Vergiss es Baby - Roman
Stattdessen zog sie wohl zum dritten Mal an diesem Morgen ihre Bettdecke glatt.
»Was gibt’s zum Frühstück?«
Seine Frage vertrieb ihre Verlegenheit und brachte sie auf sicheres Terrain zurück. Niemand in München würde das Frühstücksangebot einer Marlene Dittrich übertreffen können. Gleiches galt für Mittag- und Abendessen und die Auswahl an Snacks, Zwischengerichten und Mitternachtsimbissen. Nicht zu vergessen die zur Stimmung und zum Appetit passenden Betthupferl. Ob Mistkerl oder nicht, den Raffinessen einer gut sortierten Kühl-Gefrierkombination entkam so schnell keiner. »Was du magst«, antwortete sie zuckersüß. »Du brauchst nur in die Truhe zu sehen.« Der Triumph in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Die Croissants sind lecker. Es gibt sie pur, mit Vanille- oder Schokoladenfüllung. Mit oder ohne Puderzucker. Außerdem sind Nusshörnchen, Mohnschnecken, Semmeln und Brezen da. Und diese gefüllten Miniwindbeutel. Und Waffeln natürlich.«
»Du isst morgens Kuchen?«
»Ja, klar. Aber wenn du lieber etwas Herzhaftes willst, kein Problem. Wie wär’s mit einem Schinken-Käse-Toast?«
»Ehrlich gesagt, nein. Ich versuche, morgens ein Zuviel an Kohlenhydraten zu vermeiden.«
Marlene zog den Bademantel enger über ihr Schlaf-T-Shirt und hätte gerne die Enden des Gürtels verknotet, der jedoch fehlte Egal. Das T-Shirt verbarg ihren Körper mehr oder weniger vorteilhaft und war lang und sittsam genug.
»Es gibt auch Flakes«, fuhr sie fort.
Cini Minis und diese kleinen Nougattaschen. Oder die runden Dinger mit der Füllung aus kleingehackten Nüssen und locker aufgeschlagener Creme, die außen mit Kokosstreuseln verziert waren. Das waren ihre Nahrungsergänzungsmittel. Die einzigen, die sie kaufte, weil Öttken sie, genauso wie das Megafamilienglas Nutella, nicht führte.
»Du meinst Flocken?«
»Kann sein. Jedenfalls sind die ausgesprochen nahrhaft. Wahnsinnig gesund. Und lecker. Ohne Zucker. Glaube ich zumindest. Du kannst ja mal auf der Packung nachsehen.«
»Nein danke. Für mich nur etwas Obst. Und einen Joghurt.«
Obst?
Marlene folgte Valentin in die Küche, wo er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Von Rosanna und Florian war weit und breit nichts zu sehen. Zwar fanden während der halbherzigen Renovierungsaktion keine spontanen Partys mehr statt. Trotzdem war vor elf Uhr wohl kaum mit ihnen zu rechnen.
»Also ich glaube, ich habe noch irgendwo Schokomüsli.« Marlene öffnete eine Schranktür nach der anderen. Ohne Erfolg. »Da sind getrocknete Bananen drin. Und in der Truhe sind Heidelbeermuffins. Also alles quasi Obst.«
Ihre Vorschläge konnten Valentin nicht überzeugen. Inzwischen hatte er aus einem Korb, der vor Mangos, Papayas, Ananas und anderen exotischen Früchten förmlich überquoll, drei
Babybananen entnommen, oder wie die Dinger sonst heißen mochten.
»Unten an der Ecke ist ein wirklich guter Gemüsehändler mit einer Saftbar. Die frisch gepressten Säfte sind super. Hast du schon einmal den Coconut-Banana probiert? Schmeckt wirklich klasse!«
Marlene kannte den Laden, hatte aber in den drei Jahren, die sie in der Ysenburgstraße lebte, keine Veranlassung gesehen, ihn aufzusuchen. Wozu auch. Wo man seinen Vitamin-C-Bedarf doch prima decken konnte, indem man Schokolade mit Orangengeleefüllung aß.
Valentin holte den Mixer vom Küchenschrank und warf die Bananen hinein. Interessant, was die ganze Rumräumerei an verschwundenen Küchengeräten zutage gefördert hatte. Marlene hatte gar nicht gewusst, dass sie das Ding noch besaß. Neugierig beobachtete sie, wie er aus dem Kühlschrank ein schwarzes Ding hervorholte, das Ähnlichkeit mit einer angegammelten Bohne hatte.
»Vanillemark«, informierte er sie lächelnd, während er das längliche Etwas mit einem Messer geschickt von seinem Innern befreite.
»Warum nimmst du nicht einfach Vanillezucker?«, fragte Marlene, die fasziniert Valentins Handgriffen folgte. Als er sich umdrehte, sah er sie seltsam an.
»Hör mal, das ist Zucker !«
Richtig. Aber der war doch nicht giftig, oder? So verächtlich, wie Valentin das Wort ausspuckte, hätte man genau das vermuten können.
»Auf den kann man sehr gut verzichten«, fuhr er fort. »Das
hier«, er hielt die ausgekratzte Schote in die Höhe »ist reiner Geschmack. Wenn du es süß haben willst, dann nimm Honig. Ist gesünder.«
Sicher. Falls man sich mit einem halben Teelöffel abfand. Wenn sie es süß haben wollte, dann musste es schon etwas
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