Vergiss es Baby - Roman
Jugend verschwenden? Warum lässt du dich mit jemandem ein, der dein Vater sein könnte? Das bringt doch nichts!«
»Stimmt. Das käme für mich nicht in Frage. Die kleinen Wehwechen älterer Herren halte ich nicht aus. Dazu ist meine Seele viel zu sensibel. Schon der Anblick der dritten Zähne im Wasserglas würde mich einer Ohnmacht nahe bringen.«
Valentins Mundwinkel schoben sich leicht nach oben.
»Stell dir mal vor, mein Freund verlangt, ihm zuliebe irgend so eine langweilige Schonkost zu kochen. Oder schlimmer, Diät zu halten. Das ging ja gar nicht. Die Beziehung würde mir sofort auf den Magen schlagen.«
»Alter hat auch Vorteile. Im Bett zum Beispiel ist eine gewisse
Erfahrung nicht zu verachten«, meinte Valentin grinsend.
»Klar«, grinste Marlene zurück. »Man merkt, wenn man Sex hat. Man verpasst nichts. Und einfach einzuschlafen, wenn man gerade bei der Sache ist, ist auch nicht mehr drin. Viagra sei Dank.«
Erneut trat Valentin ans Fenster.
»Wer einschläft, wenn er mit dir Sex hat, Babe, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.«
Gerne hätte sie das Geplänkel fortgesetzt, doch im Augenblick war es wichtiger, Valentin vom Fenster wegzuziehen.
Bingo! Mr. X stand unten. Das bemerkte sie sofort, als sie vorsichtig nach draußen linste. Lässig gegen einen Baum gelehnt, rauchte er eine Zigarette und trank aus einer Dose Cola. Seinen Trenchcoat hatte er gegen eine dunkle Lederjacke getauscht.
»Da unten«, wandte sie sich an Valentin, der kaum den nötigen Sicherheitsabstand einhielt. »Die Presse, nehme ich an.«
Jetzt wurde er hellhörig. Verdammter Egoist.
»Aber die wissen doch gar nicht, wo ich bin.« Er klang nervös. Wurde auch langsam Zeit, dass er die Angelegenheit mit dem nötigen Ernst betrachtete.
»Ach ja? Anscheinend schon.«
»Hat der Typ dich gesehen, als du gekommen bist?«, fragte sie ihn, als Valentin sie an die Wand drückte, ihre Hand nahm und sie in die Hocke herunterzog. Die Berührung kam so überraschend, dass sie beinahe laut um Hilfe geschrien hätte.
»Schwer zu sagen. Ich war joggen. Auf dem Rückweg habe ich mir die Kapuze von Sweatshirt über Kopf gezogen,
weil es leicht geregnet hat. Vielleicht hat er mich nicht erkannt.«
Die Gelegenheit, ihn unauffällig danach zu fragen, wo er gewesen und wann er eigentlich nach Hause gekommen war, verstrich ungenutzt. Sie wollte nicht aufdringlich erscheinen. Valentin konnte tun und lassen, was er wollte. Er war schließlich ihr Mann. Wobei »tun« ihr eindeutig lieber war als »lassen«. Himmel!
Sie war ihm so nah, dass sie seinen Atem in ihrem Gesicht spüren konnte. Einen Moment lang wünschte sie sich nichts sehnlicher, als seine Lippen auf ihren zu spüren. Fast hätte sie unbewusst die Augen geschlossen, als ihr in den Sinn kam, dass sie nicht ewig da unten hocken bleiben konnte. Und außerdem: Was war eigentlich mit dem Essen? Das schien Valentin vollkommen vergessen zu haben.
»Ich denke, es wird das Beste sein, du bleibst bis auf Weiteres zu Hause und gehst erst einmal nicht vor die Tür.« Sie rappelte sich hoch.
»Was? Ich soll mich freiwillig einsperren lassen?«
»Ich glaube, das ist momentan das Beste. Ich will dir doch nur helfen.«
»Ach ja? Soll ich mich im Badezimmer verstecken, oder was?«
»Ausgeschlossen. Wir wollen schließlich mal duschen.« Marlene rappelte sich hoch, wobei sie Wert darauf legte, Abstand zwischen sich und Valentin zu bringen.
»Deine Anwesenheit dort würde das sexuelle Gleichgewicht in unserer WG verschieben. Das kann ich keinesfalls riskieren.«
»Klar. Florian könnte mir wirklich gefährlich werden. Rosanna
auch. Zumal sie ihren Körper neu definieren will, wie sie sich ausdrückte. Wer weiß denn, was sie anstellt, wenn ich sie nicht ins Studio begleite.«
Er war nun ebenfalls aufgestanden und lehnte sich lässig an die Wand.
Und sie? Was war mit ihr? Konnte sie ihm auch gefährlich werden?
»Ich meine es ernst. Bleib einfach eine Weile in der Wohnung. Zumindest so lange, bis ich weiß, was dieser Möchtegern-Marlowe da draußen will.«
»Und hat meine Kerkermeisterin auch eine Idee, was, zum Teufel, ich die ganze Zeit hier machen soll?«
»Da wird mir schon etwas einfallen.«
»Richtig. Ich bin ja zum Renovieren hier.«
»Und zum Kochen. Was ist übrigens mit diesem Beschkebab? Ich sterbe vor Hunger.«
»Beschbarmak.«
»Sag ich doch. Außerdem wäre es aufmerksam, die Dame des Hauses bei Laune halten.«
Sie setzte sich auf die Fensterbank, verschränkte
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