Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
beginnen.“
Der Tiger hinter den Gittern hatte die Schnauze flehmend in die Luft gehoben, als Wendy aus dem Gästebad trat. Seine Augen leuchteten besitzergreifend auf und das Tier ignorierte die kleinen Provokationen des Gastgebers geflissentlich. Es behielt die ganze Zeit die Beute im Auge, die kein anderer anrühren sollte. Der Vollmond machte ihn unruhig, er hatte es in diesem Zustand noch weniger gern, von seiner Soulmate getrennt zu sein.
Im Unterbewusstsein wusste er, dass weder Wendy noch er in Gefahr waren, doch seine triebhaften Instinkte ließen sich nur schwer beherrschen. Als seine Frau ihre Wünsche äußerte, ohne dass er sie gerade wirklich verstand, erreichte ihn der liebevolle Ausdruck in den Augen von Wendy und sein Verstand kehrte zurück. Zumindest teilweise. Die Rückverwandlung kam über ihn, so dass er sich schließlich, so wie Gott ihn geschaffen hatte, in dem Käfig wieder fand. Er fing den Seidenmantel mit einem schiefen Fletschen seiner Zähne auf, um sich den Stoff überzuziehen. Nicht weil er sich genierte. Ash hatte kein Problem mit Nacktheit, aber gewisse körperliche Reaktionen würden sich nicht vermeiden lassen, wenn er Wendy dabei zusah, wie man ihre zarte Haut mit dem Abbild seiner Selbst versah. Der König musste nicht alles wissen!
° ° °
„Okay, Theo hat nichts dagegen, wenn du uns Gesellschaft leistest, Rebeka.“ Colette war zurück in die Empfangsecke gekommen, wo sich Romys Schwester gerade an einem Orangensaft gütlich tat, den die von Colette beauftragte Lost Soul freundlich serviert hatte. Für den versprochenen Champagner war es noch ein klein wenig früh und sie hätte ihn bestimmt nicht getrunken, da sie fürchtete, sich Theodor gegenüber sonst wieder dämlich zu verhalten.
„Du kannst den Saft gern mitnehmen. – Wir sind gerade dabei, Aphrodite den letzten Schliff zu geben. Vielleicht möchtest du dazu beitragen. Theo hat gesagt, du würdest Kunst studieren.“ Colette winkte auffordernd, damit Bekky nicht schüchtern zögerte, sondern endlich vom Sofa hochkam, damit sie weiterarbeiten konnte.
Aphrodite?
Ach so, die nackte Frau auf Theos Unterarm. Bekkys Wangen färbten sich rot. Ihrer Meinung nach war das Bild bereits sehr detailliert und perfekt gewesen, aber sie hatte es ja auch nur im Halbdunkel ihres Zimmers gesehen und nur ganz kurz. Sie war gespannt, was Colette daran noch verbessern musste und noch gespannter, weil sie vielleicht ihre Meinung dazu sagen durfte. Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet, weil es schließlich ihr Denken gewesen war, das Theodor gegen sie aufgebracht hatte.
„Ich...äh...nein, ich wollte es.- Allerdings bleibe ich doch lieber bei meiner Schwester und habe der Uni abgesagt.“
„So?“ Colette musterte sie von der Seite und nickte dann scheinbar beeindruckt.
„Das ist gut. Familien müssen zusammenhalten. –Was aber nicht heißt, das man auf sein eigenes Leben verzichten sollte, Kleines.“
Bekky schüttelte den Kopf: „ Nein, nein. Das ist es nicht. Ich war...ich habe...“ Was genau sie dazu bewogen hatte, nicht zu studieren, musste Colette eigentlich nicht wissen.
„Es war nicht das Richtige für mich. Zeichnen ist eigentlich nur ein schönes Hobby. Nichts, womit man sein Leben bestreiten kann.“
„Ach nein?“
Colette runzelte die Stirn und brachte Bekky so darauf, sich noch einmal richtig umzuschauen. In diesem gigantischen Studio mit dieser unglaublichen Ausstattung und unverhohlenem Luxus.
„Entschuldigung.“ Bekky wurde ganz verlegen. Sie hatte wieder einmal schneller gesprochen als nachgedacht. Ausnahmen bestätigten wohl die Regel.
„Ich wollte ja nicht ins Tätowiergeschäft.“
Nun lachte Colette, legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter und führte sie zum zweiten Mal an diesem Abend zu einer der schwarzen Türen mit Sonnensymbol, die sie diesmal öffnete und Bekky behutsam hineinschob.
„Dein Gast, Theodor.“
Bekky hielt den Atem an. Theo saß in lässig bequemer Pose auf einer Art Zahnarztstuhl, hatte den linken Unterarm auf eine breite Lehne gestützt und anhand der auf der Haut verschmierten Farbe und der frischen Rötung konnte Bekky feststellen, dass Colette schon ein paar Striche hatte ziehen müssen, bevor Theo ihrem Besuch zugestimmt hatte. Schon wieder eine höchst peinliche Situation, die sie sich aber selbst zuzuschreiben hatte und mit der sie nun gefälligst zurecht kommen musste.
„Hi!“, sagte er knapp und Colette schob einen zweiten Hocker für
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