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Vergiss es Baby - Roman

Vergiss es Baby - Roman

Titel: Vergiss es Baby - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Sanders
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versuchte eine betont lockere Haltung einzunehmen. Fast wäre sie dabei vom Barhocker gefallen.
    Gott sei Dank lächelte der Kerl darüber. Das brachte ihm auf ihrer selbst erfundenen Skala zur Beurteilung des anderen Geschlechts - natürlich streng wissenschaftlich und unverschämt objektiv - schon mal satte acht von zehn möglichen Punkten ein.
    »Sie sind Deutsche?« Seine Stimme irritierte sie, bestimmt weil sie nicht so klang, als verbrächte er ein sorgloses Leben an palmenumsäumten Stränden. Eher röhrte er wie ein Hirsch, der versuchte, als Elch durchzugehen. Und das auch noch mit einem höchst eigenartigen Akzent! Unbeabsichtigt stellte er damit ihre geografischen Kenntnisse auf eine harte Probe. Wie sollte sie nur Wald und Wiesen mit Strand, verschwiegenen Buchten und der Brandung des Meeres in Verbindung bringen?
    »Ja.«
    Sie war froh, nicht mehr Englisch sprechen zu müssen. Stattdessen widmete sie sich weiterhin dem Studium einer imaginären Landkarte. Der hohe Norden! Da gab es auch Meer. Außerdem Wald, Eis und Schnee. Bestimmt auch Elche. Sie dachte an Schweden, Finnland, Kanada, vielleicht Russland. Als ihm wie aufs Stichwort eine seiner blonden Locken in die Stirn fiel, lächelte sie, froh, zumindest ansatzweise das Problem seiner Herkunft gelöst zu haben. Doch gleich darauf stand sie vor dem nächsten.

    Ihr Kommunikationstalent war gefordert. Doch leider war das nicht besonders ausgeprägt, außer, sie versuchte, Kunden zu überreden, ihre Gefriertruhe mit Öttken-Produkten aufzufüllen. Und das stand, falls sie die Situation richtig umriss, im Augenblick wohl nicht an.
    Der Druck, plötzlich improvisieren zu müssen, lastete schwer auf ihr, und trotz der Kälte brach ihr der Schweiß aus. Wie wäre es, wenn sie sich erst einmal artig vorstellte? Nur wie? Sollte sie etwa erzählen, was sie in diese Gegend verschlagen hatte? Sie hatte doch selbst keine Ahnung.
    Wie konnte sie ihre Anwesenheit als möglichst ungewöhnlich verkaufen? Fieberhaft sondierte sie die Möglichkeiten.
    Sie gehörte zum internationalen Jetset.
    Nicht schlecht, aber kaum ausgefallen.
    Sie trat in einer der angesagten Shows am Strip auf.
    Schon besser, aber zu riskant. Was wenn der Traumtyp auf einer Kostprobe ihres Könnens bestand? Oder einfach nur fragte, in welcher Show er sie bewundern könnte? Beides musste sie unbedingt vermeiden.
    Sie war ein europäischer Filmstar! Niemand in den Staaten interessierte sich für sie, und deshalb kannte sie auch keine Sau. Das war gut! Und verdammt realistisch.
    »Ich bin …«, begann sie mit einer Stimme, die hoffentlich geheimnisvoll rüberkam, und riskierte einen Blick in seine Augen.
    Was?
    Tänzerin? Zirkusakrobatin? Schauspielerin?
    »Touristin.«
    Mist! Selbst für eine klitzekleine Lüge war sie zu brav. Sie machte eine ausladende Bewegung, als wollte sie die Spieltische
umarmen und hätte dabei beinahe ihr Glas vom Tresen gefegt. Ihre Motorik war wirklich verbesserungswürdig. Der Kerl gab sich mit ihrer Erklärung zufrieden, als habe er nichts anderes erwartet. Schweigend rubbelte er an dem Etikett seiner Bierflasche herum. Täuschte sie sich, oder wirkte er ein wenig niedergeschlagen? Ob er sein ganzes Geld verspielt hatte?
    Das Gespräch stockte, er schien sie bereits wieder vergessen zu haben. Enttäuscht wandte sie sich dem Großbildmonitor zu, der ein Footballspiel übertrug. Eine Weile sah sie fasziniert zu, schon weil sie nichts von dem verstand, was auf dem Spielfeld vor sich ging. Doch schnell verlor sie das Interesse und überlegte, wie sie es anstellen konnte, dem Mann zu ihrer Rechten das eine oder andere biografische Detail aus den Rippen zu leiern. Natürlich ohne dabei allzu neugierig zu erscheinen. Am liebsten hätte sie natürlich mit ihm geflirtet. Doch wie machte man das? Worüber redete man?
    In ihrem ganz und gar unspektakulären Leben geschah nichts, was man nicht in drei Sätze packen konnte. Nichts war berichtenswert. Nichts von Belang.
    Und ihr Job? Den ließ sie besser außen vor. Sie konnte ihm ja schlecht erzählen: Ich arbeite im Verkauf. Bei Öttken. Das ist so ein Lebensmittelgroßhandel, der Fertiggerichte vertreibt. Sterneküche eben. Die Ente à l’orange ist ein echter Knüller. Schon mal probiert? Sie gehen doch ab und zu in erstklassige Restaurants, oder?
    Nein. Damit war ein Klassetyp wie er nicht zu ködern. Er würde sich abwenden, noch bevor sein Glas leer war.
    So wie ihres.

Kapitel vier
    »One President, please.«
    Wenn sie

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