Es war mir egal, dass Paul mich weinen sah. Es spielte nicht die geringste Rolle. Ich hatte meinem Vater gesagt, was ich ihm sagen musste. Sanft drückte ich seine Hand und spürte, wie er meine drückte – ganz leicht, und dann schlief er wieder ein, während über uns die Sternschnuppen vom Himmel fielen.

Kapitel 36
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, spürte ich, dass etwas anders war. Ich hörte Stimmen, Telefonklingeln, die Stimme meiner Mutter, leise und erstickt. Autoreifen

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