Verhängnisvolles Gold
Hals stecken und treibt mir das Wasser in die Augen. »Ja.«
Seine Hand greift über den Tisch und legt sich auf meine. »Es tut mir so leid, dass du so traurig bist, Zara.«
Ich ziehe meine Hand nicht weg: »Und mir tut es leid, dass du so traurig bist.«
Schritte zum Glück:
1.Nick wiederbekommen.
2.Dafür sorgen, dass Nick sich nicht aufregt, weil ich Elf bin.
3.Astley zum Dank ein Geschenk besorgen.
4.Nach Hause gehen.
5.Die bösen Elfen in den Hintern treten und Bedford sicher machen.
Es ist eine gute Liste.
Vor lauter Aufregung schlafe ich kaum. Als ich am Morgen aufwache, schaue ich mich in meinem Zimmer nach einer guten Ausrüstung für die Reise nach Walhalla um, aber Handtücher, Bademäntel und Reykjavik-Führer scheinen mir nicht geeignet. Also stopfe ich ein Steakmesser in meinen Rucksack, das ich im Restaurant eingesteckt habe, ein bisschen sterilen Verbandsmull von zu Hause (falls sich jemand verletzt) und als Seilersatz die Bänder von den Vorhängen. Schließlich noch meine Wasserflasche und ein paar Müsliriegel. Kaum bin ich mit Packen und Duschen fertig, klopft Astley an die Tür.
Seine Jeans sitzen auf seiner Hüfte. Sein offener Parka hängt locker von seinen Schultern. Er reicht mir noch eine Wasserflasche und wirft sich dann seinen eigenen Rucksack über die Schulter. Er ist ganz ernst, lächelt nicht.
»Fertig?«
»Jep.«
Er stößt die Tür auf. »Hast du deinen Zimmerschlüssel?«
»Nö!« Ich mache einen Satz zurück und schnappe mir den Schlüssel. »Meine Mom vergisst den auch immer. Hast du deinen?«
Einen Augenblick lang tut er so, als hätte er ihn nicht, aber dann klopft er auf seine Brieftasche. »Natürlich, bei unseren Pässen.«
»Angeber.«
Endlich lächelt er.
Auf der Fahrt durch die dunkle Landschaft sind wir ziemlich schweigsam. Ich bin zu aufgeregt, um viel zu reden, und frage mich, ob es Astley auch so geht oder ob er das Schweigen einfach akzeptiert, denn er sagt auch nichts.
Es sind zwei Wasserfälle, beide sind über dreißig Meter hoch. Weil das Land abrupt abreißt, scheint es zunächst so, als würde der gewaltige Fluss einfach in der Erde verschwinden, aber das ist eine Täuschung. Wir stehen oben am Wasserfall, der in ein Becken unter uns strömt. Die aufgehende Sonne offenbart, wie tief der Canyon ist, in den die Wasserfälle münden. Ein Teil des Wassers ist gefroren, der Rest donnert durch das Eis hindurch. Überall steigt Nebel auf, sodass ringsum winzige Regenbogen entstehen.
»Der Weg nach Walhalla führt über die Regenbogenbrücke«, wispere ich und wäre fast auf dem Boden ausgerutscht, hätte Astley mich nicht schnell am Arm festgehalten. Er lächelt, behält aber die Umgebung im Auge. »Ich weiß.«
Wir sind allein hier oben, wahrscheinlich, weil die Sonne gerade erst aufgegangen ist. Es ist kalt und furchtbar glitschig überall. Nebel und Eis hüllen die Landschaft ein. Ich ziehe meine Handschuhe an und dann schiebt Astley mir noch als zusätzlichen Schutz vor der Kälte große Fausthandschuhe aus Wolle darüber. Die feuchte Luft unseres Atems vermischt sich mit dem Nebel in der Luft.
Dann sehe ich es: Gleich am Ufer des Flusses liegt ein Stein, um den ein goldenes Band geschlungen ist. »Da!«
Wir eilen zu der Stelle, Astley erreicht sie als Erster. Der große Stein ist ganz flach und trägt eine eingravierte Inschrift. Astley hebt ihn auf und reicht ihn mir. Meine Hände zittern, so schwer ist er. Gemeinsam lösen wir das Band. Die Sprache der Inschrift verstehe ich nicht. Ich schaue Astley hilfesuchend an.
»Das ist altnordisch.« Mit vor Konzentration zusammengezogenen Augenbrauen entziffert er die Inschrift: »Wirf den Stein in die goldenen Wasserfälle und tue deine Absicht kund, den Weg zu öffnen.«
Der Wind weht uns ins Gesicht. Ich versuche stolpernd das Gleichgewicht zu halten. »Was soll das heißen?«
»Ich vermute, es heißt …« Seine Augen leuchten. »Ich vermute, es heißt, dass …«
Er unterbricht sich, etwas erregt seine Aufmerksamkeit. Dann schreit er plötzlich: »Bleiben Sie stehen!«
Ich wirble herum und sehe ihn auch. Ein großer Mann mit dunklen Haaren, die meinen ähnlich sind. Mit klopfendem Herzen lehne ich mich an Astley: »Astley, das ist …«
»Dein Vater, ich weiß.« Er stellt sich vor mich, beschützt mich, wie Nick das immer getan hat und wie ich es bei Devyn und Issie mache.
Ich drücke den Stein an meine Brust, während mein Vater näher kommt. Seine Haut ist so blass, unter seinen
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