Vergiss es Baby - Roman
abzulenken.
»Na, den Typen«, fuhr Rosanna ungerührt fort, während sie kritisch die Tomaten beäugte. »Handwerker ist der jedenfalls keiner.«
»Wieso?« Marlene schoss das Blut in den Kopf. Schnell trug sie den Salatkopf zur Spüle, wo sie hektisch begann, ihn zu zerpflücken.
»Wenn der Typ etwas vom Renovieren versteht«, Rosanna machte eine wirkungsvolle Pause und durchwühlte die Küchenschublade nach einem scharfen Messer, »dann kannst du mich demnächst mit Frau Doktor ansprechen.«
Ihre beratende Tätigkeit bei der Münchner Kriminalpolizei bot reichlich Material für ein wissenschaftliches Werk. Allerdings sah es nicht danach aus, als würde Rosanna in absehbarer Zeit mit ihrer Promotion beginnen. Die Wälzer, die sich als unumgängliche Fachliteratur auf ihrem Schreibtisch stapelten, warteten immer noch darauf, von ihrer Plastikfolie befreit zu werden.
»Der Kerl ist handwerklich vollkommen unbegabt. Außerdem trinkt er nichts. Das Bier musste ich ihm regelrecht aufdrängen. Wie er die Flasche angestarrt hat! Und dann hat er die Pulle kaum aufgekriegt. Nie und nimmer arbeitet der Typ auf dem Bau!«
Ihre Mitbewohnerin hatte sich in Fahrt geredet, während sie versuchte, die Haut von den Tomaten zu schälen. Diese Aufgabe erwies sich als wesentlich schwieriger als gedacht, erforderte aber leider nicht ihre volle Konzentration.
Zwar bemühte sich Marlene, ihren Angetrauten zu verteidigen, doch Rosanna machte es ihr verdammt schwer. Im wahrsten Sinne des Wortes schien sie kein gutes Haar an ihm zu lassen.
»Und wie der aussieht«, fuhr ihre Mitbewohnerin fort. »Wer bitte entstellt sich denn freiwillig? Es wäre doch ein Leichtes gewesen, zum nächsten Friseur zu rennen und die Haare wieder in Ordnung bringen zu lassen. Aber nein. Macht er nicht. Man könnte glatt auf die Idee kommen, er will nicht erkannt werden.«
»Warum sollte er etwas verbergen wollen?«
Marlene drehte die Salatschleuder, erst langsam, dann immer schneller und verbarg so das Zittern ihrer Hände. »Du übertreibst mal wieder. Eine typische Berufskrankheit. Ihr Psychologen könnt es einfach nicht aushalten, wenn es einmal nichts zu analysieren gibt. Ohne Probleme wärt ihr doch rettungslos verloren.«
Doch Rosanna ließ sich so schnell nicht vom Thema abbringen, während sie eine Tomate nach der anderen zermatschte.
»Ich bin der festen Überzeugung, dass mit dem Typ was nicht stimmt. Heute Morgen wollten wir in den Fitnessclub«, fuhr sie fort und warf die nicht mehr erkennbaren Überreste mit großer Geste in eine bereitstehende Plastikschale. »Doch kurz bevor wir loswollten, erfand er alle möglichen Ausreden. Das kam mir komisch vor, also bestand ich auf unserer Abmachung. Schlagartig bekam er Magenschmerzen, von denen er sich allerdings ganz schnell wieder erholt hat, als Florian auftauchte.«
Gegen ihren Willen musste Marlene grinsen, als sie sich vorstellte, was Valentin angestellt haben mochte, um dem Besuch im Fitnessclub zu entgehen. Dass ihn da jemand erkannt hätte, war klar.
»Lass ihn doch einfach in Ruhe«, versuchte sie Rosanna abzulenken.
»Die Renovierung dauert schließlich nicht ewig. Du wirst sehen, wir sind ihn bald wieder los.«
Marlene ließ den Salat, wo er war, nahm eine Aubergine in die Hand und betrachtete sie respektvoll von allen Seiten, unschlüssig, was sie damit anfangen sollte.
»Schade! Wo der Kerl doch wirklich süß ist! Ehrlich gesagt, also wenn man sich den Kopf, also ich meine eher seine Haare, wegdenkt, nun, dann finde ich ihn sogar ausgesprochen schnuckelig.«
Das war Marlene bereits aufgefallen.
»Er ist ziemlich gut gebaut.« Rosanna kicherte, und Marlene wurde abwechselnd heiß und kalt.
»Du hast doch nicht etwa …?« Der Gedanke war zu erschreckend, um ihn auszusprechen.
»Keine Sorge. Ich glaube, er ist schwul.«
War er nicht!
Rosanna hatte ja keine Ahnung. Wenn sie bei der Erstellung von Täterprofilen ebenso danebenlag, dann musste sich niemand wundern, wenn die Verbrecher unbehelligt in der Gegend herumspazierten.
Als Valentin und Florian in der Küche auftauchten, waren die beiden Küchenhilfen mit ihrem Latein längst am Ende und übertrugen bereitwillig dem Gast die Regie. Der schien zu wissen, was zu tun war. Nach einem Vortrag über die korrekte Häutung von Tomaten - man legte sie erst in kochendes Wasser, bevor man sie mit kaltem Wasser erschreckte - machte er sich ans Werk.
Eine Stunde später stand ein köstliches Essen auf dem Tisch. Alle aßen mit
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