Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
Es dauerte viel zu lange, bis sie wieder Kontrolle über ihren Hunger hatte und sie sich zwingen konnte, von ihm abzulassen und seine Wunden zu verschließen. Wenn sie erst einmal angefangen hatte, dann verlor sie die Beherrschung und hätte am liebsten nie wieder aufgehört, ihren Durst zu stillen.
Nico barg das glühende Gesicht in den weichen Kissen und zog das Laken zu sich hoch, wo sie dessen Zipfel in einer Geste des Selbstschutzes fest an ihre nackte Brust presste. Ihr ganzer Körper prickelte vor Wohlbefinden, doch in ihrem Inneren verfluchte sie ihre stärker werdenden Schwäche, die vom Vollmond bestimmt wurde. So konnte es nicht weitergehen. Es machte sie wahnsinnig, ihm nicht die Erfüllung bringen zu dürfen, für die sie doch bestimmt war. Damon hatte ihr gesagt, dass ihr Blut eine gefährliche Anziehungskraft besaß, wovon sie gerade nicht das Geringste spürte.
Für jemanden, der angeblich über ihrem Blut beinahe den Verstand verloren hatte, konnte sich Damon ziemlich lange zurückhalten. Nicos Augen hefteten sich an seinen nackten Rücken, als er mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Badezimmer kam und zu seinem Schrank lief. Sie war über das Stadium der Trauer hinweg, jetzt empfand sie über seinem sturen Gebaren nur noch Wut, die sich jedoch bei ihr nicht laut äußerte. Nur ihr Gesicht verzog sich zu einer gekränkten Miene und ihre Lippen formten einen beleidigten Schmollmund, der noch mehr hervortrat, als das Handtuch fiel und sie ihre Augen aufglühen spürte. Sofort schloss sie die Augen und drehte sich auf die andere Seite.
Nein, nicht schon wieder! , ermahnte sie sich in Gedanken.
Und dann kamen die Bilder unerwartet auf sie zugeschossen. Nicos niedlich schmollender Gesichtsausdruck entgleiste und wurde von fassungslosem Erstaunen abgelöst. Ihre Augen klappten auf und starrten glühend ins Leere, so schien es jedenfalls, doch sie sah gestochen scharf, was passiert war und gerade passierte.
„Oh… oh…“, entwichen ungläubige gehauchte Laute ihrer Kehle, dann schienen ihre Wangen unsichtbares Feuer zu fangen.
Sie gab ein leises, erstauntes Hicksen von sich, als sie dabei zusah, wie Tiponi den verletzten Theron zum Trinken brachte und wäre glücklich und zufrieden gewesen, wenn sie nicht mehr hätte sehen müssen.
Es war überhaupt nicht gut für ihre derzeitige Verfassung, solche mehr als eindeutigen Bilder mitzuerleben, die der Glut in ihrem Inneren nur wieder unnötige Nahrung geben würden. Und warum passierte das überhaupt? Bestürzt dachte sie an das kleine (harmlose) Ritual der Santería , das sie für Theron abgehalten, in dem sie um seine Sicherheit, sein Glück und seine Zukunft gebetet hatte. Sie hatte sich doch nur Sorgen um ihn gemacht und wollte, dass er gesund nach Hause kam.
Nicos zu Fäusten geballte Hände umspannten das Laken noch fester, als sie einen Flammenhund aus Tiponi aufsteigen sah, den sie zuerst für ein Trugbild hielt, doch nachdem er Therons Brust verbrannt hatte, musste er viel mehr eine Manifestation ihrer Willenskraft sein.
Nico folgte dem davon eilenden Hund, dem eine leicht bekleidete Tiponi mit wehenden Haaren voraus eilte. Ihre eigene Vision veränderte sich nun, sie wurde symbolhaft. Sie rannte schneller, um den Anschluss nicht zu verlieren, obwohl die Hitze, die das riesige Biest ausstrahlte, sie bestimmt aus nächster Nähe verbrennen würde. Dann kam der Hund plötzlich zum Stehen, so dass Nico beinahe in ihn hineingelaufen wäre. Sie schaffte es gerade noch, anzuhalten, doch sie verlor das Gleichgewicht und stolperte in seinen massigen Leib, dessen rotes Glühen sie plötzlich einhüllte.
Sie riss den Mund weit auf, bereit einen markerschütternden Schmerzensschrei auszustoßen, doch alles, was sie spürte, war nur eine wohlige Wärme. Sie verbrannte gar nicht!
Und dann waren sie alle um sie herum in einem Kreis versammelt. Nico drehte sich erstaunt um ihre eigene Achse, so dass sie ihnen nacheinander in die geheimnisvoll lächelnden Gesichter blicken konnte.
Catalina… Romana… Awendela… King… und Tiponi , die wie die anderen ein Schwert trug, deren Spitzen nach oben zeigten, so dass die Klingen ein schützendes Dach über ihr bildeten. Nico traten Tränen der Freude in die Augen, als sie das Wappen auf der Waffe erkannte.
„Oh, mein Gott...“
Die Vision löste sich auf und Nico lag schwer atmend auf dem Rücken, die Hände ungläubig auf ihren leicht geöffneten Mund gelegt. Ihre Gedanken überschlugen sich. Tiponi war
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