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Vergiss es Baby - Roman

Vergiss es Baby - Roman

Titel: Vergiss es Baby - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Sanders
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ausgesprochen Kluges gesagt. »Schlafen ist Erholung. Regeneration. Wirklich ungewöhnlich in dieser Stadt, wo jeder dabei ist, sich in den Grund zu amüsieren.«
    »In Grund und Boden …«, unterbrach sie ihn.
    »Der pur, äh, pure Luxus. Das hat Stil.«
    Der Kerl fand sie eindeutig interessanter als sie sich selbst. Das war mal was Neues. Ohne Frage hatte sie einen echten Gentleman vor sich. Bis jetzt hatte sie zwar noch nie das Vergnügen gehabt, aber das bedeutete ja nicht, dass sie einen Vertreter dieser Gattung nicht erkannte, wenn sie ihn vor sich hatte. Er sah großzügig über ihre Schluckaufattacken hinweg. Ebenso über die Tatsache, dass sie manchmal an ihm vorbei ins Nichts starrte.
    Sie spürte eine angenehme Leichtigkeit. Losgelöst von Ort und Zeit schwebte sie über ihrer Umgebung. Trieb sie noch immer in den Wellen, oder war sie längst im Himmel? Eigentlich egal. Solange sie noch etwas zu trinken bekam.
    »Nun ja, es war nicht so lange«, nahm sie das Gespräch wieder auf und hielt dem Barkeeper ihr leeres Glas entgegen.
    »Nicht?«
    »Nein. Hicks. Nur eine Stunde. Heute.« Sie sah auf ihre Armbanduhr, konnte die angezeigte Stunde aber mit keiner Tagesoder Nachtzeit in Verbindung bringen. Wie auch. Im ewigen
Totenreich spielte Zeit keine Rolle. Außerdem hatte sie nicht daran gedacht, ihre Uhr umzustellen.
    »Also, ich meinte eigentlich den frühen … hicks … Abend.« Verwirrt griff sie nach dem Presidente, kaum dass der Barkeeper ihn vor ihr platziert hatte. Auf ihn war wenigstens Verlass. Ein Fels in der Brandung. Den Attacken der Gezeiten ausgesetzt, aber immer da, wenn man ihn brauchte.
    »Du musst dich ja echt beschissen fühlen.«
    Das war einer der Vorteile, wenn man betrunken war: Man hielt sich nicht mehr lange mit Höflichkeitsfloskeln auf, sondern kam gleich zum Punkt.
    »Da hast du wohl recht.« Falls ihn ihre direkte Art störte, so zeigte er es nicht.
    »Ein typischer Fall von Midlife-Crisis«, fuhr sie fort. »Hast du dir schon einen Porsche gekauft?«
    Gekonnt geklaut aus »Lost in Translation«. Kein Zufall, dass ausgerechnet dieser Film durch den Nebel in ihrem Hirn drang. Scarlett Johansson und Bill Murray, ziellos in Tokio. Zwei Fremde, die sich an einer Hotelbar begegnen und Freunde werden. Sie überlegte, wie die Story ausgegangen war, konnte sich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern.
    »Wie? Mit Anfang zwanzig?«
    »Bitte?« Ach so, die Midlife-Crisis.
    »Bei manchen Männern fängt sie eben früh an.« Interessant, wie gut sie sich plötzlich mit dem anderen Geschlecht auskannte. Wenn sie so weitermachte, konnte sie glatt über einen Nebenjob als Ratgebertante für eine Illustrierte nachdenken. Bestimmt bekam sie die Kohle für ihr Cabrio dann schneller zusammen.

    Sie lachten.
    »Und? Fällt dir noch etwas ein?« Er nahm einen Schluck von seinem Bier. Täuschte sie sich, oder war er immer noch bei der ersten Flasche?
    »Was meinst du?« Ihr alkoholgeschwängertes Hirn hatte Mühe, dem Verlauf der Konversation zu folgen.
    »Na, etwas Verrücktes.«
    »Etwas Verrücktes«, wiederholte sie und versuchte, angestrengt nachzudenken. »Ich glaube, da gibt es nichts mehr.«
    Gut, es hatte da einmal einen Streich auf dem Gymnasium gegeben, in der sechsten Klasse, als sie den Lehrer ausgesperrt hatten. Aber das war kaum das Richtige, um in der Stadt maßloser Übertreibungen Eindruck zu schinden.
    »Dann eben etwas, das du gerne tun würdest. Am besten jetzt gleich.«
    Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, auf dem Bartresen einen Strip hinzulegen. Doch wie sollte sie da raufkommen?
    Sie war zu hastig aufgestanden und hatte dabei den Barhocker umgestoßen, aber das bemerkte sie nicht.
    Ihre Lippen trafen die seinen in genau dem richtigen Winkel. Er hatte diesen verheißungsvollen, ein wenig gierig wirkenden Kussstil, als sei er elektrisch aufgeladen. Sie schloss die Augen, während ihre Hand langsam in seinen Nacken glitt, und spürte, wie er unter der unerwarteten Berührung zusammenzuckte. Doch dann überließ er sich ganz dem Spiel ihrer Zunge. Marlene wurde heiß und kalt. Ihr Körper schien vom Boden abzuheben, und der angenehme Schwindel, der sie plötzlich erfasste, war sicher nicht nur dem Alkohol zuzuschreiben.

    »Nicht schlecht«, raunte er ihr zu, als sie sich unter den tadelnden Blicken des Barkeepers endlich voneinander lösten.
    In Las Vegas gab es keine Leidenschaft. Jedenfalls nicht zum Nulltarif. Sie war eine Dienstleistung, für die am Ende

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