Vergiss es Baby - Roman
Die Organisation des Haushalts verlief unkompliziert,
weil ohne jeden Plan. Gekocht - oder aufgetaut! - wurde grundsätzlich für alle, auch wenn es passieren konnte, dass man allein vor seinem Teller saß. Dann wurde das Essen einfach auf den Herd gestellt, und jeder, der wollte, bediente sich später.
Gerade rollte er den Nudelteig aus, der später als Unterlage für das Fleisch gebraucht wurde, das bereits im Topf auf kleiner Flamme vor sich hin köchelte, als er hörte, wie der Hausschlüssel im Schloss herumgedreht wurde.
Dann wurde eine Zimmertür zugeschlagen und kurze Zeit später wieder geöffnet. Die Dusche im Bad rauschte, während er Zwiebeln klein schnitt.
»Hi.« Marlenes Locken hingen ihr tropfnass ins Gesicht. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihre Haare zu trocknen, geschweige denn, ein Handtuch um die Schultern zu legen.
»Was ist das?« Neugierig trat sie an den Küchentisch und beobachtete, wie Valentin eine weiße, feuchte Masse, die entfernt an Quark erinnerte, ebenso gut aber auch Schafskäse hätte sein können, in einer Schüssel mit der Gabel zerdrückte.
»Das wird Susduk. Eine besondere Soße für das Beschbarmak.«
»Besch… was?«
»Beschbarmak. Unser Nationalgericht.«
Valentin vermischte die weiße Masse mit Fleischbrühe, verschiedenen Kräutern und Knoblauch. Dann hielt er Marlene einen Löffel zum Probieren hin.
»Hmmmm. Lecker. Ich bin am Verhungern.« Ihre Stimme klang freundlich, auch wenn Valentin schnell merkte, dass ihr Lächeln ihre Augen nicht erreichte. Als sie sich mit einer Packung Keksen und einem Glas Milch an den Tisch setzte und
ihm zusah, wie er kleine Quadrate aus dem Nudelteig fertigte, schlug sein Herz ein kleines bisschen schneller. Dabei sollte er sich doch langsam an seine Atemlosigkeit gewöhnt haben. So wie an den Kloß, der seine Kehle verschloss, bevor er tiefer und tiefer rutschte und seinen Magen aufmischte, wann immer Marlene in seiner Nähe war.
»Es ist wirklich nett von dir, dass du dir solche Mühe gibst«, sagte sie und biss geräuschvoll in einen Keks. »Ich bin ehrlich beeindruckt. Aber warum hast du nicht einfach das Bœuf Stroganoff aufgewärmt? Das ist auch russisch.«
»Russisch. Eben. Was ich zubereite, ist kasachisch.« Dieser Unterschied war ihm ein kurzer Ausflug in die russisch-kasachischen Beziehungen wert, den Marlene geduldig über sich ergehen ließ.
»Außerdem wollte ich für dich kochen, Babe.«
Die Art, wie Valentin das Wort »kochen« aussprach, gefiel Marlene nicht. Es klang, als berge dieser einfache Vorgang der Nahrungszubereitung ein Geheimnis in sich, welches nur einigen Auserwählten zugänglich war. Ihr Glück, dass sie keinerlei Wert auf Mitgliedschaft in diesem exklusiven Club legte.
»Da hast du dir den richtigen Abend ausgesucht.« Marlenes Augen funkelten ihn an, und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. »Wir werden nämlich allein sein.«
Diese Nachricht schien seine Aktivitäten zu beflügeln. Im Affentempo hatte er Karotten geschabt, zerkleinert und zu dem Fleisch gegeben, noch mehr Kräuter zerhackt und den Wein entkorkt. Das Essen würde noch dauern, informierte er sie, schenkte ihnen ein Glas Wein ein und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch.
Der Anblick, wie er selbstvergessen den Stil seines Weinglases in den Händen drehte, faszinierte sie. Selten hatte eine derart alltägliche Geste einen erotischeren Beigeschmack gehabt. Wieder einmal fiel ihr auf, wie gut der Kerl aussah. Ihre Gegenwart musste ihm verdammt zusetzen, wenn er nach nur einer Nacht, die er nicht zu Hause verbracht hatte, derart putzmunter und erholt wirkte. Wirklich toll, was sie für eine Wirkung auf Männer hatte. Seine meergrünen Augen blitzten schelmisch, und ihr wurde flau im Magen. Selbst in seiner mit Farbe bekleckerten Renovierungslatzhose, die er trug, ohne seinen ansehnlichen Oberkörper mit Hemd oder T-Shirt zu verdecken, sah er aus wie aus dem Ei gepellt. Ein Star, der sich seinen weiblichen Fans zur Schau stellte und sich einen Spaß daraus machte, den Bauarbeiter zu geben. Seine karottenroten Haare, die mit Gel gestärkt nach allen Seiten vom Kopf abstanden und ein echter Hingucker waren, bildeten das i-Tüpfelchen der perfekten Inszenierung. Alle Achtung! Er wusste wirklich, wie man auffallende Schönheitsfehler kaschierte.
»Seit ich dich kenne, ist mein Leben vollkommen aus den Fugen«, lenkte sie schnell ab, bevor der Gedanke, Valentin auf der Stelle anzufallen, ihn gegen die Spüle
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