Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
Bekky heran, damit sie zuschauen konnte.
„Hi!“, erwiderte sie schüchtern und blieb unschlüssig mit dem Glas in der Hand stehen, obwohl Colette sich schon wieder ein paar frische Handschuhe überstreifte und die elektrisch betriebene Tätowiernadel von der kurz darüber gelegten Folie befreite, um weiter machen zu können.
Hier würde sich zwar keiner böse Entzündungen oder Sonstiges holen, aber Hygiene war in diesem Studio das A und O. Auch wenn die Klienten gegen alle irdischen Krankheiten resistent waren, hieß das nicht, das man schlampig und ohne Anspruch arbeiten musste. Ganz im Gegenteil. Colette und LeRoi nutzten jegliche Art der Fortbildung und gaben tagsüber sogar Kurse für angehende Tätowierer. Deshalb betrieben sie ihr Geschäft auch nur nachts. Erstens konnte man ohne den Betrieb draußen am besten arbeiten und zweitens waren sie beide in der Position, Forderungen stellen zu können, statt nur akzeptieren und schlucken zu müssen, was man ihnen gerade anbot.
„Ich hab dich angerufen.“, fügte sie leise hinzu. Von Theo kam nur ein gleichgültiges Schulterzucken.
„Hey, stillhalten, Casanova. Sonst trägt die holde Venus hier keinen durchsichtigen Schleier, sondern eine Steppdecke.“ Colette packte ohne aufzusehen fest zu, um Theo daran zu erinnern, dass er den Unterarm ruhig zu halten hatte, während sie arbeitete.
Bekky bekam das ungute Gefühl, es könnte ihm doch nicht recht sein, wenn sie zusah.
„Ich wollte mich eigentlich nur bei dir entschuldigen.“, murmelte sie zerknirscht. „Ich hab mit Romy gesprochen. Die Uni-Sache ist vorerst gestorben. Ich sollte mich erst mal darauf konzentrieren, eine gute Schwester zu sein und sie zu unterstützen. Du hast Recht gehabt. Es gibt keinen Grund, sich gegen euch zu stellen. Ich war ziemlich dumm. Es tut mir leid. –Das war es, was ich sagen wollte und nun warte ich lieber weiter draußen. Ich hab mir noch nicht alle Bilder angesehen.“
Bekky deutete mit den Fingern über Colettes gebeugten Kopf hinweg, damit Theo wusste, dass sie die Tattoos meinte, die im Empfangsbereich ausgestellt waren.
„Nichts da, Schätzchen.“, kam es prompt von der Künstlerin, die ihr Augenmerk immer noch auf den Arm hatte. „Setz dich hin und lerne.“
„Wie bitte?“
Bekkys Augen wurden groß. Theo zuckte wieder nur mit den Schultern. Colette unterbrach ihre Arbeit, sah sich mit der elektrischen Nadel in der rechten Hand auf Abstand zu Theos Arm haltend nach Bekky um und nickte in Richtung des Platzes neben sich.
"Setz dich. Wenn du Spaß an Kunst hast, wird dir das hier gefallen.“
„Ist das okay für dich?“
Rebeka sah Theo fragend an. Wenn er jetzt noch mal mit den Schultern zuckte, wusste sie, dass er eher dazu überredet worden war, sie hier rein zu lassen und ihre Gesellschaft somit nicht erwünscht. Sie hatte ja gesagt, was sie ihm sagen wollte. Eigentlich noch mehr, aber seine ungerührte Haltung ließ sie die Sache lieber kurz halten.
„Sicher, du kannst Colettes Steppdecke bewundern.“
Endlich lächelte er und machte es Bekky somit leichter, weiter auf ihn zuzugehen und sich neben Colette zu setzen. Sie wusste, das Quatschen jetzt nicht unbedingt angebracht war, somit genoss sie die Stille unter ihnen und Theos nachsichtiges Lächeln, mit dem er ihr hoffentlich seine Vergebung ausdrücken wollte.
Und das Tätowieren gefiel ihr. Das Zusehen war bei weitem weniger schlimm als vorgestellt. Theo war allerdings auch wirklich tapfer und verzog keine Miene, während Colette die Farbe auf seiner Haut für die Ewigkeit einarbeitete. Nach einer Weile wagte Bekky sogar, Fragen zu stellen, die Colette ihr gern beantwortete und sogar noch ein paar Anekdoten hinzufügte, die sowohl Bekky als auch Theo unterhielten.
So langsam fühlte sich Romys kleine Schwester in Gesellschaft der Immaculates unverhofft wirklich wohl.
° ° °
„Lee, ich glaube, ich hätte gerne eine kleine Pause, wenn das möglich ist.“ Wendy verzog angestrengt das Gesicht, als LeRoi zum wiederholten Mal eine Linie des Tattoos direkt über ihren Rippen nachzog. So ein großes Projekt forderte einem doch so einiges ab. Es war eine Sache, sich im Training ordentlich verprügeln zu lassen aber eine ganz andere, von einer elektrisch betriebenen Nadel gequält zu werden.
LeRoi hatte ihre Liege mit dem Kopfende zum Käfig rübergeschoben, damit Ash die ganze Zeit über ihre Hand halten konnte, was Wendy nur zu gern in Anspruch nahm. Allein das Wegätzen des alten Tattoos mit
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