Vergiss es Baby - Roman
kratzte, zumal ihr selbst schon die eine oder andere Macke aufgefallen war. Vor allen Dingen jetzt nicht, wo der Mann ihres Herzens gestanden hatte, dass er ohne sie nicht mehr leben konnte. Nun ja. Ganz so war es nicht gewesen. Aber es ging in die Richtung, oder etwa nicht? Außerdem hätte sie ja auch sagen können, was sie für ihn empfand. Aber dazu war sie ja zu feige gewesen.
»Hast du dir eigentlich mal überlegt, was es bedeutet, mit Valentin zusammen zu sein?« Das Spaghettiwasser kochte, aber Rosanna bemerkte es nicht. »Ein Leben in Abhängigkeit, Isolation und Heimlichkeit.«
Marlene seufzte. Rosanna hatte da wohl irgendetwas nicht so ganz mitbekommen. Valentin war längst zum Lieblingskind der Medien mutiert. Es gab keinen Grund mehr, ihn zu verstecken. Selbst zu ihrer Ehe konnten sie sich bekennen, sofern sie dies wollten. Nur hatten sie beide bisher noch keine Veranlassung dazu gesehen.
»Einsame Wochenenden. Feiertage und Ferien, an denen du frustriert zu Hause sitzt und auf seinen Anruf oder Besuch wartest.«
»Aber ich werde ihn doch zu den Spielen begleiten«, widersprach Marlene heftig. Das hatte sie sich fest vorgenommen.
Die spielfreie Zeit würden sie dann gemeinsam verbringen, ob zu Hause oder anderswo, war ihr erst einmal gleich.
»Sicher.« Endlich riss Rosanna die Spaghettipackung auf, vergaß aber, die Nudeln ins kochende Wasser zu schmeißen. »Wahrscheinlich bittet er dich sogar darum. Ist ja auch verdammt bequem für ihn. So hat er seinen Betthasen immer dabei.«
Jetzt hatte Rosanna es doch noch geschafft! Einen Moment lang war Marlene tatsächlich irritiert. Sah Valentin in ihr nicht mehr als eine unkomplizierte Gespielin, bereit, sich mit ihm in den Laken zu wälzen, bis ihn die Lust auf neue Abenteuer packte und er ihrer überdrüssig wurde? Das konnte sie sich nicht vorstellen. Es war höchste Zeit, dass sie endlich miteinander redeten. Es gab jede Menge zwischen ihnen zu klären, das nichts mit Fußball, Vereinen und Verträgen zu tun hatte, so viel stand fest.
»Willst du etwa einen Kerl, der sich auch in anderen Betten herumtreibt?«, streute Rosanna munter Salz in die Wunden. Die Nacht, in der Valentin nicht nach Hause gekommen war, fiel ihr ein. Nach langen Überlegungen, wo er gewesen und was er wohl gemacht haben könnte, war sie dann doch sicher gewesen, dass es eine ganz harmlose Erklärung für sein Fortbleiben gab. Natürlich war es unter ihrer Würde gewesen, ihn einfach zu fragen.
»Marlene, wach auf! Das hier ist keine Liebesschnulze. Warum hängst du dein Herz an einen Kerl, der schon vergeben ist?«
Marlene biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen, als endlich der Groschen fiel. Rosanna hatte recht. Ihr Leben
war kein Kino. Eher so etwas wie schlechtes Fernsehen. Bislang allerdings bewegte es sich noch auf dem Niveau einer Daily Soap. Das war auch nicht schlecht, solange man genug Humor hatte, es dabei bewenden zu lassen.
»Rosanna«, sie musste sich beherrschen und drehte sich schnell zur Seite. Ihr breites Grinsen hätte sie verraten. »Es ist wirklich süß, dass du dir Sorgen machst. Ich weiß das zu schätzen. Aber es ist wirklich alles in Ordnung. Und jetzt lass uns endlich die Nudeln in den Topf werfen. Ich habe Hunger!«
Kapitel zweiundzwanzig
Valentin wusste nicht, was er erwartet hatte, als er gegen Mittag in ein Taxi stieg, das ihn vom Flughafen in die Stadt brachte. Aber das ganz bestimmt nicht. Manchester zeigte sich ihm als eine quirlige, geschäftige Großstadt. Auch das Wetter präsentierte sich alles andere als typisch englisch. Statt dem erwarteten Nieselregen zeigte sich die Sonne, und ihre Strahlen brachen sich in grandiosen Bauten aus Stahl, Beton und Glas. Nur wenige Meter von den Glaspalästen entfernt sah die Stadt weniger modern aus, und als das Taxi vor seinem Hotel hielt, war Valentin in der historischen Altstadt angekommen.
Marlene hatte ein exzellentes Zimmer in einem Designhotel für ihn gebucht, und er hätte damit nicht zufriedener sein können. Kaum hatte er seinen Koffer abgestellt, zog es ihn auf Erkundungstour. Lässig, als gehöre er hierher, schlenderte er durch die Straßen, und ließ sich von der Lebendigkeit der Stadt anstecken.
Was würde Marlene von Manchester halten? Würde es ihr hier gefallen?
Als er eine Art Kreisverkehr erreichte, der auch Haltestelle mehrerer Buslinien war, hätte er sich fast in eine der Menschenschlangen eingereiht, um einfach, ohne Ziel, ein wenig herumzufahren. Doch dann
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