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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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strich Sara das Haar hinters Ohr und konnte nichts anderes sagen als: » Du bist so schön.«
    Sara verdrehte die Augen. » Und mehr hast du nicht zu sagen?«
    Er schlug vor: » Warum gehen wir nicht rein, damit ich dir ausführlicher antworten kann?«
    Mit einem Zwinkern fragte Sara verschmitzt: » Warum müssen wir denn dafür reingehen?«

Freitag

Einundzwanzig
    L ena biss die Zähne zusammen und trabte über den Asphalt. Sie hörte das Stakkato von Hanks Schritten hinter sich. Seine billigen Turnschuhe klangen wie Trommelstöcke auf einem Ölfass.
    » Mehr hast du nicht drauf?«, fragte er und überholte. Sie ließ ihn eine Weile vorauslaufen und beobachtete ihn. Die Sonne tat ihm nicht gut, und statt zu bräunen, hatte seine teigige Haut sich gerötet. Die Einstichnarben auf seinen Unterarmen hoben sich burgunderrot und reliefartig von der sonnenverbrannten Haut ab, und seine Nackenpartie war krebsrot.
    Seine Atemzüge klangen eher wie ein Pfeifen, und sein gelbgraues Haar klebte schweißnass am Kopf, aber er hielt sich wacker. Lena holte auf, um neben ihm zu laufen, und sie musste zugeben, dass er für einen alten Mann recht gut in Form war.
    » Hier lang«, sagte er.
    Lena folgte ihm, als er scharf abbog und auf einem Pfad weiterjoggte, der durch den Wald führte. Der weiche Untergrund brachte ihren schmerzenden Knien sofort Linderung, und ihre Oberschenkel fühlten sich nicht mehr so an, als würden sie durch die Hitze in den Muskeln in Flammen aufgehen. Sie hatte ihren toten Punkt überwunden, und früher hatte sie ebendiesen Moment so geliebt: den intensiven Schmerz zu spüren und ihn dann durch reine Willenskraft zu überwinden, sich dazu zu zwingen, die Strecke hinter sich zu bringen. Ihr Körper fühlte sich stark und kraftvoll an, ja, unbesiegbar, als könne sie tun, was sie wollte. Als wäre sie wieder die alte Lena.
    Sie ahnte, wohin er lief, aber sie war doch überrascht, als sie den Friedhof erreichten. Sie joggten zwischen den Gräberreihen entlang, schauten aber beide geradeaus und blieben erst stehen, als sie an Sibyls Grabstein angekommen waren.
    Lena legte die Hand oben auf den Stein und nutzte ihn als Stütze, um die Beine auszuschütteln. Der schwarze Marmorstein fühlte sich kühl und gut an. Es war, als berührte sie dadurch auch Sibyl.
    Hank stand neben ihr und hob sein T-Shirt hoch, um sich den Schweiß aus den Augen zu wischen.
    » Meine Güte, Hank«, sagte Lena und schirmte die Augen gegen das grelle Weiß seines Bauchs ab, auf dem ebenfalls Einstichnarben zu sehen waren. Darüber verlor sie jedoch kein Wort.
    » Warm heute«, sagte Hank. » Ich glaub aber, mit der Hitze ist es bald vorbei. Was meinst du?«
    Es dauerte eine Weile, bis ihr klar wurde, dass er mit ihr sprach und nicht mit Sibyl.
    Er redete weiter vom Wetter, und Lena stand einfach daneben und versuchte nicht zu zeigen, wie unbehaglich ihr zumute war.
    Sie betrachtete Sibyls Grabstein. Hank hatte alles in die Hand genommen und auch den Wortlaut der Inschrift auf dem Stein bestimmt. Über den Daten stand gemeißelt: Sibyl Marie Adams, Nichte, Schwester, Freundin. Lena war überrascht, dass er nicht Nan zu Gefallen auch noch das Wort » Geliebte« in den Stein hatte meißeln lassen. Das hätte ihm nämlich ähnlich gesehen.
    » Sieh nur«, murmelte er und beugte sich hinab. Jemand hatte eine kleine Vase mit einer einzigen weißen Rose vor den Stein gestellt. In der Morgenhitze wurde die Blume welk. » Ist die nicht hübsch?«
    » Ja«, sagte Lena, erkannte aber an Hanks verblüffter Miene, dass er diesmal mit Sibyl gesprochen hatte.
    Er sagte: » Ich möchte wetten, die hat Nan hier hingestellt. Sibyl hat weiße Rosen schon immer gemocht.«
    Lena schwieg. Nan hatte die Blume wahrscheinlich an diesem Morgen gebracht. Wahrscheinlich kam sie immer sehr früh am Morgen her, denn Lena war ihr auf dem Friedhof noch nie begegnet. Nicht, dass sie oft Sibyls Grab besuchte. Anfangs war es ihr nicht möglich gewesen herzukommen, denn das Gehen fiel ihr schwer, und sie konnte auch nicht so lange im Auto sitzen. Dann hatte sie sich geschämt, hatte gemeint, dass Sibyl wusste, was inzwischen geschehen war, dass Lena sich irgendwie verändert, ja, klein beigegeben hatte. In letzter Zeit war es ihr immer unheimlicher vorgekommen, ihre tote Schwester zu besuchen. Und die Art, wie Hank zu Sibyl sprach, als sei sie noch da, war ihr irgendwie peinlich.
    Hank sagte: » Weiß sieht hübsch aus vor dem Schwarz, findest du nicht auch?«
    »

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