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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Ja.«
    Sie standen da, Lena mit verschränkten Armen, Hank die Hände in den Taschen vergraben, und starrten auf den Grabstein. Die einzelne Rose machte sich vor dem schwarzen Marmor wirklich gut. Lena hatte nie verstanden, warum die Menschen Blumen in eine Leichenhalle oder auf den Friedhof schickten, aber jetzt ging ihr auf, dass Blumen den Hinterbliebenen Freude machen sollten, dass sie an das Leben auf der Welt erinnern und Mut machen sollten, nach vorne zu blicken.
    Hank wandte sich ihr zu. » Ich gehe nach Reece zurück«, sagte er. » Vielleicht schon morgen.«
    Lena nickte und schluckte, ihr steckte ein Kloß im Hals. » Ja«, sagte sie. » Das ist wahrscheinlich ’ne gute Idee.« Sie hatte ihm noch nicht erzählt, dass ihr von Jeffrey ein Ultimatum gestellt worden war: Entweder sie nahm sich die Zeit für eine Therapie, oder sie brauchte gar nicht mehr auf der Dienststelle zu erscheinen. Zum Teil hatte sie das für sich behalten, weil sie nicht wollte, dass Hank für sie die Entscheidung traf. Er hätte sie bestimmt am liebsten wieder mit nach Reece genommen und ihr einen Job in seiner Bar gegeben, damit sie ihr Leben unter seinen wachsamen Blicken lebte. Das würde jedoch nicht wirklich funktionieren, denn eines Tages würde Hank nicht mehr sein. Er war ein alter Mann. Er würde nicht ewig da sein, und was würde aus ihr, wenn er nicht mehr war?
    Der Gedanke, dass Hank eines Tages tot sein würde, trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie wandte den Blick von ihm ab und versuchte, die Fassung zurückzugewinnen. Stumm zog er sein Taschentuch hervor und reichte es ihr. Das Tuch war feucht von seinem Schweiß und warm dazu, aber sie benutzte es dennoch, um sich die Nase zu putzen.
    » Ich kann es auch aufschieben«, bot er an.
    » Nein«, sagte sie. » Es ist wahrscheinlich besser.«
    » Ich verkaufe die Bar«, schlug er vor. » Ich kann auch hier einen Job finden.« Er fügte hinzu: » Oder du könntest mit mir kommen, zurück nach Hause.«
    Sie schüttelte ablehnend den Kopf und spürte, wie ihr wieder die Tränen in die Augen schossen. Sie konnte Hank nicht sagen, dass nicht sein baldiger Auszug aus ihrer Wohnung sie so erschütterte, sondern der Gedanke, dass er eines Tages tot sein würde. Aber das war alles zu morbide, und was sie sich wirklich von ihm wünschte, ja, was sie brauchte, war die Gewissheit, dass sie nur zum Telefon greifen musste, und er wäre da. Mehr hatte Lena nie von Hank erwartet. Und das war letztlich auch das eine, was er ihr immer gegeben hatte.
    Hank räusperte sich und sagte: » Du bist doch immer die Starke gewesen, Lee.«
    Sie lachte, denn sie hatte sich noch nie so schwach und hilflos gefühlt wie jetzt.
    » Bei Sibby wusste ich immer, dass ich für sie da sein musste, dass ich ihr bei jedem Schritt des Weges die Hand halten musste.« Er hielt inne. » Bei dir war es schwieriger. Du wolltest mich nicht. Brauchtest mich nicht.«
    » Ich weiß nicht, ob das stimmt.«
    » Teufel auch, so war es«, entgegnete er. » Du hast immer deinen eigenen Kopf gehabt. Hast dir das College geschenkt, bist auf die Polizeiakademie gegangen und dann hergezogen, hast mir erst davon erzählt, als alles feststand.«
    Lena hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, aber sie wusste nicht, was.
    » Na gut«, sagte er und nahm das Taschentuch zurück, » ich werde dann morgen ausziehen.«
    » Okay.« Lena nickte und wandte sich wieder Sibyls Grab zu.
    » Die brauchen dich hier wahrscheinlich noch eine ganze Weile«, sagte Hank. » Jetzt, wo das Mädchen endlich gefunden worden ist. Ich bin sicher, es gibt hier noch ’ne Menge Kinder, die dasselbe durchgemacht haben. Das sind gar nicht nur so vereinzelte Fälle, wie man denkt.«
    » Nein«, stimmte Lena zu. » Sind es nicht.«
    » Gut jedenfalls, dass die Kleine wieder da ist«, fügte Hank hinzu. » Dass dein Chief sie gefunden hat.«
    » Ja«, sagte Lena, aber sie machte sich Sorgen um Lacey Patterson. Was mochte man ihr in dem Haus angetan haben? Welche Erinnerungen würde sie für den Rest ihres Lebens mit sich herumschleppen müssen? Würde sie überhaupt fähig sein, sie zu ertragen, oder würde sie, wie ihr Bruder, im Tod den leichteren Weg suchen? Lena wusste nur zu gut, dass die Verlockung sehr groß war. Immer noch war sie nicht sicher, ob sie nicht morgen entscheiden könnte, dass es sinnlos sei weiterzuleben.
    Hank sagte: » Tut mir leid, dass ich dich zu Prediger Fine schicken wollte. Man kann so was einem Menschen wohl nicht an der

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